Ist Guttenberg ein Plagiat? Ein Einwurf

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Au, au, au, das klingt nicht gut: In Guttenbergs Doktorarbeit finden sich Stellen (laut SZ mindestens 8), wo extensiv Texte anderer Autoren wiederkennbar sind, ohne dass diese Autoren – bzw. die Autorenschaft - erwähnt werden:

"Die Stellen, an denen sich ohne Nachweis größtenteils wortgleiche Parallelen mit fremden Texten finden, umfassen nach den der SZ vorliegenden Originalquellen insgesamt mehrere Seiten."Die Textduplikate ziehen sich durch die gesamte Arbeit und durch alle inhaltlichen Teile", sagte Fischer-Lescano."

www.sueddeutsche.de/politik/plagiatsvorwurf-gegen-verteidigungsminister-guttenberg-soll-bei-doktorarbeit-abgeschrieben-haben-1.1060774

www.sueddeutsche.de/app/subchannel/politik/guttenberg/

www.sueddeutsche.de/politik/guttenbergs-doktorarbeit-summa-cum-laude-mehr-als-schmeichelhaft-1.1060779

Als Quelle wird u.a. die NZZ erwähnt und inzwischen hat die FAZ nachgezogen - dort hat man Teile eines FAZ-Beitrags in der Doktorarbeit ebenfalls unerwähnt wiedergefunden - und will noch mehr nachliefern.

www.faz.net/-01oqmr

Nun ist die Frage, ob ein Politiker einen Doktortitel erworben hat oder nicht, vollkommen unerheblich. Im Gegenteil, bei den Betrügereien, die es bei diesem Titelerwerb gibt, dürfte es eher ein Zeichen von Seriosität sein, zumindest auf die Erwähnung eines solchen Titels zu verzichten.

Auch ist es unvermeidlich, in eigenen Arbeiten auf das Wissen und die Ergebnisse anderer Autoren zurückzugreifen, und es wäre sogar dumm, darauf verzichten zu wollen. Im Gegenteil: andere in der eigenen Arbeit zu würdigen ist ein Zeichen von Ehrerbietung und Anerkennung. Manches, was vielleicht untergehen würde, erfährt dadurch möglicherweise erst die angemessene Würdigung – was natürlich ebenso für Kritik gilt.

Dass diese Würdigung in Guttenbergs Arbeit nicht überall da erfolgt, wo dies nicht nur wissenschaftlich zwingend wäre, mag man als Versehen, Schlampigkeit, Fehler akzeptieren und es bei entsprechenden Korrekturen belassen.

Dass die Betreuer der Arbeit es nicht bemerkten, nun ja, vielleicht konnte man 2006/ 2007 noch nicht unbedingt an die Art von Internet-Recherche denken, die nun im Nachhinein erfolgt ist.

Das Problem scheint mir ein anderes. Am Beispiel der FAZ kann man es gut nachvollziehen. Da werden ca. 210 Wörter aus einem Beitrag zitiert, wobei ca. 15 Wörter leicht abgewandelt, bzw. die Schreibweise korrigiert wird. Das sind 7,14 Prozent. Selbst in einer englischen Textverständnis-Arbeit würde ich es als abgeschrieben bewerten und 0 Punkte geben, wenn eine Verständnisfrage so „beantwortet“ würde. Obwohl ich es da für sinnvoll UND lehrreich halte, wenn man sich bemüht, die Antwort im Text zu identifizieren und sie dann so gekonnt umzuformulieren, dass es einerseits nicht abgekupfert ist, man andererseits aber so umformuliert, dass man möglichst kein Fehlerrisiko eingeht.

Unter dieser Maßgabe ist das Vorgehen von Guttenberg – mal abgesehen vom Nichterwähnen der Quelle - entweder dumm oder eitel. Oder beides. Und da wird es dann doch politisch relevant, und das Vorgehen bei der Doktorarbeit ähnelt irgendwie schon jener eitlen und opportunistischen Oberflächlichkeit, die manche bei Guttenbergs öffentlichem Auftreten zu erkennen meinen. Zum Beispiel in Afghanistan.

Eine weitere Frage wäre, ob es sich beim Nicht-Zitieren vorwiegend um Zeitungstexte – also um eine Geringschätzung von Zeitungsautoren – handelt.

Die weitestgehende Frage in dieser Sache wäre aber: Ist unser Summa cum Laude-Minister selbst ein Plagiat?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

seriousguy47

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