Der SWR zeigt heute Abend die Sendung "Die rebellische Republik - Wohin führt der Bürgerzorn?" (heute, 15.12.2010, 21 Uhr im SWR Fernsehen). Es diskutieren: Gesine Schwan, Heiner Geißler, Frank A. Meyer und Jochen Stay. Daneben werden zu hören sein die Richterin am Bundesverfassungsgericht, Christine Hohmann-Dennhardt ("Volksentscheide können dazu führen, dass die Akzeptanz ins parlamentarische System wächst und zunimmt. Weil sich Politiker dann anstrengen müssen, ihre Entscheidungen besser zu begründen, überzeugend zu begründen und mehr Aufklärung zu betreiben. Das wäre doch schon ein Vorteil") und Günter Grass ( "Eine Demokratie ist etwas Zerbrechliches. Und wenn es nicht genügend Bürger gibt, die sich schützend vor sie stellen, die auch während der laufenden Legislaturperiode als Citoyen sich deutlich machen, dann zerfällt sie").
Also vermutlich eine Sendung zum demokratischen Aufwärmen nach dem Schneeschippen.....?
www.presseportal.de/pm/7169/1735186/swr_suedwestrundfunk/rss
Kommentare 24
Danke für den Tipp, Seriousguy! Falls nichts dazwischen kommt, werde ich die Sendung anschauen.
Da fehlen noch Sinn, Hundt und Schlingensief auf der Gästeliste, wobei letzterer entschuldigt ist.
derweil war heute morgen 7.20h auf deutschlandradio kultur im politischen feuilleton ein denunziatorischer beitrag zur sogen. "dagegen-Kultur" in zusammenhang mit s21 zu hören, der den ansätzen zu bürgerbeteiligung und direkter demokratie hohn spricht, nachzulesen hier: www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1342017/
dort ist er auch nachzuhören ...
Sehr guter Kommentar der den Kern der Sache trifft.
Eine Katastrophe, handwerklich und publizisitisch, was der SWR da gerade eben veranstaltet hat. Um nicht zu sagen: eine Frechheit. Wie kann man großmäulig und pseudo-eloquent Medien eine Mitverantwortung an der politschen Politik-Misere geben -und gleichzeitig selbiges vor aller Augen praktizieren. Aber seit Ken Barbie einen Familienausflug zusammen mit dem drittklassigen "Und,-wie-fühlen-Sie-sich-jetzt?"-Kerner an den Hindukusch gemacht haben, ist wohl so einiges mehr möglich. Wetten das ?...
Ganz nebenbei geht dabei unter, dass gestern im U-Ausschuss zu S21 mehrere Bömbchen geplatzt sind.
Meldungen in den größeren Medien darüber kann man suchen, bis man schwarz wird.
@jayne
Herzinger hasst Sennett. Damit hat er sich eigentlich mehr als geoutet. Abseits davon hat er die Kurbjuweit'schen Ausscheidungen noch mal in den Mund genommen, um sie giftig einzuspeicheln und wiederzukäuen. Damit auch der letzte merkt, was a) Herzinger für ein toller Typ ist (halt so Sachen in den Mund nehmen, die andere nicht mal anfassen würden) und b) er dergestalt dem paternalisitschen Element in der Politik (welches der Neoliberalismus mehr und mehr als einen der letzten Strohhalme für sich entdeckt) Geltung verschaffen will.
@mandelbrot
1) "Nieder mit dem Kunstrasen!"
2) ...zur anschließenden Entspannung
Hallo Kem-Browning,
ich hoffe, die Sendung hat nicht allzu sehr enttäuscht.Ich hatte, ehrlich gesagt, besseres erwartet......
Sinn hat zu diesem Thema ja nun wirklich nichts zu sagen, eher Henkel, der ist ja allzuständig. Hundt kann nicht, der muss schauen, wie er den VfB wieder flott kriegt.....
Hallo jayne,
wie mcmac weiter unten schon schrieb: wir haben hier unten zur Zeit mehrere Bomben täglich, die einem politisch um die Ohren fliegen. Aber ich werde mir auch die von dradio noch antun....
Na, war immerhin eine Lehrstunde darüber, was für I..... beim SWR das Programm machen. An den Teilnehmern lag es ja nicht, die haben immerhin versucht, zu argumentieren und auch den einen oder anderen Treffer gelandet. Aber die begrenzte Sendezeit und wie der Moderator versuchte, die Diskussion passend hin zu kastrieren, war wirklich kaum erträglich.
Idiotie, aber mit System. Systemische Idiotie. Oder besser hat das mal jemand eine seiner daramtischen Figuren sagen lassen: "Ist's Wahnsinn auch, so hat es doch Methode."
Eine Frage an mcmac, seriousguy47 und jayne:
Wenn es zu S21 nun eine Volksbefragung gäbe- mit bindenen Ergebnis- und die geht 51% für S21 und 49% gegen S21 aus.
Würden sie dann ihre Proteste einstellen? Wäre dann der Bau für sie legitimiert?
Und wenn sie doch weiterprotestieren, mit welcher Legitimation? Schließlich hätte dann das Volk entschieden.
Ähm... na ja. Ich habe, ehrlich gesagt, auch Besseres erwartet. Aber okay, halten wir mal fest, woran wir gerade sind, und dann schlagen wir einen sinnvolleren Weg an...
"Wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man die Bäume damit hochreiten."
Gut gemeinte, kurze Frage, Mandelbrot. Kurze Antwort leider nicht möglich.
Eine Antwort in "wenn-dann"-Kausalketten-Manier ist angesichts des Themas (und der Themen, die an S21 insgesamt noch mit dran hängen), schwerlich möglich. Das beginnt schon allein damit, dass das vom Charakter und der Art einer eventuellen Volksbefragung abhinge: wer fragt wen was zu welchem Zeitpunkt und innerhalb welchen Zeitraums; haben alle die gleichen Möglichkeiten/Mittel, ihre Ideen/Argumente/Überzeugungen darzustellen usw. usf..
Bereits die Ansichten darüber gehen weit auseinander. Stelle ich diese Frage z.B. an einem finanziellen/ökonomischen point of no return, weil inzwischen Aufträge und Bautätigkeiten weiter fortgeschritten sind, dürfte klar sein, wie ein solches Befragungsergebnis höchstwahrscheinlich aussähe -wohl noch deutlicher, als Sie es oben zeichnen.
Also: Um Ihrer Frage, Mandelbrot, etwas von ihrer Suggestivkraft zu nehmen, möchte ich bemerken, dass meine Antwort z.B. wesentlich davon abhängt, ob es bis zu einer solchen eventuellen Befragung einen sofortigen Bau- und Vergabestopp gibt. Alles andere wäre nämlich unfair und eine spätere Befragung auf solcher Grundlage mithin nichts weiter als eine demokratische Farce.
Aber, mal angenommen, es wäre fair, würde ich mich einem solchen, von Ihnen beschriebenen Votum zunächst beugen. Was nicht als Eingeständnis aufzufassen wäre, dass S21 etwa doch sinnvoll sei (jedenfalls nicht für die grundlegenden Lebensumstände einer überwiegenden Mehrheit)...
Wie schwierig das Ganze nun ist, welches Politikum S21 darstellt, sieht man z.B. auch daran, dass olle Geißler zwar die größeren Zusammenhänge messerscharf erkennt, aber im Handeln in seine katholische Soziallehre zurückfällt (sprich: i.d. F. hinter die eigenen Erkenntnisse). Während beispielsweise die schrödergeschädigte SPD auf dünnen neoliberalen Beinchen stehend manchmal noch intuitiv in eine richtige Richtung denkt (Baustopp, Volksentscheid), aber insgesamt sich in dieser Sache weder besonders sozial noch demokratisch geriert. Die (fischergeschädigten) Grünen stehen übrigens offensichtlich auch vor solchen Problemen, wenn auch nicht ganz so heftig.
S21 steht auch für eine ganz konkrete Projektion auf die Zukunft, auf die sich grundsätzlich stellende Frage, wie wir leben wollen künftig. Diese Frage stellen wir (Menschen) uns nicht mehr aus einer Luxusposition; sie wird uns gestellt (Klimawandel) - "leben wollen künftig" müsste deshalb auch genauer "überleben können künftig" lauten. Die neoliberale Antwort Höher-Schneller-Weiter (die ich mit dem monolithischen S21 verbinde) ist wohl, so geadcht, die falsche...
Diese Antwort muss unbefriedigend für Sie sein. Ich kann Ihre Frage aber, so gestellt, nicht abschließend beantworten. (Und auch nicht alles ausführen, was ich ausführen möchte/könnte dazu; aber wenn Sie eine Ihrem Nick entsprechende, unendliche Fantasie haben, werden Sie in etwa schon verstehen...)
MfG
mcmac
@mcmac schrieb am 16.12.2010 um 13:54
"Aber, mal angenommen, es wäre fair, würde ich mich einem solchen, von Ihnen beschriebenen Votum zunächst beugen. Was nicht als Eingeständnis aufzufassen wäre, dass S21 etwa doch sinnvoll sei (jedenfalls nicht für die grundlegenden Lebensumstände einer überwiegenden Mehrheit)..."
***************************************
1) Was wird dann bei z.B. S21 (und voraussichtlich in der Zukunft bei den ähnlichen Auseinandersetzungen): Dass das Volk seinen Willen äußern und durchsetzen darf/kann oder dass korrekte und richtige (z.B. aus der technischen Sicht) Entscheidung getroffen wird? Wenn Sie z.B. wissen, dass die Entscheidung falsch und (eventuell) schädlich ist, warum werden Sie sich dann beugen? Und: Vor wem wollen Sie sich beugen - etwa vor der MEHRHEIT, die keine Ahnung von der Sache hat?
2) Wenn Sie wissen, dass das Volk falsche Entscheidung getroffen hat, weil bei der Umfrage falsche/suggestive Methoden eingesetzt wurden, würden Sie sich der Volksentscheidung auch beugen?
3) Gibt es überhaupt objektive, nachvollziehbare und glaubwürdige Möglichkeiten für solche Umfragen?
Lieber Krem-Browning,
ich hätte zu dem, was Sie hier zitiert haben, weiter oben noch mit dazu schreiben sollen: "Was ich, liefe es wirklich fair, im übrigen aber schwerlich glauben kann, dass das dann eine Entscheidung für S21 zum Ergebnis hätte - es sei denn, ich erlag -trotz intensiver Beschäftigung mit der Angelegenheit- bisher einem schweren Irrtum." ...
zu 1) Korrekte und z.B. auch aus technischer Sicht richtige Entscheidungen sollten möglichst dem Volk und seinem Willen entsprechen, will sagen: Gut wäre eine Politik, die zwischen diesen Dingen erst gar nicht riesige Widersprüche entstehen lässt. Die weiteren Fragen unter 1) kann ich so pauschal nicht beantworten. Oder, falls Sie mögen: Definitiv NEIN. Und ebenfalls definitiv JA.
zu 2) Nein. Ja. Nein. Kommt drauf an. Nein.
zu 3) Weitestgehend objektiv, weitestmöglich objektiv, so gut wie möglich, nach bestem Wissen und Gewissen, dem Stand der Wissenschaften/der Technik/der Gesellschaft/der Menschheit, verantwortungsvoll im Umgang mit der Schöpfung, nachhaltig, nicht-solipsistisch, nicht profitorientiert, mit sozialer Kompetenz, transparent, intelligent, nicht sophisitisch, nicht partei(macht)politisch instrumentalisiert, diskutierbar, gemeinsam entwickelt und trotzdem nicht sperrig formuliert könnten solche Umfragen vielleicht eine glaubwürdige Möglichkeit sein.
MfG
mcmac
Ähm... Sie sagen es eben.
Ja. Nein. Kommt drauf an. Nein. Ja.
Es ist natürlich klar, dass ALLE Beteiligte so reagieren würden... weil es einfach keine andere Möglichkeiten zu reagieren gibt. Und alle diese Ja und Nein von verschiedenen Beteiligten (auch von denen, die es glauben, zusammen an den Barrikaden zu stehen), werden in unterschiedliche Richtungen ziehen.
Sie versuchen eine Entscheidung im Rahmen eines Systems zu finden, wo sie definitiv nicht zu finden ist.
Politiker sind inkompetent und korrupt? Ach um Himmels Willen... Ich kann Ihnen jede Menge inkompetenten und korrupten "einfachen Bürger" vorstellen. Im Vergleich mit einigen Bürger (die, Ihrer Forderungen nach, Entscheidungen treffen müssen!) werden einige Politiker beinah engelhaft erscheinen. Ist es nicht egal, ob inkompetente und korrupte Politiker die Entscheidungen treffen oder inkompetente und korrupte Bürger? Warum soll ich der MEHRHEIT der Bürger mehr vertrauen als z.B. Merkels Kabinett? In wiefern hat die Mehrheit der Bürger ihre Entscheidungsfähigkeiten und ihre Vernunft bewiesen? Warum soll ich mich von der Mehrheit BEUGEN? Warum ist es schlecht, sich vom Merkels Kabinett zu beugen, und warum ist es gut, sich von der Mehrheit des Volkes zu beugen?
Wenn man wirklich was ändern will, dann muss man das gesellschaftliche System grundsätzlich, PRINZIPIELL ändern. Die Sprünge hin und her im Rahmen eines schon vorhandenen Systems bringen mit Sicherheit NICHTS. Wetten?
Bei mir läuft gerade Fernsehe... in diesem Moment äußert sich Richard David Precht bei Maybritt Illner zu S21. Ach nee, isses süüüßßßß... Ich sage ja immer wieder, Herr Precht sieht verdammt gut aus, aber es schadet ihm enorm, dass er so viel Wert auf Äußerungen von seinen Gedanken legt. An seiner Stelle würde ich geheimnisvoll schweigen...
Wenn man wirklich was ändern will, dann muss man das gesellschaftliche System grundsätzlich, PRINZIPIELL ändern. Die Sprünge hin und her im Rahmen eines schon vorhandenen Systems bringen mit Sicherheit NICHTS. Wetten?
Definitiv: d'accord.
Das System des kapitalistischen Wirtschaftens muss prinzipiell überwunden werden. Das muss das Ziel sein. Das Geeiere illustriert die Schwierigkeit, den richtigen Weg dahin zu finden. Wenn sich der homo oeconomicus zu einem freien Menschen emanzipiert, sollte er, wenn er mit freiem Volk auf freiem Grund glücklich an sich herunter schaut, nicht auf Hände voller Blut blicken.
***
Die Sendung habe ich nicht gesehen; ich habe mir mal ein Buch von Precht reingequält. Insofern habe ich eine Fantasie für das, was Sie beschreiben.
@ mcmac
Danke für die Antwort, nunja vermutlich ist die Situation so verfahren das ein Volksentscheid auch nicht viel bringen würde bzw. ich auch durchaus verstehen könnte, das die Gegner danach nicht zufrieden sind.
Es könnte ja auch sehr komische Ergebnisse geben, beispielsweise das der Volksentscheid in BW eine Mehrheit für das Projekt ergibt; aber in Stuttgart selber haben mehr Leute dagegen gestimmt. Wäre der Bau dann fair, da die Stuttgarter bekanntlich die Hauptlast des Baus (Lärm, Behinderungen etc) tragen müssten?
Auch eine umgekehrte Konstellation ist vorstellbar; eine Mehrheit gegen das Projekt aber in Stuttgart mehr Befürworter.
Schwierige Kiste. Danke aber für ihre sachliche und ehrliche Antwort.
@mcmac schrieb am 17.12.2010 um 10:13
Da sind wir uns schon mal näher...
Das Geld und das Wirtschaften an sich sind keine schlechte Sachen. Sie sind neutral. Mit Geld kann man Waffen und Unterdrückung finanzieren... und mit gleichem Geld kann man Wissenschaftliche Einrichtungen und Krankenhäuser erschaffen. Man kann Drogen kaufen, die einen demontieren... oder die Lebensmittel, die einen am Leben halten. Mit Geld kann man Menschen korrumpieren... und mit gleichem Geld kann man ihnen Freiheit zu handeln und sich zu entfalten geben.
Was im Kapitalismus daraus gemacht wird... na ja. Allerdings nicht nur im Kapitalismus. Bei allen anderen gesellschaftlichen Formationen war es auch nicht besser. Was ein Zeichen auf Prozesse in der Tiefe ist. Irgendwelche nicht erkannte (soziologische? psychologische? biologische? physikalische?) Grundstrukturen und Grundgesetze. Ich würde sagen, ein klarer Fall für Chaostheorie und Soziophysik.
Was ich bei den gegenwärtigen gesellschaftlichen/politischen Prozessen als falsch betrachte, ist die allgemein verbreitete Meinung, dass die Gesellschaft aus den bösen Politikern und dem guten Volk besteht. Man glaubt, dass das Hauptproblem darin besteht, dass das Volk nicht handelt und alles über sich ergehen lässt. Sollte es aber anfangen zu handeln und Politikern in die Schranken zu weisen, dann wird automatisch alles gut.
Nein. Wird es nicht. Volksentscheidungen, die angeblich was prinzipiell Neues und ach so Wunderbares bringen sollten, sind so etwas wie berühmte "Kremlfantasien" aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Volk ist nicht anders als die Politiker... und kann daher keine bessere Entscheidungen treffen. Die Politiker sind übrigens auch nicht alle Schurken... und im Volk laufen nicht nur Heilige herum. Ich würde mal sagen, den prozentualen Anteil von Schurken und Heiligen ist sowohl bei den Politikern als auch bei dem Volk etwa gleich.
Wie kompliziert es wäre, die Volksentscheidungen in der Praxis zu organisieren, haben wir schon oben festgestellt. Und ich gehe davon aus, dass es für Demokratie nicht unbedingt ein Gewinn wäre, wenn alle Politiker von ihren Ämter zurücktreten und den Platz für den neuen Volksvertreter machen. Den die neue Volksvertreter würden höchstwahrscheinlich auch nicht anders als die, die wir jetzt haben. Das System wird sich selbst wiederherstellen... weil die Subsysteme "Volk" und "Politiker" im Querschnitt, wie gesagt, ähnlich sind. Der Unterschied ist, dass die Politiker in der Öffentlichkeit stehen und ihr Verhalten daher sehr auffällig und auch folgenschwer ist.
Es wäre sehr naiv zu denken, dass das Volk durch besagte Volksentscheidungen etwas besseres zur Stande bringen könnte als es die Politiker durch ihr (oft extrem totalitäres, inkompetentes und korruptes) Handeln tun.
Und doch halte ich politische Proteste und die Suche nach den Möglichkeiten politischer Selbstbestimmung sehr wichtig. Weil das System sich in der Stagnation befindet und man muss sie daraus holen, um überhaupt was umstrukturieren zu können.
Ich weiß (noch) nicht, WIE das System umstrukturiert werden sollte/musste/konnte, was ein ZIEL ist... weil ich mich selbst da drin befinde, ich bin ein Teil von diesem System. Ich weiß aber, dass das System selbst die Möglichkeit findet, sich umgestalten und auf die höhere Evolutionsstufe zu kommen, wenn sie erst mal einen höheren Freiheitsgrad bekommt. Und darum geht es ja.
Die Politiker/Wirtschaftsbonzen stellen momentan eine extrem hohe Kraft dar... eine Kraft, die (im physikalischen Sinne) alle andere Kräfte übertrifft und wenig relevant macht. Was jetzt (seit Jahrzehnten) in der Gesellschaft geschieht, ist dem Prozess ähnlich, der im Gehirn eines kranken Menschen während eines epileptischen Anfalls stattfindet. Wenn man diese Kraft zerbricht und daraus mehrere Vektoren entstehen lässt, dann kommt man zu dem gesunden deterministischen Chaos... und so bekommen kreative Entscheidungen und Handlungen ihre Chancen. Ich glaube, das wäre eine reelle Möglichkeit, dass der Mensch sich zum Schöpfer entwickelt (oder, eben, zu einem freien Menschen emanzipiert) und dass das gesamte System sich neu, viel intelligenter und barmherziger als jetzt, gestaltet.
P.S.: In der Sendung hat Herr Precht eigentlich nichts Weiteres gesagt, als dass Volksentscheidungen etwas super Tolles und Erstrebenswertes sind. Warum das so ist und wie es alles praktisch aussehen sollte, blieb eben sein Geheimnis. Ich sage ja, er könnte von Anfang an geheimnisvoll schweigen... mit seinem Rehblick braucht man gar nicht reden...
Lieber Krem-Browning,
wenn Sie wüssten, wie nah wir uns wohl sind...
Ich habe mich ganz besonders gefreut, als ich las: Wenn man [...] daraus mehrere Vektoren entstehen lässt, dann kommt man zu dem gesunden deterministischen Chaos... und so bekommen kreative Entscheidungen und Handlungen ihre Chancen.
Sie beschreiben damit vor allem einen PROZESS, einen Weg, dem ein Ziel immanent ist. Ein Ziel, welches nicht „planfestgestellt“ werden kann und darf! Es zerfiele sonst augenblicklich zu Staub. Das ist die Natur der Utopie -sie existiert nicht, dass man sie stur und ohne Rücksicht auf Verluste realisiere, sondern ihre Funktion ist, für Bewegung zu sorgen, auf das man sich auf den Weg begebe. Das impliziert eine Art zu leben (zu denken), die sich einer konventionellen Art der Bürgerbefragung derzeit komplett entzieht. Insofern sind sogenannte Volksentscheide tatsächlich irrelevant.
Aber, wie sagt man so schön: Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Möglicherweise ist die Praxis der Volksentscheide eine nächste Stufe hin zur der Akzeptanz, dass niemand außer uns selbst „die Kastanien aus dem Feuer“ holt -mit der Ungewissheit, ob diese dann auch genießbar sind selbstverständlich. Um es dann vielleicht nach einer gewissen Zeit wieder neu und mit der gemachten Erfahrung etwas anders zu versuchen.
Etwas weiter oben schreiben Sie auch, dass Geld und Wirtschaften an sich nichts Schlechtes seien. Ich stimme insofern mit Ihnen überein, wenn man den Begriff „Geld“ als Tauschmittel versteht. Dieser Charakter des Geldes aber ist heutzutage und makroökonomisch völlig untergeordnet. Er gilt für uns relativ prekär Besitzlose, die wir buntes Spielgeld mehr oder eher weniger in unseren Geldbeuteln versammeln.
Geld ist aber praktisch und insgesamt betrachtet die Ware schlechthin geworden. Geld wird mystifiziert, dass tun zu können, was Sie in Ihrem Satz von Kraft-Vektoren und deren sinnbildender, schöpferischer 'Ursuppe' beschreiben. Geld gilt als Zweck an sich. Das aber ist einer der größten Irrtümer.
Gäbe es diesen Warencharakter des Geldes nicht (und wäre also Geld nichts weiter als Mittel zum Zweck/Tausch), wäre es tatsächlich harmlos. Der Widerstand, z.B. gegen S21, gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraft, aber auch die Generalstreiks in Griechenland, in Frankreich, die Proteste der armen Säue von Textilarbeiterinnen in Dakah, die Proteste der britischen Schüler und Studenten Ende November aber zeigen, dass Geld vor allem eines ist: eine real wachsende Schuldverschreibung, die viele ins Unglück und Elend wirft, tötet vor der Zeit. Und -als Gewinn aus diesem „Wirtschaften“ -wenigen ermöglicht, eine (egoistische) Utopie auf Erden zu realisieren.
-Was für ein Irrsinn!
Mit freundlichen Grüßen
mcmac
P.S.: Falls sich der waidwunde Blick Prechts zu sehr auf der Platte eingebrannt haben sollte: Anbei ein authentischer Augen-Blick zweier optischer Parallel-Kraft-Vektoren auf Altes, monolithisches, zyklopisches „Wenn-Dann“-Denken...
http://www.parkschuetzer.de/assets/statements/30716/original/33594.jpg?1286314387
Lieber Mandelbrot,
danke auch für Ihre Rückmeldung.
Ich denke zusätzlich, dass besagte Kiste noch schwieriger geworden ist inzwischen (ich erwähnte es bereits oben), denn eine „normale/traditionelle“ Bürgerbefragung/Volksentscheid würde angesichts fortschreitender Bau- und Auftragsvergabetätigkeiten u.U. ein fragwürdiges Ergebnis zeitigen, welches mit den ursprünglichen Intentionen der Befragten möglicherweise nicht mehr viel zu tun hat. Etwas expliziter gesagt: Man lernt zu lieben, was man hassen müsste. Eine teuflische Art der Legitimation.
Die Frage ist doch die: Wie wollen wir leben? Und wenn man sich bemüht und diese seriös stellt, kann man sie nicht solipsistisch stellen -der Allgemeine Kredit ist aufgebraucht. Die Vorstellung von Wachstum, welche sich mit S21 verbindet, ist jene, die von der Unbegrenztheit der natürlichen Ressourcen ausgeht. Wobei ironischerweise bei diesem Projekt die Knappheit der Ressource (Lebens)Zeit anerkannt wird. Das ist m.E. Altes Denken mit einer Portion ordentlichen Selbstbetrug.
Die besondere Schwierigkeit nun wäre (falls man eine solche Fragestellung überhaupt erkennt/anerkennt), so etwas in einer Bürgerbefragung so zur Disposition zu stellen, dass alle (oder die überwiegende Mehrheit) sich angesprochen und berufen fühlt, darüber zu entscheiden.
Wenn man also eine Befragung macht, sollte die Formulierung der Frage(n) nicht den Denk-Schablonen der ökonomistisch geprägten, real existierenden Politik folgen; sie sollte(n) sich an den über den Tag hinausreichenden Lebensinteressen (vs. modischen Auffassungen) der Minderbesitzer orientieren.
Mit freundlichen Grüßen
mcmac