Au, au, au, das klingt nicht gut: In Guttenbergs Doktorarbeit finden sich Stellen (laut SZ mindestens 8), wo extensiv Texte anderer Autoren wiederkennbar sind, ohne dass diese Autoren – bzw. die Autorenschaft - erwähnt werden:
"Die Stellen, an denen sich ohne Nachweis größtenteils wortgleiche Parallelen mit fremden Texten finden, umfassen nach den der SZ vorliegenden Originalquellen insgesamt mehrere Seiten."Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile", sagte Fischer-Lescano."
www.sueddeutsche.de/app/subchannel/politik/guttenberg/
Als Quelle wird u.a. die NZZ erwähnt und inzwischen hat die FAZ nachgezogen - dort hat man Teile eines FAZ-Beitrags in der Doktorarbeit ebenfalls unerwähnt wiedergefunden - und will noch mehr nachliefern.
Nun ist die Frage, ob ein Politiker einen Doktortitel erworben hat oder nicht, vollkommen unerheblich. Im Gegenteil, bei den Betrügereien, die es bei diesem Titelerwerb gibt, dürfte es eher ein Zeichen von Seriosität sein, zumindest auf die Erwähnung eines solchen Titels zu verzichten.
Auch ist es unvermeidlich, in eigenen Arbeiten auf das Wissen und die Ergebnisse anderer Autoren zurückzugreifen, und es wäre sogar dumm, darauf verzichten zu wollen. Im Gegenteil: andere in der eigenen Arbeit zu würdigen ist ein Zeichen von Ehrerbietung und Anerkennung. Manches, was vielleicht untergehen würde, erfährt dadurch möglicherweise erst die angemessene Würdigung – was natürlich ebenso für Kritik gilt.
Dass diese Würdigung in Guttenbergs Arbeit nicht überall da erfolgt, wo dies nicht nur wissenschaftlich zwingend wäre, mag man als Versehen, Schlampigkeit, Fehler akzeptieren und es bei entsprechenden Korrekturen belassen.
Dass die Betreuer der Arbeit es nicht bemerkten, nun ja, vielleicht konnte man 2006/ 2007 noch nicht unbedingt an die Art von Internet-Recherche denken, die nun im Nachhinein erfolgt ist.
Das Problem scheint mir ein anderes. Am Beispiel der FAZ kann man es gut nachvollziehen. Da werden ca. 210 Wörter aus einem Beitrag zitiert, wobei ca. 15 Wörter leicht abgewandelt, bzw. die Schreibweise korrigiert wird. Das sind 7,14 Prozent. Selbst in einer englischen Textverständnis-Arbeit würde ich es als abgeschrieben bewerten und 0 Punkte geben, wenn eine Verständnisfrage so „beantwortet“ würde. Obwohl ich es da für sinnvoll UND lehrreich halte, wenn man sich bemüht, die Antwort im Text zu identifizieren und sie dann so gekonnt umzuformulieren, dass es einerseits nicht abgekupfert ist, man andererseits aber so umformuliert, dass man möglichst kein Fehlerrisiko eingeht.
Unter dieser Maßgabe ist das Vorgehen von Guttenberg – mal abgesehen vom Nichterwähnen der Quelle - entweder dumm oder eitel. Oder beides. Und da wird es dann doch politisch relevant, und das Vorgehen bei der Doktorarbeit ähnelt irgendwie schon jener eitlen und opportunistischen Oberflächlichkeit, die manche bei Guttenbergs öffentlichem Auftreten zu erkennen meinen. Zum Beispiel in Afghanistan.
Eine weitere Frage wäre, ob es sich beim Nicht-Zitieren vorwiegend um Zeitungstexte – also um eine Geringschätzung von Zeitungsautoren – handelt.
Die weitestgehende Frage in dieser Sache wäre aber: Ist unser Summa cum Laude-Minister selbst ein Plagiat?
Kommentare 6
www.freitag.de/alltag/1107-der-plagiator
Hier hat auch schon einer gegrübelt.
"Obwohl ich es da für sinnvoll UND lehrreich halte, wenn man sich bemüht, die Antwort im Text zu identifizieren und sie dann so gekonnt umzuformulieren, dass es einerseits nicht abgekupfert ist, man andererseits aber so umformuliert, dass man möglichst kein Fehlerrisiko eingeht."
Das ist das Problem, genau. Ich habe im vergangenen Jahr für jemanden eine Arbeit verfasst. Nichts langes, aber doch mir fremd. Und ich musste sehr aufpassen, dass ich Wendungen nicht "übernehme", aber doch deren "Geist", war eine interessante Erfahrung.
Die Zensur war auch nicht so toll.
Hallo Magda,
vielen Dank für Hinweis und Link. Ich hatte zwar in der Community nachgeschaut, ob da schon etwas steht, aber nichts gefunden. Umso mehr freut es mich, dass da zwei, drei... unabhängig voneinander, ähnliche Gedanken haben. Das spricht doch irgendwie für die Richtigkeit dieser Gedanken?
Absolut treffend finde ich die Sache mit Gustav Gans.
Was die Sache mit dem gekonnrten "Abkupfern" betrifft, so hat das in der Tat etwas für sich, wobei es im Englischen ja nicht nur um die Erfassung des "Geistes" geht, sondern auch um die Erfassung der Sprache selbst, auf die man sich beim gekonnten Abkupfern viel mehr einlassen muss als beim bloßen Abschreiben oder dem "eigenen" Formulieren. Deshalb habe ich das mit meinen Schülern ganz bewußt trainiert.
Und das ist ja mit ein Grund, warum ich die Sache mit Guttenberg so furchtbar peinlich finde. Das ist so plump, dass ich mich fast schon fremdschäme. Der Mann scheint mit seiner Rolle als Mustersohn total überfordert zu sein. Man könnte fast schon wieder Mitleid bekommen.....
"Das ist so plump, dass ich mich fast schon fremdschäme. Der Mann scheint mit seiner Rolle als Mustersohn total überfordert zu sein. Man könnte fast schon wieder Mitleid bekommen..."
Genau, nicht mal richtig bescheißen kann er. Aber -isch schwör - der bleibt im Amt. In einem anderen Blog sind sie zwar anderer Meinung. Der Mann hat enorme Gönner. Nicht nur in Deutschland.
"-isch schwör - der bleibt im Amt. "
Isch schwör lieber nicht, aber glauben tu ich es auch - es sei denn, man will ihn ohnehin loswerden. Z.B. Seehofer......
Wie es aussieht, sind wir hier eine kleine radikale Minderheit genialer Querdenker...:)
hörte heute morgen im radio-interview den prof aus münchen, der ein buch über plagiate in der wissenschaft veröffentlicht hat. einer also, der sich in der sache auskennt. und sein urteil: eindeutig ein plagiat.
das möchten einige parteigänger natürlich nicht hören. aber die seilschaften haben heute probleme mit der durchs internet erweiterten und vertieften öffentlichkeit. der mann muss weg. adel verpflichtet - überflüssig zu sein.
Hallo h.yuren,
"eindeutig ein plagiat." Das scheint sich immer mehr zu bestätigen. Umso mehr als Herr von und zu jetzt auch noch die Internetgemeinde am Hals hat:
de.guttenplag.wikia.com/wiki/Plagiate
Jetzt sehe ich nur noch eine Rettung: zugeben, dass man es mit dem Ernst des Lebens und der Doktorarbeit bislang vielleicht etwas zu leicht genommen hat, zurücktreten und eine richtige Doktorarbeit versuchen.
Dann könnte er am Ende vielleicht noch wirklich was werden.