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War das ein Omen? Frankreichs Premierminister Manuel Valls keilte zwar am Dienstag vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin ein wenig gegen die deutsche Austeritätspolitik. Das ist dem existenziellen Druck von rechts wie links geschuldet, unter dem Valls’ Regierung zu Hause steht. Im Grunde aber diente der Besuch dazu, deutschen Bossen französischen Reformeifer zu versichern. Selbiges hatte 2011 Griechenlands damaliger Regierungschef Georgios Papandreou bei seiner Ladung vor den BDI getan. „Ich kann garantieren, dass Griechenland seine Verpflichtungen erfüllen wird“, sagte er in einer Art letzter Mission – und trat sechs Wochen später zurück. Seine sozialdemokratische Partei ist heute ein Trümmerhaufen.
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Ihren Verpflichtungen in Sachen Arbeitslosigkeit können die EU-Staatschefs gerade leider nicht nachkommen – „aus Termingründen“. Den großen, für den 8. Oktober in Mailand geplanten EU-Gipfel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit musste der Gastgeber, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, deshalb zum zweiten Mal absagen. Es gibt für die Politik offenbar Drängenderes, als die Zahl von 25 Millionen Arbeitslosen in Europa zu reduzieren.
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Glamouröser sind die großen Zahlen, mit denen sich Medien in Deutschland gerade beschäftigen: Sie feiern euphorisch einen der wohl größten Börsengänge des Jahres, den von Zalando. Der Onlinehändler will Anfang Oktober mehr als 600 Millionen Euro von Anlegern einsammeln. Die fragwürdigen Arbeitsbedingungen vieler befristet Angestellter bei Zalando interessieren da weniger. Ebenso wenig der ökologische Wahsinn, den ein Geschäftsmodell bedeutet, das auf massenhafter, kostenloser Rücksendung bestellter Waren fußt. Dass gerade viele Beobachter vor einer neuen Internet-Blase warnen – geschenkt. Zumindest hat Zalando für den Börsengang seine Unternehmensform geändert und musste Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat holen – sie stellen dort ein Drittel der Mitglieder. Verdi kritisiert, Zalando habe sich um die eigentlich angesagte Quote von 50 Prozent herumgemogelt.
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Auch das von der Bundesregierung geplante Kleinanlegerschutzgesetz hält nicht, was es verspricht. Das kritisieren jedenfalls solidarisch wirtschaftende Unternehmen und Initiativen wie das Mietshäusersyndikat. Um Anleger vor Pleiten wie der der Windenergiefirma Prokon zu bewahren, will das Kabinett im Oktober neue Regeln verabschieden. Demnach muss, wer um bestimmte Direktkredite abseits von Bankgeschäften wirbt, bald aufwendige Verkaufsprospekte auflegen. Das könnte sämtlichen Formen alternativen Wirtschaftens die Basis entziehen, befürchtet das Bündnis „WirsindnichtProkon“, weil seine Anbieter zu klein sind, um sich Herstellungskosten im fünfstelligen Bereich zu leisten. Gegen mehr Schutz vor windigen Geschäften hat das Bündnis nichts. Es fordert unter anderem, die Prospektpflicht auf Kreditnehmer zu beschränken, die exorbitante Renditen versprechen – wie Prokon eben.
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Wie mit Wind, so lässt sich mit Kohle weiter große Rendite versprechen. Denn für Investoren hat die staatliche KfW-Bankengruppe tolle Kredite im Angebot. 3,4 Milliarden Euro KfW-Knete stecken derzeit in Kohleprojekten weltweit. Das Bündnis Klima-Allianz kritisiert, 2013 seien die Neuzusagen mit über 700 Millionen die höchsten seit langem gewesen. Verbrennt eben gut, die Kohle.
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