In den vergangenen Wochen und Monaten ist in der Schweiz viel über den Service Public, die öffentlichen Dienstleistungen im Bereich der audiovisuellen Medien debattiert und gelegentlich auch gestritten worden. Anlass war der von der Landesregierung und einer Mehrheit des Parlaments angestrebte Systemwechsel bei der Erhebung der Radio- und Fernsehgebühren. Die Stimmbürgerinnen und -bürger haben diese Frage am 14. Juni mit knapper Mehrheit positiv entschieden. Die Frage nach der Zukunft des öffentlichen Rundfunks bleibt aber aktuell.
Die audiovisuellen Medien der Eidgenossenschaft werden von zwei Grössen bestimmt: Da ist zum einen die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG), die in allen Sprachregionen mit Radio-und Fernsehprogrammen Präsenz zeigt. Zum anderen gibt es die privaten Radio- und Fernsehsender, die vielfach mit Medienunternehmen im Print-Bereich verbunden und regional ausgerichtet sind. Dieses Nebeneinander hat sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt und wird von kaum einer gesellschaftlich bedeutsamen Kraft in Frage gestellt. Es geht vielmehr um das Gewicht, welches markt- und gemeinwohlorientierte Medien im Bereich von Radio und Fernsehen jeweils haben sollen. Ein flächendeckendes Angebot in einem sprachlich und kulturell so vielfältigen und zugleich so kleinräumigen Land wie der Schweiz könnte ohne öffentlich finanzierte und kontrollierte Einrichtungen gar nicht aufrechterhalten werden. Deshalb ist der audiovisuelle Service Public, wie er von der SRG gewährleistet wird, unverzichtbar.
Auch wenn die Bedeutung dieser öffentlichen Dienstleistung nicht bestritten wird, so gibt es doch Stimmen, die eine Beschränkung auf Informationssendungen fordern, während die Unterhaltung den Privatsendern überlassen werden sollte. Die Altersorganisation Pro Senectute hat sich bei einer Anhörung der Eidgenössischen Medienkommission ganz klar gegen eine solche Ausdünnung der Service Public ausgesprochen: Eine gute Mischung von Sendeformaten ist notwendig, damit öffentliche Radio- und Fernsehanstalten als relevante Medien angesehen und wahrgenommen werden – und nicht zu Anbietern in gesellschaftlichen Nischen verkommen.
Wichtig sind solche Medien deshalb, weil sie zur sozialen Integration beitragen. Gerade für ältere Menschen stellen Radio und Fernsehen eine wertvolle Verbindung zur Welt dar. Sie sollen es möglich machen, sich eine eigene Meinung zu den politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Fragen zu bilden, welche die Öffentlichkeit beschäftigen. Medien ermöglichen die Teilnahme am Geschehen in der Nähe wie in der Ferne, auch wenn der eigene Lebensraum kleiner wird und die Mobilität zunehmend Einschränkungen unterliegt.
Gerade die Geschichte des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens in der Schweiz zeigt, dass die integrative Funktion audiovisueller Medien nicht unterschätzt werden sollte. Während die Presse bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vor allem parteipolitisch ausgerichtet war und zumeist polemisch argumentierte, konnte der öffentliche Rundfunk mit neuen publizistischen Formen die Kommunikation über die Parteigrenzen hinweg befördern und damit auch die politische Kultur verändern.
Nicht zuletzt bilden gemeinwohlorientierte Medien ein Gegengewicht zur rasant voranschreitenden Kommerzialisierung von Informationen jeglicher Art. Öffentlich finanzierte und kontrollierte Radio- und Fernsehsender müssen nicht in erster Linie nach dem «Marktwert» einer Sache fragen, sondern können durch fundierte journalistische Arbeit Orientierung in einer unübersichtlich gewordenen Welt bieten.
Kommentare 4
Vielen Dank für diesen Bericht aus der Schweiz.
Ist es wirklich so, dass in der Schweiz, anders als in Deutschland, dem Öffentlich- Rechtlichen Medien Sektor keine Aushöhlung durch Talk- Formate wie Günter, Jauch, Frank Plasberg, Anne Will, Sandra Maischnerger, Maybrit Illner, investigative Formate aus Sueddeutscher, ARD, Die Zeit, ZdF, Georg Mascolo, Reinhold Beckmann und Konsorten mit intransparenten Verträgen, eigenen Medien Produktionsgesellschaften droht?
Selbstverständlich gibt's Ähnliches auch in der Schweiz - allerdings ist der "Markt" dafür wesentlich kleiner. Die Schweizer Medien mit öffentlichem Auftrag sollen hier nicht schöngeredet werden. Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland ist wohl, dass hier in der Schweiz eine öffentliche Debatte stattfindet, bei der die Bürger und Bürgerinnen etwas zu sagen haben - selbst wenn diese Debatte durch Interventionen der Wirtschaft (zum Beispiel finanzielle Mittel für eine flächendeckende Abstimmungskampagne) stark beeinflusst wird.
danke für den kommentar * beim netwalk zu irgendwas bin ich auf diese seite gedozzert Gemeinwohl-Ökonomie | Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Demokratie die ich um den doch eher speeigen begiff etwas "habtischer" (greifbarer) zu machen durchaus hilfreich fand * feinsten restag noch cp
speeigen sollte sperrigen werden