Guter Zug, SPD! Klar, das von Sozialminister Hubertus Heil und Finanzminister Olaf Scholz vorgestellte Finanzierungskonzept für die Grundrente hat in dieser schwarz-roten Regierungskoalition zwar keine Chance auf Umsetzung. Es bestehe „allein aus Luftbuchungen“, schnappatmet schon der haushaltspolitische Sprecher der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg. Dass aber die sozialdemokratischen Minister den Ausbau der staatlichen Altersvorsorge nun konzeptuell mit Veränderungen in der Steuerpolitik verbinden, das ist eine gute Nachricht.
Wurde Heil zuletzt noch gescholten, er wolle seine Hände dreist zum „Griff in Sozialkassen“ ausstrecken, um die Grundrente zu finanzieren, so steht nun ganz anderes im Vordergrund: „Wir schaffen unnötige Steuersubventionen für Hoteliers ab und führen endlich eine moderate Besteuerung von Finanztransaktionen ein“, schreibt die SPD über ihre Pläne. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist voll des Lobes.
In die eigene Tasche
„Unnötige Steuersubventionen für Hoteliers“ – richtig, da war ja was: die Umsatzsteuersenkung – 7 statt 19 Prozent – auf Hotelübernachtungen, verabschiedet im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes 2009 von der schwarz-gelben Bundesregierung, insbesondere verfochten von CSU und FDP, mutmaßlich motiviert durch Parteispenden aus dem Hoteliersmilieu und dementsprechend bekannt geworden als „Mövenpicksteuer“. Das Ganze sollte das Geschäft beleben, Arbeitsplätze sichern, zu Investitionen ermutigen.
Die Rechnung ist wohl nicht aufgegangen. „Was macht der Hotelier, wenn man ihm die Steuer schenkt?“, fragte der Wirtschaftswissenschaftler Franz W. Wagner fünf Jahre später, Ende 2014, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Und gab die Antwort auf Grundlage einer „empirische Studie der Preispolitik im deutschen Hotelgewerbe“, die er selbst mit durchgeführt hatte: „Er steckt das gesparte Geld in die eigene Tasche.“
Die IG Metall hat recht
Höchste Zeit also, dieser steuerlichen Privilegierung einer vermögenden Klientel ein Ende zu bereiten. „Anders als die übrigen Mehrwertsteuer-Ermäßigungen und die Regelsatz-Besteuerung belastet ihre Abschaffung reiche Haushalte relativ zum Einkommen stärker als die armen, wirkt also progressiv“, schreibt der Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Stefan Bach.
Mögen die Abschaffung des Mövenpick-Privilegs und die mindestens genauso überfällige Finanztransaktionssteuer noch nicht die allein tragenden Säulen der Grundrente sein – den Pflock setzt die SPD richtig: Nehmen wir es von den wenigen Reichen und geben wir es den vielen Armen, so einfach und für alle nachvollziehbar lässt sich das popularisieren.
Den Schritt weiter, den es zu gehen gilt, macht die IG Metall klar: „Wir wünschen uns eine vollständige Steuerfinanzierung“, sagt ihr Erster Vorsitzender, Jörg Hofmann. Soziale Sicherheit mittels steuerlicher Umverteilung – dem sollte die SPD folgen, will sie mit ihrem Sozialstaatskonzept – auch nach den Europawahlen – auf Glaubwürdigkeit stoßen. Es gilt, den beim Thema Grundrente besonders verletzlichen Leistungsideologen und Marktradikalen – viel Schmerz bereitet ihnen neben einer Steuerfinanzierung ja das Absehen von einer Bedürftigkeitsprüfung – Paroli zu bieten und konkrete Alternativen anzubieten.
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