Fünf Dinge, die anders besser wären

Status quo Ein Volksbegehren gegen TTIP, die EU ohne Finanztransaktionssteuer, ein G7-Gipfel in Bayerns Bergen, Elektroautos für Deutschland, Neujahr mit Feinstaub
Ausgabe 52/2014

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Der 16. Februar 2011 war ein guter Tag für jeden europäischen Demokraten: Parlament und Rat der EU begründeten die Europäische Bürgerinitiative, „um die Bürger zur Teilnahme zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen“. Direkte Demokratie für 400 Millionen Wahlberechtigte in heute 28 Mitgliedstaaten – welch ein Schritt! Spätestens seit September 2014 wissen wir, wie verschlossen die Union geblieben ist und welche Augenwischerei das Instrument der Bürgerinitiative ist. Unter fadenscheinigen Gründen lehnte die EU-Kommission eine Initiative gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA ab und machte sich damit um die Feigheit des Jahres verdient. Mut bewiesen dagegen die Initiatoren der Bürgerinitiative: Sie klagen gegen die Ablehnung und sammeln trotzdem Unterschriften. Bereits Anfang Dezember knackten sie das nötige Quorum von einer Million Unterzeichner in mindestens sieben Mitgliedsstaaten.

2

Ohne direkte Demokratie wird auch aus der Finanztransaktionssteuer nie mehr etwas werden. Elf Euro-Staaten wollten sie in stark verwässerter Form von 2016 an einführen und sich bis Ende 2014 auf Details geeinigt haben: gescheitert und vertagt. Mit der Finanzindustrie legt sich Europas Politelite auch im achten Jahr der Bankenkrise besser nicht an.

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Lieber verlässt man sich auf die Topografie: In den oberbayrischen Teil des Wettersteingebirges lädt die Bundesregierung am 7. und 8. Juni 2015 die Oberhäupter der sieben mächtigsten Industrienationen der Welt ein. Schloss Elmau, Tagungsort des G7-Gipfels, ist umgeben von hohen Bergen, steil abfallenden Wiesen und dichten Wäldern; das Luxushotel liegt 100 Kilometer von der nächsten Großstadt (München) entfernt und mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel. Es ist umgeben von Naturschutzgebieten wie von militärischen Sperrzonen der Gebirgsjäger. Vom Sternmarsch, den das Bündnis Stop G7 Elmau plant, werden die Staatschefs sich kaum behelligen lassen müssen. Zur Erinnerung: 2007 schottete sich die G7 in Heiligendamm mit Demoverboten, Metallzaun, Polizisten und der Ostsee ab. Vergessen sind die Rügen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

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Ein Thema des Gipfels wird Klimaschutz sein. Wie G7-Staaten den handhaben, dafür ist Deutschlands Umgang mit der Elektromobilität ein vielsagendes Beispiel. Bis 2020 sollen laut Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren und so die Transformation zu einer klimafreundlichen Mobilität Wirklichkeit werden lassen. Nun hat die Nationale Plattform Elektromobilität ihren vierten Fortschrittsbericht vorgelegt. Und so sieht der Fortschritt aus: 24.000 Elektrofahrzeuge sind heute in Deutschland zugelassen, es fehlen nur noch 976.000. Aber, keine Sorge, mit dem Jahr 2014 endet die sogenannte Marktvorbereitungsphase des großen deutschen Elektromobilitätsschlachtplans. Nun tritt das Land in die „Phase des Markthochlaufs“ ein. Wenn der Markt erst mal „hochläuft“, dann wird er das schon regeln. Dem wichtigsten Marktakteur hat Merkel schon jetzt „ausdrücklich“ gedankt: der Automobilindustrie, „für die vielen Beiträge“ (24.000!) bisher. Zum Vergleich die vorraussichtliche Zahl der 2014 neu zugelassenen Benzinpanzer Sport Utility Vehicles (SUV): 570.000.

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Klima- und zugleich gesundheitsschädlich sind die Feuerwerkskörper, die in Deutschland an Silvester für mehr als 100 Millionen Euro verballert werden. In Städten ist die Belastung mit Feinstaub an keinem Tag des Jahres so hoch wie am 1. Januar. Widerständige sparen sich den obligatorischen Raketenkauf und fahren aufs Land.

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Geschrieben von

Sebastian Puschner

Stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter „Politik“

Sebastian Puschner studierte Politik-, Verwaltungswissenschaften und Philosophie in Potsdam und wurde an der Deutschen Journalistenschule in München zum Redakteur ausgebildet. Bei der taz arbeitete er als Redakteur im Berlin-Ressort. 2014 wechselte Sebastian Puschner zum Freitag, wo er den monatlichen Wirtschaftsteil mit aufbaute. Seit 2017 ist er verantwortlicher Redakteur für Politik, seit 2020 stellvertretender Chefredakteur. Er interessiert sich besonders für Politik und Ökonomie von Hartz IV bis Cum-Ex sowie für Fragen zu Geopolitik, Krieg und Frieden.

Sebastian Puschner

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