Es ist nicht auszuschließen, dass auch nach diesem Wahlabend fast alles bleibt, wie es ist: Dass man der SPD weiter beim Sterben zusehen kann und der einzige Grad der Veränderung die Steigerung des Blässegrades in Andrea Nahles' Gesicht ist. Dass Markus Söder bayerischer Ministerpräsident bleibt und auch CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sich gegen einen Rücktritt wehrt, als wäre nichts gewesen. Dass die AfD sich weiter auf allen Ebenen im deutschen Parteiensystem etabliert und derweil in Berlin die Protagonisten der Großen Koalition einmal mehr geloben, das Wahlergebnis genau zu analysieren, zur Sacharbeit zurückzukehren und weniger zu streiten. Dass die Linken eine Nebenrolle spielen, während die Grünen ihrem Drang zum Regieren so lauthals Ausdruck verleihen wie kaum eine andere Partei, am Ende aber in der Opposition landen.
Dabei ist dies einmal mehr ein Wahlabend, der es in sich hat. Zehn Prozent verliert die CSU, elf die SPD nach den gegenwärtigen Hochrechnungen. Für die Sozialdemokraten reicht es nicht einmal mehr zu einem zweistelligen Ergebnis. Das Gros ihrer Wähler wechselte zu den Grünen, während sich die Verluste der CSU zu jeweils etwa gleichen Teilen auf Grüne und AfD verteilen. So bemerkenswert das Ergebnis der Grünen, die nicht nur in bayerischen Städten mitunter zur bestimmenden Kraft werden, sondern auch im ländlichen Raum zulegen können, auch ist: 37 Prozent für die CSU, rund 12 Prozent für die Freien Wähler und knapp elf Prozent für die AfD sind insgesamt alles andere als eine deutliche Abkehr vom Rechtsruck.
Erosion mit überschaubaren Folgen
In Bayern wird die Erosion der einstigen Volksparteien mutmaßlich noch nicht die Folgen in Sachen Regierungsbildung haben, die im kommenden Jahr etwa in Sachsen blühen: Die Zugewinne der Freien Wähler werden es der CSU wohl erlauben, weiterzuregieren, nun eben in einer Koalition mit einem Partner, der aus einem ganz ähnlichen Holz wie sie selbst geschnitzt ist.
Angela Merkel hätte von Berlin aus sicher ganz gern dabei zugesehen, wie die christlich-soziale Schwesterpartei im Süden eine Koalition mit den Grünen aushandeln muss. Wäre dies unvermeidbar gewesen, hätte das die bundespolitische Bewegungsfreiheit der CSU sehr viel stärker eingeschränkt als das Ergebnis, das die aktuellen Hochrechnungen nun nahelegen. Aber auch so wird die Partei in München erst einmal stark mit sich selbst und der Landespolitik beschäftigt sein. Die Wochen bis zum CDU-Parteitag hätten für die Parteichefin und Kanzlerin nach der Abwahl ihres Vertrauten Volker Kauder an der Fraktionsspitze weitaus turbulenter ausfallen können. So bleibt offensichtlich erst einmal alles, wie es ist, womöglich sogar im Dezember, bei der Wahl des Parteivorstands und erst recht mit der einst "Großen" Koalition in Berlin.
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