Rechtsstaat lässt sein Freiheits-Band...

S21 Seinen Ziel-Bahnhof hat der Stuttgarter Widerstand (noch) nicht erreicht. Aber es gibt neue Erfolge. Und einen Gammelfleisch-Skandal bei der CDU.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Es liegt wieder Schnee in der Stadt und wer Kehrwoche hat, hat nichts zu lachen. Grube hat seine Horden losgeschickt, um vor der nächsten Aufsichtsratssitzung noch möglichst viele Fakten zu schaffen und diesem grünen Möchtegern Kuhn zu zeigen, wo der Barthel den Most holt. Nein, Bäume müssen fallen für den Sieg, und diesen Grünen muss jetzt einmal gezeigt werden, wer in diesem Lande das Sagen hat. Schließlich wusste er, GRUBE, der KONZERNSTRATEGE schon immer, wo es lang zu gehen hat:

Vehement verteidigt der Konzernstratege aber das Konzept des Hauses, das durch die Schwierigkeiten bei Chrysler und bei Mitsubishi immer wieder angezweifelt wird: "Daimler-Chrysler hat die passende Strategie", sagt er. Die Märkte hätten in den vergangenen zwei Jahren mit ihren massiven Veränderungen völlig falsche Prämissen geschaffen, die in der Politik der Kaufanreize seit dem 11. September 2001 ihren Höhepunkt gefunden hätten.“

Und was sagte die blöde Wirklichkeit nach Tisch ?

Inzwischen weiß man: Daimler-Chrysler war wohl der teuerste Fehler, den ein deutscher Konzern je gemacht hat.“

Und ausgerechnet jetzt, wo er alleine das Sagen hat, soll Grube keine Milliarden mehr vernichten dürfen? Ha, das wäre ja nochmal schöner! Wieso hat man ihn denn dann nach erwiesener Geldvernichtungskompetenz zum Bahnchef gemacht?

...Und wo sich der alte Herr doch jetzt eine große, "ebenfalls erfolgsverwöhnte" Talkshow-Liebe zum gemeinsamen Tunnelkochen eingefangen hat.....

Und deshalb wird jetzt auch endlich losgebohrt. In jeder Hinsicht. Basta. Herrenknechts Wille geschehe. Amen.

Aber auch der Rechtsstaat lässt sein Freiheits-Band zaghaft flattern durch die Lüfte und Grün bricht immer mal wieder aus den Zweigen. Nach einer entsprechenden Entscheidung des Stuttgarter Landgerichtes dürfen von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Akten vom ENBW-Untersuchungsausschuss eingesehen werden. Und...ups....da fand sich dann wieder einmal das eine oder andere Brieflein und....ups....der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, der CDU-Abgeordnete Müller warf blitzschnell hin und verdrückte sich, bevor die anderen seine Brieflein entdeckt hatten, in denen er den „Zeugen“ Mappus hin und wieder informiert und gebrieft hatte....ups....

Mappusfreund Notheis, inzwischen als lustiger E-Mail-Autor berühmt geworden, soll seine Befragung "zum Kotzen" gefunden haben. Und Mappus selbst soll sich bereits auf dem Weg in den Stuttgarter Widerstand befinden. Jedenfalls soll er schon mal gesagt haben, er habe "gute Lust, aus diesem Scheiß-Verein [CDU] auszutreten." Wenigstens einer, der lernfähig ist.

Ja, und wo man beim Stuttgarter Landgericht schon mal dabei war, den hiesigen Rechtsstaat zu reparieren, hat man, in dubio pro reo, auch gleich noch einen Widerstands-Aktivisten freigesprochen. Hier der Bericht von Ulrike Braun bei BAA:

Am Mittwoch, 13. Februar 2013, fand am Landgericht Stuttgart eine Berufungsverhandlung wegen Beleidigungstatt. Guntram K. war zuvor in erster Instanz vom Amtsgericht in einem Strafprozess für schuldig befunden und mit 25 Tagessätzen je 30 Euro bestraft worden. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt.

Die spannende und überaus interessante Verhandlung dauerte von 13:30 bis 18:00 Uhr, anwesend waren der Angeklagte K., sein Anwalt Z., Staatsanwalt Fuchs, Richterin K. und zwei Schöffen. Am Ende fiel ein Urteil, wie es in der K21-Bewegung selten vernommen wird, aber doch zeigt, dass es möglich ist: Freispruch aufgrund von "In dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten).
Der Vorwurf des Staatsanwalts:
Beleidigung zweier Sicherheitsleuteder Firma Hölscher am 16. August 2011 vor dem Tor des Grundwassermanagements (GWM ). Es sollen Worte wie Arschloch, Wichser, Nullnummer, Nazilakai, Nazitrupp und andere gefallen sein. (Da Richterin K. und Staatsanwalt Fuchs diese Begriffe mehrfach zitierten, erlauben wir uns, sie auch auf BAA zu nennen).
Da ein größerer Raum im Landgericht offenbar nicht zur Verfügung stand, konnten nicht alle
50 solidarischen Prozessbeobachterzuschauen und etwa 15 mussten den Saal wieder verlassen. Das bei manchen Verhandlungen freundlicherweise gestattete Stehen im hinteren Bereich war hier leider nicht erlaubt.
Zu Beginn des Verfahrens machte die Richterin das
Angebot einer Einstellung des Verfahrensmit Auflagen, d.h. Zahlung eines Geldbetrags von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung. Der Staatsanwalt willigte hierin ein, mit der Einschränkung, dass das Geld nicht an den BUND, an die Polizeigewerkschaft o.ä. gehe. Der Angeklagte lehnte allerdings das Angebot ab, da es ihm um sein Recht, um seine Ehre und die Wahrheit gehe, denn er habe die genannten Worte niemals gebraucht. Somit wurde der Prozess begonnen.
Die Ausgangslage: Die Firma Hölscher hatte Sicherheitsmann L. und seine Kollegen zur Bewachung des Objektes GWM eingesetzt. Er und ein inzwischen verstorbener Kollege hatten die Strafanzeige wegen Beleidung gegen K. gestellt, wobei sich im Laufe der Verhandlung der Eindruck aufdrängte, dass eher sein Kollege die treibende Kraft gewesen war und er sich der Strafanzeige dann angeschlossen hatte.
Sinngemäß seien hier ein paar
Aussagen des SicherheitsmannesL. dargestellt:
Der Vorfall sei in der Zeit nach dem 20.6.2011 gewesen, als das Geländer gestürmt worden sei, so dass ab dem 16.8. der grobmaschige Bauzaun gegen einen engmaschigen ausgetauscht wurde. Es sei eine Zeit fortwährender Demonstrationen mit einem Haufen Beleidigungen gewesen, die er weggesteckt habe. Nur das mit den Nazis gehe gegen seine Ehre. Es handele sich also eigentlich um eine Sammelanzeige gegen K. wegen diverser Beleidigungen, denn K. sei der Bauleitung und ihnen als einer der Hauptaktivisten vor dem Bautor besonders aufgefallen. Die Sicherheitsleute seien von der Bauleitung angewiesen worden, sich neutral zu verhalten und sich nicht provozieren zu lassen. Die Bauleitung habe auch immer wieder Fotos gemacht. Die Polizei habe ihnen gesagt: Wenn ihr nichts macht, können wir auch nichts machen. Aber lasst Euch das nicht gefallen.
Aufgrund dieser Aussagen wurde deutlich, dass L. und sein Kollege ohne die "Anregung" der Polizei keine Anzeige erstattet hätten.
Polizeikommissars J.,der die Anzeige am 16.8.2011 aufgenommen hatte, erläuterte den Ablauf des angeblichen Vorfalls, betonte aber, dass er die genaueren Infos nur über die Aussagen der Sicherheitsleute gehabt habe. Weiter sinngemäß: Auffällige Personen - wie K. - habe man immer mehr im Fokus. Herr K. sei als Aggressor, als aufbrausend, provokant und durch verbale Entgleisungen bekannt, deshalb habe er ihn auch mehr im Auge.
Die ZeugenSt. K. und H. M. bekräftigten dann als Mitdemonstranten K.s Auftreten bei Protestaktionen; er sei deutlich, konsequent, engagiert, offensiv, wenn nötig lautstark, aber nie beleidigend. Zeugin St. K. erläuterte die Funktion von Bezugsgruppen, wozu u.a. ein stetes Feedback und das Aufpassen aufeinander im Sinne des Aktionskonsenses zum Schutz gehöre. Zeuge W. als Einsatzleiter der Polizei bestätigte diese Charakterisierung des Angeklagten im Wesentlichen.
Verteidiger Z. betonte in seinem Plädoyer, dass der Nachweis der Beleidigung zu dünn sei. Es liege nahe, dass mit der Sammelanzeige, in die der nach dem Todes des Kollegen als einziger Ankläger verbliebene Sicherheitsmann offensichtlich hineingezogen worden war und die ihn argumentativ überfordere, ein oftmals am Bautor anwesender und verbal herausragender Demonstrationsteilnehmer abgestraft werden solle. Er plädierte auf Freispruch.
Staatsanwalt Fuchsführte aus: Es sei klar, dass das dargelegte Wir-Gefühl einer Bezugsgruppe nahe lege, dass sie eines ihrer Mitglieder um jeden Preis schützen würde, vermutlich auch mit einer Falschaussage. Und das Temperament des Angeklagten K., das ihn auch zu Übertretungen des Gesetzes wie Nötigungen und womöglich auch anderem bringe, sei erwiesen. Zu vermuten sei auch, dass er Funktionsträger wie Polizei-Einsatzleiter W. höflicher begegne als Geringpositionierten. Hieran ändere auch die teils widersprüchliche Aussage des Sicherheitsmannes nicht. Er forderte die erstinstanzlich vom Amtsgericht verhängte Strafe von 25 Tagessätzen à 30 €.
Als kurz vor 18:00 Uhr nach viertelstündiger Beratung mit Richterin und Schöffen das Urteil erging, kam verhaltener Jubel auf:
Freispruch. In der Begründung wurden die starken Zweifel an den Aussagen des Sicherheitsmannes betont, dass es nur das Urteil „Freispruch“ mit dem Zusatz „in dubio pro reo“ geben könne. Die Richterin meinte, die Aussagen des Zeugen Sicherheitsmann L. reichten mit ihren Unklarheiten und Widersprüchen für eine Verurteilung nicht aus, denn er konnte sich nicht konkret erinnern. Und der Zeuge Polizeikommissar J. konnte zu den Vorfällen nur vom Hörensagen sprechen und die angeblichen verbalen Entgleisungen nicht konkretisieren. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin St. K. wurde von der Richterin ausdrücklich hervorgehoben.

Prozessbeobachterin und Text: Ulrike Braun

Soweit die heutigen Neuigkeiten aus Grünbrezelland-Kehrwochenesien.

p.s.: Wermutstropfen:

Grün-roter Überwachungsstaat

Grün-roter Verhaftungsstaat

Grün-roter Grund-Un-Rechtsstaat

...ist halt doch noch Winter....

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

seriousguy47

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden