[Wegen Zeichenbegrenzung hier erst ein Nachtrag zu Teil 1, Jugenstrafvollzug USA:
<!-- @page { margin: 2cm } P { margin-bottom: 0.21cm } A:link { so-language: zxx } -->
Kinder hinter Gittern:Kinder hinter Gittern:*
anwalt.us/2007/11/30/#1130-kinder-hinter-gittern.txt
USA : Justizskandal: Provision für harte Strafen:*
USA: MigrantInnenkinder im Gefängnis:*
Guantanamo: Die jüngsten Inhaftierten:*
www.hrw.org/de/news/2003/09/21/guantanamo-die-j-ngsten-inhaftierten
* <!-- @page { margin: 2cm } P { margin-bottom: 0.21cm } --> Neu eingestellt am 10. Juli 2010, 15:10 h]
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In der BRD gibt es inzwischen einige Versuche, im Umgang mit Jugendkriminalität Wege zu beschreiten, die , nach meiner Einschätzung, im Sinne von Laurence Steinberg sein könnten. Folgende Beispiele aus Medienberichten mögen zeigen, wo es bei uns derzeit lang geht:
www.zeit.de/2010/28/Jugendrichterin-Heisig
www.zeit.de/politik/2010-07/von-unnachgiebiger-freundlich
www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,654249,00.html
blog.zeit.de/joerglau/2007/02/08/berlin-feuert-seinen-besten-integrationspraktiker_212
www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2007/01/08/a0213
Haus des Jugendrechts:
www.berlin.de/imperia/md/content/lb-lkbgg/praevention/kooperation/projekte/02_rainer_rudat.pdf?start&;;ts=1239197674&file=02_rainer_rudat.pdf
Schwitzen statt sitzen
Gemeinnützige Arbeit statt Gefängnis:
www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id=660374/nid=660374/did=1629932/19t3g85/index.html
Jugendgewalt
Die Geschichte des Mahmud L. :
www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2046304_0_9223_-jugendgewalt-die-geschichte-des-mahmud-l-.html
www.spiegel.de/spiegel/print/d-17817489.html
books.google.de/books?id=FgSt-6YjmCEC&;pg=PA360&lpg=PA360&dq=Staatsanw%C3%A4ltin+Rosa+Maria+Wolff&source=bl&ots=zrUA0PjeuG&sig=CCE23fyuloSiZsa_4dbCX6ni_Q0&hl=de&ei=8_40TJrUDsevONOvsZUC&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=6&ved=0CCoQ6AEwBQ#v=onepage&q&f=false
www.3sat.de/page/?source=/vivo/119865/index.html
www.3sat.de/mediathek/?mode=play&;;obj=17151
Kritik:
Brauchen wir wirklich härtere Strafen?
Das Leonberger Projekt als Alternative zum Jugendknast:
Probleme kann man allerdings da bekommen, wo man angesichts der Opfer der Frage nach Gerechtigkeit nicht mehr ausweichen kann. Beispielhaft seien hier Links zum Fall des brutalst ermordeten Yvan S. und zum brutalen Kindermörder Jürgen Bartsch zusammengestellt, die deutlich machen, wo der moderne Anspruch der sozialen Wohlstandsgesellschaft nach Hilfe und Rehabilitation an seine Grenzen stößt. Die Eltern von Yvan S. bringen es auf den Punkt:
„Für Mord, Tötung, Barbarei ist das Jugendstrafrecht absolut ungenügend“, sagte die Mutter Fabienne S.. Das Urteil bezeichnete sie als „eine Gefahr für die Gesellschaft“. Jugendlichen Mördern werde signalisiert, sie bekämen „eine zweite Chance, um wieder Mörder zu werden“. Sie forderte die politisch Verantwortlichen auf, dies zu ändern.“ ( www.faz.net/-00s58x)
www.yvanschneider.de/Medienberichte.html
www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,534561,00.html
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de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Bartsch
myrrhwolf.piranho.de/moor_bartsch.html
www.zeit.de/1976/23/Leben-und-Tod-des-Juergen-Bartsch?page=all
www.spiegel.de/spiegel/print/d-46407781.html
www.spiegel.de/spiegel/print/d-46209543.html
www.spiegel.de/spiegel/print/d-41237569.html
www.spiegel.de/spiegel/print/d-41213411.html
www.spiegel.de/spiegel/print/d-43231080.html
www.youtube.com/watch?v=A4dd9WviCMY
www.youtube.com/watch?v=7wAyp6Q0bPw&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=znI6utAIPp8&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=5DuVcfv4ZiY&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=kxWT7cNAFOU&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=ekhHTznb_R0&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=Plr04ZRXiso&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=hTkSyTPXPAk&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=2iyeFVrU9_U&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=-ZYb9pLLbmY&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=Mogvo4tRu3U&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=Ge55rB_-qqc&;;feature=related
www.youtube.com/watch?v=ET6ph12kdBo&;;feature=related
____________________________
www.spiegel.de/spiegel/print/d-40736376.html
Abschließend möchte ich zur Abrundung noch ein paar Links zu entwicklungspsychologischen Aspekten der Moral-Entwicklung anfügen:
The Moral Life of Babies, ein 13-seitiger Essay von <em>Paul Bloom</em>, beschreibt, wie sich bereits früh bei Babies Grundformen von Empathie, Hilfsbereitschaft und ein Gefühl für Fairness und Gerechtigkeit zeigen:
www.nytimes.com/2010/05/09/magazine/09babies-t.html?partner=rss&;;emc=rss
Damit widerspricht er nicht nur gängigen Annahmen zur sehr späten Entwicklung von „Moral“ (siehe Link Stangl unten), sondern auch „Befunden“, wie dem, Babies wiesen mehrheitlich Züge von Soziapathie auf:
www.theonion.com/articles/new-study-reveals-most-children-unrepentant-sociop,2870/
arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/
(Zur Psychologie der Entwicklung)
[Überarbeitet am 9. Juli 2010, 13:00 h]
Kommentare 9
Hallo seriousguy!
Sie tragen hier, wie immer, einen ganz schönen Brocken mit sich herum. Darüber muß ich erst nachdenken, ehe ich dazu evtl. etwas schreiben kann. Aber während des Nachdenkens meldet sich — zwar sotto voce, aber risoluto — immer wieder das Common Law zu Wort:
For if crime and disease are to be regarded as the same thing, it follows that any state of mind which our masters choose to call "disease" can be treated as crime; and compulsorily cured. It will be vain to plead that states of mind which displease government need not always involve moral turpitude and do not therefore always deserve forfeiture of liberty. For our masters will not be using concepts of Desert and Punishment but those of disease and cure. (...)
It will not be prosecution. Even if the treatment is painful, even if it is life-long, even if it is fatal, that will be only a regrettable accident; the intention was purely therapeutic. Even in ordinary medicine there were painful operations and fatal operations; so in this. But because they are "treatment" and not punishment, they can be citicized only by fellow-experts and on technical grounds, never by men as men and on grounds of justice.(Francis A. Allen, Decline of the Rehabilitative Ideal - Penal Policy and Social Purpose, Yale University Press, New Haven 1981, S. 98f.)
Immer härtere Strafen helfen gar nichts, daran glauben selbst die härtesten Law-Cons schon beinahe selbst nicht mehr. Es könnte allerdings sein, daß dasselbe für Therapie statt Strafe gilt.
Hallo j-ap,
bitte verschlucken Sie sich nicht an dem Brocken. Er ist zuvörderst einfach eine Materialsammlung für ein Internet-Seminar, das ich hoffentlich nicht halten muss :). Es war zu verlockend, Laurence Steinberg hinterher zu googlen und dann noch ein paar viele Links dran zu hängen, die bereits seit längerem in meinem PC herumliegen.
Die beiden Beiträge sind also einmal Steinberg, den man diskutieren könnte. Zum andern ein kleiner Service für Interessierte, die damit eine kleine Link-Sammlung bekommen, in der sie bei Bedarf vielleicht fündig werden.
Ihren Kommentar kann man Steinberg entgegen halten. Allerdings scheint er mir einerseits sehr auf die USA zu zielen. Zum andern scheint er mir sprachlich stellenweise unpräzise, z.B. am Ausgangspunkt:
"For if crime and disease are to be regarded as the same thing".
Genau das tut Steinberg ja nicht. Vielmehr trennt er zwischen Tat(, Täter) und Täter-Gehirn. Außerdem unterscheidet er - im Unterschied zu Allen - zwischen Heranwachsenden und Erwachsenen. Allen bleibt da pauschal.
Ausgehend von seinen Befunden kommt Steinberg dann zu dem Schluß, dass bei ca. 90 Prozent der Heranwachsenden Erziehung in Form von Re-Sozialisation angezeigt ist und nicht ein bloßes Abwinken oder Wegesperren, die beide unverhältnismäßig hohe Kosten bei zu vernachlässigendem Erfolg zeitigen. Im Gegensatz dazu scheint aber durchdachte und durch Erfahrungswerte abgesicherte Re-Sozialisation im Sinne von Steinberg, Bergmann et al. zumindest zu einem bemerkenswerten Teil erfolgreich zu sein. Insofern scheint Ihre Bemerkung, "Es könnte allerdings sein, daß dasselbe für Therapie statt Strafe gilt", so pauschal nicht zuzutreffen.
Mir scheint des Pudels Kern denn auch wo anders zu liegen: Die einseitige Fokussierung auf "Gehirn" und "Therapie" ist nachvollziehbar und derzeit wohl auch angebracht, läuft aber Gefahr, Tat und Opfer aus dem Blickfeld zu verlieren und das "Bedürfnis" der Gesellschaft nach "Ausgleich" und "Versöhnung". Hier scheint mir das eigentliche Minenfeld zu liegen. Die offen Frage scheint mir durchgängig: Wie wird man Opfer UND Täter mit einem Urteil gerecht?
Mir scheint diese Frage derzeit - zumindest in "intellektuellen" Milieus - zu sehr zugunsten der Täter beantwortet zu werden. Zumindest in den öffentlichen Debatten wird mir dabei zwischen der Schwere der Taten zu wenig differenziert. Zum andern scheint mir bei den zu verhängenden Jugendstrafen die "Grundmilde" für extreme Einzelfälle zu milde. Der Ausgang des Verfahrens in Sachen Yvan S. scheint mir z.B. skandalös "milde". Und bei der Beschäftigung mit Jürgen Bartsch fiel mir auf, wie viel Empathie die Berichte über sein Aufwachsen auch bei mir auslösten, während von den ermordeten Kindern so gut wie nicht die Rede ist. Da scheint mir in unseren "zivilisierten" Gesellschaften etwas schief zu laufen. Den chronischen Forderungen nach mehr "Härte" scheint eine Unfähigkeit zu angemessen "harten" Einstellungen gegenüber solchen Tätern zu korrespondieren.
Um zum Schluss noch einmal auf Allen zurückzukommen: seine Sichtweise passt sicher sehr gut zu Praktiken totalitärer Systeme ("Opposition als Geisteskrankheit") und mag auch manches in den USA zutreffend beschreiben. Man muss es sicher auch als Gefahr im Blickfeld behalten. Aber ich denke, so pauschal kann er - jedenfalls im Moment - nicht gegen Steinberg gewendet werden
Gruß!.
Guten Abend seriousguy.
Die Passage von Allen kam mir nicht deshalb in den Sinn, weil ich die dort beschriebene Dystopie schon eingetreten sähe, sondern weil man derlei stets im Hinterkopf behalten sollte, wenn man sich diesem Thema nähert. Wenn man nicht gut aufpaßt, kann es dahin kommen. So war das gemeint. Nicht als ad hoc-Einwand gegen Steinberg.
Aber der Komplex des Jugendstrafrechts und alles, was damit zusammenhängt, ist so unendlich mühsam und man kann so unendlich viel falsch machen dabei, denn die, um die es geht, sind zehn, zwanzig, dreißig Jahre später auch diejenigen, die gesellschaftlich die neuralgischen Positionen einnehmen, sei es nun politisch als Entscheidungsträger oder Wähler, ökonomisch als Konsumenten oder Produzenten, als Lehrer, Dozenten, Ärzte usw. usf. Was heute zuhause, in der Schule, bei Jugendgerichten, Jugendämtern falsch läuft, das wächst sich in einigen Dekaden zu einem gesellschaftsweiten Problem aus.
Deutschland war eines der ersten Länder, die es mit dem Jugendstrafrecht wirklich ernst nahmen, und zwar gar nicht einmal unlöblich. Diese Traditionslinie schlägt sich heute vor allem darin nieder, daß das Jugendstrafrecht nicht, wie gemeinhin vermutet wird, weniger aufzufahren habe als das Erwachsenenstrafrecht, sondern sogar weit mehr und Differenzierteres, denn die Möglichkeiten, die den Jugendgerichten zur Verfügung stehen, reichen von einer einfachen Ermahnung bis zu mehrjährigen zeitigen Freiheitsstrafen (bedarfsfalls mit anschließender Sicherheitsverwahrung). An der Bandbreite der Möglichkeiten kann es also nicht liegen. Und auch der im Jugendstrafrecht immer noch gültige Grundsatz »Erziehung vor Strafe« ist nicht von gestern.
Problematisch ist ist der Tat, und da bin ich ganz bei Ihnen, die Art und Weise, wie diese verfügbare Bandbreite an Möglichkeiten gehandhabt wird, und unter diesem Gesichtspunkt spielen tatsächlich breitere gesellschaftliche Perspektiven eine Rolle: Früher wurde der Täter ausschließlich als Individuum begriffen, das sich einer Verfehlung schuldig gemacht hat. Diese einseitige Betrachtung, die den Blick nur dem Täter zuwendet, ist unzureichend, darüber besteht kein Zweifel. Mindestens ebenso fragwürdig ist allerdings, den Täter, wie das heute meistens üblich ist, immer nur als Produkt der gesellschaftlichen Umstände zu wähnen, der nur deshalb fehlen konnte, weil die »Gesellschaft« darin versagte, ihn besser zu machen. Auf diese Weise wird nämlich etwas durchtrennt, was ebenso zweifelsohne die eigentliche causa (in des Wortes strengem Sinn) ist: Die Verbindung zwischen Täter und Tat. Die steht immer im Raum, und egal, wie sehr sie von den äußeren Umständen beeinflußt sein mag, so ist und bleibst sie nun einmal der Punkt, an den anzuknüpfen ist.
Und in diese Entwicklung der Perspektive gehört auch das, was Sie mE völlig richtig bemängeln: Wenn nämlich nicht mehr der Täter im Vordergrund steht, sondern gleich die gesamte Gesellschaft als dritte Partei gleich mit auf der Anklagebank sitzt, dann wird früher oder später der Fokus eben darauf liegen, zu fragen: Wie konnte jemand wie Bartsch der werden, der er ist? Selbstverständlich gehört diese Frage auch dazu, aber sie darf eben nicht vollständig verdecken, daß es Bartsch war, der mordete.
Wenn Sie mich fragen, dann läuft in diesem Zusammenhang deshalb soviel schief, weil nach wie vor zu wenig auf die Verantwortlichkeit abgestellt wird. Entweder passiert, wie Sie schilderten, zig mal hintereinander gar nichts — das kann nicht Sinn der Sache sein. Oder aber es schlägt schon beim ersten Fehltritt die gnadenlose Härte unbarmherzig zu. In beiden Fällen verfehlt die Maßnahme mE ihr Ziel: Denn man erzieht einen Menschen am besten, wenn man ihm die Konsequenzen seiner Handlung offen vor Augen führt und ihn dafür geradestehen läßt. Und das ist die andere Seite der Betrachtung weiter oben: Ein Täter schädigt nämlich (fast) nie die »Gesellschaft«, sondern stets ein Opfer.
Deshalb kommt es nach meiner Überzeugung nicht auf abstrakte Strafen und Maßnahmen an, sondern auf Wiedergutmachung, nämlich Wiedergutmachung zugunsten dessen, der geschädigt wurde.
Neben morgendlicher Zustimmung, eine Ergänzung zum Thema "Verantwortung". Es gibt da ein Zitat in einem Artikel über Kirsten Heisig, das mich nicht nur auf die Palme bringt:
„Wenn wir die Jungs nicht rechtzeitig abholen, landen sie wie ihre Väter im Gefängnis“, sagte sie oft. Und wurde fuchsteufelswild, wenn ihr ein 15-Jähriger entgegnete: „Knast macht Männer, sagt Mama.“"Heisig" fortführen können, wenn sie denn optimal arbeiten." (www.zeit.de/politik/2010-07/von-unnachgiebiger-freundlich).
Da frage ich mich dann, weshalb eine solche Mutter eigentlich nicht umgehend selbst im Knast landet. Anders formuliert: ich frage mich, ob in unserem Strafrecht die Verantwortung von Eltern und Erziehungsberechtigten angemessen - wenn überhaupt - berücksichtigt wird. Zwar wird man da eher selten zu klaren Zuweisungen von Verantwortung kommen können. Aber wenn ein Familienmilieu so klar zutage tritt wie in diesem Zitat, dann scheint mir doch zuallererst die (Re-)Sozialisation der Eltern gefordert - nicht zuletzt, um ein Signal an die Gesellschaft insgesamt zu senden.
So wie es derzeit läuft, dass man sich nämlich an den End-Täter, hier den 15Jährigen, hält, scheint mir ein Fortsetzen einer Tradition von Kinderfeindlichkeit vorzuliegen, in der immer das Kind/ der (die) Heranwachsende "böse" und später dann eben schuldig ist. Sie werden zusätzlich zu Sündenböcken zur Entlastung der (mit)verantwortlichen Erwachsenen. Da scheint mirz.B. auch im Fall Yvan S. etwas unerledigt geblieben zu sein.
Ich meine damit nicht, dass mißlungene Erziehung bestraft bwerden müsse - Erziehung kann immer mißlingen -, sondern dass (bewußte) Erziehung zu Kriminalität und Asozialität bestraft gehört, damit auch da klar wird, dass es eine Verantwortlichkeit gibt.
Da sehe ich eine Lücke, wenngleich ich auch bereit bin, solches mitzubedenken:
www.tagesspiegel.de/wissen/gene-beguenstigen-jugendkriminalitaet/1282102.html
Natürlich kann man auch dabei ganz schnell auf das totalitäre Glatteis geraten, auf das Allen hinweist. Aber die Erziehungsverantwortlichen einfach allenfalls als Material zur Ausschmückung psychologischer Gutachten zu anzusehen scheint mir doch etwas zu wenig.
Wobei es natürlich noch wichtiger ist, bei offensichtlich schädigender Erziehung frühzeitig präventiv einzugreifen. Und auch da wieder das Dilemma, elegant zwischen jener unsäglichen Heim-Einweisungs-Praxis der 50er Jahre und der späteren weitgehenden Untätigkeit staatlicher Stellen hindurch zu lavieren......
Ein weites, gefährliches Terrain, auf das wir uns da auf unserem Zweier-Eiland im roten FREITAG begeben.
Ich lese interessiert mit, wurde aber von der Masse der Informationen durchaus etwas erschlagen ;-).
Das Thema ist wichtig, ich bin durchaus der Ansicht, dass das deutsche Jugendstrafrecht gut ist (verbessern kann man immer), aber die Handhabung nicht ausreichend.
Das geht los bei unzureichenden Möglichkeiten für nicht strafmündige Täter. Kein Grund in meinen Augen, das Strafmündigkeitsalter herabzusetzen, aber die derzeitigen Möglichkeiten, gerade bei schwer wiegenden Straftaten auch auf jüngere Täter einzuwirken, sind m.E. noch zu begrenzt.
Dann fehlt es - mangels Geld, hauptsächlich - an ausreichend qualifiziertem Personal in den Jugendämtern. Insbesondere müssen Personen, die Jugendgerichtshilfe betreiben, das Jugendstrafrecht auch kennen. Sonst ist der Jugendrichter wegen unbrauchbarer Berichte oft eines wichtigen Mittels beraubt.
Dann - und ich denke, das war auch gerade Heisigs Forderung - müssten die Verfahren massiv verkürzt werden, also Ermittlung, Anklage, Verhandlung binnen kurzer Zeit.
Und....
Ach, das weiß ja jeder.
Aber ich schreibe es immer wieder, um dem weit verbreiteten Irrtum entgegenzutreten, dass es härterer Strafen bedürfe. Ohne mehr Geld für die obigen Änderungen und Prävention in mehrerer Hinsicht würde das eine Spirale ohne Ende, mit letztdendlich amerikanischen Verhältnissen, wo die amerikanische Unterschicht zu einem erschreckenden Prozentsatz die Gefängnisse füllt.
Hallo Alien59,
auch wenn ich mir häufig bissige Bemerkungen bezüglich der Anzahl der Leser meiner Beiträge erlaube, um etwas Frust abzulassen, so möchte ich doch keineswegs einen moralischen Lesezwang installieren. Was diesen Beitrag und mögliche noch folgende betrifft, so sind sie eigentlich eher als Steinbruch für Interessierte gedacht. DIese ganzen Links kann nun wirklich kein Mensch vollständig inhalieren. Schon gar nicht bei diesem Wetter.
Das Kernthema scheint mir allerdings schon interessant:
Steinberg, Heisig, Haus des Jugendrechts, Bergmann. Und da meine ich auch, dass es bei der Handhabung doch sehr hapert. In der Justiz scheint es ähnliche Defizite zu geben wie an den Schulen und in den Familien: es scheint häufig an begründeter Autorität zu fehlen, die dann auch Regeln setzen und auf deren Einhaltung konsequent bestehen kann.
Die pauschale Forderung nach "härteren" Strafen aber scheint mir auch nicht zielführend, da sie auf vergangene Zeiten unbegründeter Autorität verweist und damit nur einen unzureichenden Zustand durch einen anderen unzureichenden Zustand ersetzen würde. Und da scheinen mir die Argumente von Steinberg für Resozialsation statt Wegschließen wichtig und richtig. Die neurowissenschaftlichen wie die finanziellen.
Was im Normalfall notwendig wäre, scheint mir von Heisig und den Häusern des Jugendrechts auf den richtigen Weg gebracht. Meine offene Frage ist, ob bei extremen Jugendstraftaten wie dem bestialischen Mord an Yvan S. die Sanktionsmöglichkeiten nicht 1. erweitert und 2. dann auch zwingend ausgeschöpft werden müssten. Da habe ich Zweifel, ob die Relation zwischen Tat und Sanktion noch stimmt. Deshalb habe ich auch dazu und zu Jürgen Bartsch noch Links eingestellt.
Einen weiteren Punkt habe ich in meinem letztem Kommentar zu j-ap angeführt: die Frage nach der Verantwortung der Erziehungsverantwortlichen. Ich denke, wenn die, zumindest in ganz extremen und nachvollziehbaren Fällen, nicht auch zur Verantwortung gezogen werden, bleibt langfristig bei der Prävention eine zu große Lücke. Aber das ist nur mal so eine ganz aktuelle Idee.....
Was aber das Flächenbombardement mit Links betrifft, so ist es wirklich eher als "Service" für andere Debatten gedacht. Ich wollte anlässlich Steinberg und Heisig einfach mal ein paar Dinge zusammenstellen, die man sich üblicherweise erst mühsam zusammensuchen muss. Bitte nicht daran verschlucken oder überarbeiten!
Lieber seriousguy,
sehen Sie sich das hier mal an, relativ aktuell: Jugendrichter in Hamburg schickt Schulschwänzer in den Knast.
Daraus: »Jugendliche Schulschwänzer schickt der Bergedorfer Jugendrichter Olof Masch jetzt für eine Woche in die Jugend-Arrestanstalt nach Hahnöfersand. Drei notorische Schwänzer hat es dieses Jahr schon getroffen. Er nennt es das "Heilsamer-Schock-Verfahren". Das Vorgehen erscheint hart, ist aber im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und gilt dem Jugendrichter sogar als präventive Maßnahme. Oft stehe nämlich Schulschwänzen am Beginn einer kriminellen Karriere oder sei Teil von Vernachlässigung.«
'Heilsamer Schock', Prävention einer kriminellen Karriere, Vernachlässigung — da ist der Knast dann wohl genau richtig, zumal das Publikum dort gewiß sicherstellt, daß die Schulschwänzer wieder auf den 'rechten Weg' zurückkehren ...
Wie bewerten Sie das?
Hallo j-ap,
Schwesterchens Geburtstag und die Hitze haben die verspätete Antwort bewirkt. Dafür kann ich Ihnen einen aktuellen Link anbieten, der als Antwort auf Ihren Kommentar taugen könnte:
community.zeit.de/user/badpritt/beitrag/2010/07/13/jugendkriminalit%C3%A4ttheorie-und-praxis
Ansonsten würde ich das Vorgehen dieses Richters als EINE Möglichkeit im Einzelfall betrachten. Das zentrale Problem scheint mir eher das reflexhafte und nicht diffenzierende Pauschal-Urteilen zu sein. In einer Woche kann man im Knast vermutlich nicht allzu viel Kriminalitätsfortbildung machen. Andererseits ist es eine Möglichkeit, Jugendliche und Eltern drastisch daran zu erinnern, dass Schulschwänzen hierzulande gesetzeswidrig ist. Insofern denke ich schon, dass man im Einzelfal darüber nachdenken kann. Und wenn's hilft....
Dass der "heilsame Schock" bereits in der Prävention hilfreich sein kann, habe ich wohl mal in einem Fernsehbeitrag mitbekommen, wo es um ein Projekt ging, in dem eine Klasse mit "Problem"-Jugendlichen sich in einem Jugendknast von den dortigen Häftlingen über das Knastleben "aufklären" ließ. Das scheint für die Schüler ziemlich schockierend gewesen zu sein und ihnen die Illegalitäts-Romantik ganz schon irritiert zu haben.
Ein höchst interessanter Beitrag, zu dem Sie am Ort auch schon geschrieben haben, was zu schreiben war. Vielen Dank für den Hinweis.
Völlig unstrittig ist, daß die Haft im Sinn des zu erreichenden Ziels effizient ist. Über das Ziel selbst kann man dabei mindestens verschiedener Meinung sein. Aus Ihrer Perspektive wurde hier jemand höchst eindrücklich auf die gesetzliche Pflicht zum Schulbesuch hingewiesen. Wie Sie wissen, lehne ich die Schulpflicht ab, daher sehe ich diesen Vorfall völlig anders: Für mich ist das schlicht und ergreifend (und im wahrsten Wortsinn) kidnapping.