Wasserschutz: Global gut, lokal schlecht.

S21 "Brot für die Welt" hat herausgefunden, dass es ich versehentlich auch für den Schutz des Stuttgarter Wassers engagierte. Und das schleunigst gestoppt.

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Wasser unter Druck“, unter diesem Motto finden vom 10. bis 23. September 2012 in Stuttgart sogenannte „Wassertage“ statt, also Aktionstage, die sich mit dem notwendigen Schutz dieser unverzichtbaren Lebensgrundlage beschäftigen. In einer Zeit, in der durchgeknallte Politiker und geldgeile „Investoren“ sich in der Stadt daran machen, die Struktur des hiesigen Schienenverkehrs nachhaltig zu beschädigen und dabei als Kollateralschaden einen zentralen Teil der innerstädtischen Naturoasen plattmachen sowie die Zerstörung der hiesigen Mineralwasservorkommen riskieren, bietet sich Stuttgart als Ort solch einer Veranstaltung geradezu an.

Längst aber hat der Stuttgarter Widerstand seien Blick globalisiert und sich im Rahmen seiner provinziellen Möglichkeiten international vernetzt, so dass man zu dieser Veranstaltungsreihe konsequenterweise auch Organisationen einlud, die sich der Wasserproblematik auf eher globaler Ebene annehmen – wo das Kapital weitaus mehr und wüster wütet. Lokal und global sollte das Thema also angegangen werden. Und so wurde dies auch kommuniziert:

Egal ob wir morgens duschen, unseren Kaffee aufbrühen, tagsüber Wasser gegen den Durst trinken oder abends noch eine Runde im Mineralbad schwimmen gehen: wir genießen den Luxus, jederzeit sauberes Wasser für unseren verschiedensten Alltagsbedürfnisse nutzen zu können.

Wie wenig selbstverständlich dies ist, zeigt der Blick in die Medien, die (fast) täglich über Dürre-Katastrophen, versiegende Flüsse und Menschen ohne sauberes Trinkwasser berichten. An vielen Orten der Welt tobt bereits heute der Kampf um die wertvolle Ressource Wasser. Auch in Stuttgart wird dieser Naturschatz bedroht und kommerziellen Interessen untergeordnet.

Ein Bündnis von Umweltverbänden, kirchlichen Hilfsorganisationen, Gewerkschaften, kommunalpolitischen Initiativen und der Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 will im Rahmen der Aktionstage "WASSERunterDRUCK" über die Bedrohung des Wassers in Stuttgart und anderswo aufklären und zugleich möglichst viele Menschen dazu motivieren, sich für den Erhalt dieses von der Natur bereitgehaltenen Schatzes und dessen gerechte Verteilung einzusetzen. Denn Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware!“

http://www.cannstatter.net/index.php/mineralwasser

http://www.cannstatter.net/index.php/mineralwasser/programm-wassertage-2012

So weit, so klar? Mitnichten. Jetzt kommt nämlich die Provinz ins Spiel – wo bekanntlich die Possen spielen - und dort haben offenbar welche „Skandal!“ geschrien. Denn eingeklemmt zwischen den Logos von Ver.di und Parkschützern hatten sie ihr beliebtes pietistisches Feigenblättchen „Brot für die Welt“ entdeckt, hinter dem sie ein Wellness Duschgel für die korrumpierte Seele vermuten, mit der sie sich hin und wieder fürs erhoffte Paradies im Jenseits zu reinigen versuchen. Petrus muss schließlich nicht gleich riechen, wer man ist.

Da liefen dann wohl die Telephondrähte heiß: Ist es richtig, dass die Kirche sich mit den S21-Gegnern....? Oh Gott, oh Gott! Nein, natürlich nicht. Das haben wir doch gar nicht gewusst! Ja, wenn wir das geahnt hätten....! Oh Gott, oh Gott!.....

Und zur Beruhigung der aufgewühlten Seelen verkünden nun die Stuttgarter S21-Nachrichten ex cathedra protestantica:

Shakira und Piqué erwarten erstes gemeinsames Kind“ …..?.....Ach. Sch..., da bin ich wieder mal wo dran gestoßen.....“Brot für die WeltUnwissentlich zugunsten des S21-Widerstands“.....

Genau. Die war's.

Nein, nein, nein! Um Gottes Willen: Nein! Und die Beteiligung in Stuttgart sollte auch gaaanz begrenzt sein,mit bereits abnehmender Tenmdenz:

sie beschränke sich auf das Konzert am Donnerstag. Zuerst sei eine Referentin vorgesehen gewesen, das habe sich aber zerschlagen. Nun solle eine Erklärung der Organisation zum Wasserschutz verlesen werden.....

Aber jetzt geht natürlich gar nichts mehr:

Die Spenden, die an diesem Abend gesammelt werden, gehen nämlich nicht, wie einige Besucher vielleicht denken könnten, an den Mitveranstalter Brot für die Welt. Stattdessen geben die Organisatoren von den Bad Cannstattern gegen Stuttgart 21 auf Nachfrage an, der Erlös fließe in die Deckung der Kosten für die Wassertage. Und: „Sollten Überschüsse erzielt werden, gehen sie an das Konto des Vereins Umkehrbar e. V., der die Finanzierung von Aktivitäten des Widerstands gegen S 21 unterstützt.“

Und beim Geld hört im Schwäbischen bekanntlich der Spaß auf. Ein kostenloses Grußwort? Ha jetzt aber! Ha was glaubat die denn eigentlich? Fier Gottes Lohn? Ha mir send doch net bleed! Fromm sen mir am Sonntag. Onder dr Woch wird gschafft. Fier Geld. Ond heit isch Donnerschtag. Ond scho gar net gega S21. Ha was tät denn do onser Herraknechtgöttle sage?

Wir sind ein Hilfswerk, das sich für grundsätzliche Zusammenhänge einsetzt und sich nicht in kommunalpolitische Konflikte einmischt. Das wäre kontraproduktiv für unsere Arbeit. ..[Also] zieht Brot für die Welt am Dienstagabend die Notbremse: Ein Grußwort für das Konzert soll es nun nicht geben, teilt die Hilfsorganisation mit. Die negative Diskussion dürfe schließlich nicht das eigentliche Thema überdecken, heißt es: „Das Menschenrecht auf Wasser...

Das „Konzert für das Wasser“ mit Weltmusik von Büdi Siebert, Matthias Frey und Freunden beginnt am Donnerstag um 19 Uhr in der Gaisburger Kirche. “ Ohne Kirche, bzw. Brot für die Welt. Aber Gott ist ja da. Denke ich mal....

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.brot-fuer-die-welt-unwissentlich-zugunsten-des-s21-widerstands.30916d70-369a-4bb0-8869-024321ad985b.html

Um „grundsätzliche Zusammenhänge“ also geht es und die sollten auch möglichst weit weg sein. Sehr früh im Stuttgarter Widerstand hatte ein Umweltaktivist aus Lateinamerika vorbeigeschaut. Ihm war es wichtig gewesen Lokal und Global zu vernetzen und gemeinsam gegen Ausbeutung und Zerstörung zu kämpfen, wo immer sie auftreten. Brot für die Welt scheint dagegen noch im Zeitalter der kleinen, fernen „Negerlein“ zu leben, für die man ab und zu ein Zehnerle ins Büchsle wirft.

Peinlich. Und entlarvend. Wenngleich nicht unbedingt freiwillig. Wo der Dürr, der Stihl, der Leibinger, der Herrenknecht usw. nicht nur in den Köpfen der Lokalredaktionen regieren, muss man sich halt darauf einstellen.....

[Die graphische Verunstaltung im ersten Abschnitt bitte ich zu entschuldigen. Ich habe kein Mittel gefunden, sie rückgängig zu machen.]

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

seriousguy47

Anglophiler Pensionär und Flüchtlingsbetreuer aus Stuttgart.

Wehrdienst, Studium ( Anglistik, Amerikanistik, Empirische Kulturwissenschaft, Sozialpädagogik) , Praktikum ( Primärtherapie), Lehramt, Flüchtlingsbetreuung

seriousguy47

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