Der Teufel lässt die Hölle nicht erlöschen

Eine Polemik Wir sind im Krieg. Wenn auch medial beleuchtet, erscheint die Dimension des Ganzen kaum reflektiert. Zeit für harsche Worte, naive Fragen und unsinnige Vergleiche.

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Pshht! Leise! Wir sind im Krieg! Überall lauern sie – diese Moslems! Äh Islamisten! Aber endlich tut Frau von der Rolle (um mit dem Freitag-Titel zu sprechen) was für den Terror – äh gegen! Gegen den Terror! Meine Güte!

Syrien? Wie übersichtlich!

Tornados zur Luftaufklärung, eine Fregatte zur Seebegleitung und Flugzeuge für die Luftbetankung. Endlich sind wir erneut über die Hürden der Vernunft gesprungen und machen mit – mit bei einem Krieg, der vor allem eins zu seiner Vollkommenheit braucht - mehr Kriegsparteien. Das wurde ja auch langsam zu übersichtlich. Da muss man auch mal ehrlich sein.
Die Kultusministerkonferenz überlegt schon nächstes Jahr für die erste Klasse bereits den Syrienkonflikt in den Lehrplan zu nehmen – so einfach ist das. Noch VOR den Buchstaben soll das unterrichtet werden.
Nehmen wir allein die paar Kriegsparteien. Hmm? Die werden Sie doch auch kennen. Sind doch fix gelernt. Da hätten wir: die USA, die Türkei, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Katar, Bahrain, Jordanien und die syrische Armee. Na gut, das sind nur die staatlichen Akteure - und vermutlich nicht mal alle.

Zwei, drei ... - hundert Milizen

Dazu kommen noch bis zu 300 verschiedene Milizen, die mal miteinander für oder gegen Assad, für oder gegen den IS kämpfen oder sich halt alternativ untereinander zerfleischen. Manchmal glaube ich, die wissen das selber nicht mehr so genau. Al-Nusrah, Hisbollah, Al-Qaida (die gibt’s auch noch!), die freie syrische Armee, Ahrah al scham, die PKK, Peschmerga und natürlich der so called Islamische Staat.
Das aus den aberdutzenden Konfliktparteien entsprechend auch astronomische Interessensdisparitäten und -konflikte entstehen, die eine von allen Seiten aufs gleiche Ziel gerichtete Kriegsführung faktisch nicht ermöglichen, sei hier nur am Rande erwähnt.
Und jetzt sind wir auch dabei. Toll!

Analogie: Feuerwehr und Molotowcocktails

Und alle präsentieren sich in Sonntagsreden als Feuerwehr. Feinbrav bereit, das urplötzlich ausgebrochene Feuer des Krieges zu löschen. Und dieses vermittelte Bild ist keine Lüge. Wir könnten Feuerwehr sein. Zurzeit sind wir jedoch erstens eine miese und zweitens eine verlogene, weil wir unsere anderen Unternehmensbereiche zwar nicht verschweigen – jedoch auch weit davon entfernt sind, sie in die Mitte der tagespolitischen Debatte zu setzen. Denn wissen Sie was wir noch sind? Hersteller von „Molotowcocktails“ – viele davon.
Das ist gut. Erst verdienen wir am Verkauf. Und dann meist nochmal an unserer wohlwollenden Hilfe nach Einsatz unseres hochwertigen Produktes.

Eine naive Frage

Jederman sakralisiert die Taten unserer politischen Feuerwehr, wohlwissend, dass sie gut ankommen. Die Machenschaften des Clubs saualter Unterbelichteter - kurz CSU (ups!) - der gerne eben jene Brandsätze in alle Welt verkauft, wird von den Medien zwar thematisiert, jedoch nicht gesellschaftsbedeutsam skandalisiert.
Um den stupiden Vergleich aufzulösen, möchte ich abschließend eine Frage stellen: Sind es die Steuereinnahmen und Arbeitsplätze, die Rüstungsfirmen akkumulieren, wirklich wert, dass sie weiter existieren?

Der Teufel lässt die Hölle nicht erlöschen.

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Geschrieben von

Steven Hartig

Freier Journalist und Autor

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