Nehmt euer Geld in die Hand

Deutsche Bank Auch der Führungswechsel wird nichts an der immergleichen Strategie ändern: Den Kulturwandel beschwören, aber eine Regulierung verhindern. Nun ist der Bürger gefragt
Ausgabe 24/2015
„Kritik verstanden“? Von wegen
„Kritik verstanden“? Von wegen

Foto: Daniel Roland/AFP/Getty Images

Jetzt wird bestimmt alles gut. Die Deutsche Bank bekommt einen neuen Chef, die alten Bosse treten zurück: Anshu Jain Ende Juni, Jürgen Fitschen im Mai 2016. „Kritik verstanden“, will der Aufsichtsrat des einzigen deutschen Instituts von globaler Bedeutung seinen Aktionären signalisieren. 40 Prozent von ihnen hatten dem alten Vorstandsduo bei der Hauptversammlung im Mai die Entlastung verweigert, ein Misstrauensvotum von epischem Ausmaß.

Tatsächlich ist der Führungswechsel nur die Fortsetzung einer Strategie, derer sich Großbanken weltweit seit Beginn der Finanzkrise bedienen: Öffentlichkeitswirksam beschwören sie den Kulturwandel hin zu mehr Verantwortungsbewusstsein, senken – vorrübergehend – einige Boni und jammern zugleich um Mitleid. All die neuen Regulierungsvorschriften! Die zu erhöhende Eigenkapitalquote! Das gefährde ihre Geschäftsmodelle und werde noch viele Jobs kosten.

In Wahrheit verhindern Banken-Lobbyisten erfolgreich eine Regulierung, die diesen Namen verdient. Die Ausmaße der Eigenkapitalerhöhung sind lächerlich, die Finanztransaktionssteuer so gut wie verhindert, die Herrschaft der Finanzmärkte über die Regierungen ungebrochen. Immer neue Manipulationen fliegen auf, die Geldstrafen sind eingepreist, am Dienstag hat die Polizei wieder einmal die Deutsche-Bank-Zentrale durchsucht. Fitschen sitzt derweil wegen mutmaßlichen Prozessbetrugs auf der Anklagebank.

Nun löst den Investmentbanking-Glücksritter Jain mit John Cryan einer ab, der im eher langweiligen Beratungsgeschäft groß geworden ist. Aber das ändert nichts. Deutschland braucht keine Bank von internationalem Format, die mit Nahrungsmitteln und Derivaten spekuliert. Wer mit Wetten auf die Zukunft Profite erwirtschaften will, soll dies tun, aber auf eigenes Risiko im freien Markt, ohne Einfluss auf die Finanzierung von Staaten, ohne staatliche Rettung.

Die Sicherung von Ersparnissen und die Vergabe von Krediten für Investitionen, die dem Gemeinwohl dienen, lassen sich besser in öffentlicher Trägerschaft organisieren, mit direktdemokratischer Einflussnahme der Bürger. Letztere können darauf schon heute hinwirken: indem sie ihr Konto nicht bei der Deutschen Bank eröffnen.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Geschrieben von

Sebastian Puschner

stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter Politik

Sebastian Puschner studierte Politik-, Verwaltungswissenschaften und Philosophie in Potsdam und wurde an der Deutschen Journalistenschule in München zum Redakteur ausgebildet. Bei der taz arbeitete er als Redakteur im Berlin-Ressort. 2014 wechselte Sebastian Puschner zum Freitag, wo er den monatlichen Wirtschaftsteil mit aufbaute. Seit 2017 ist er verantwortlicher Redakteur für Politik, seit 2020 stellvertretender Chefredakteur. Er beschäftigt sich mit Politik und Ökonomie, Steuer- und Haushaltsfragen von Hartz IV bis Cum-Ex und Ideen für eine enkeltaugliche Wirtschaft.

Sebastian Puschner

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