1993 Der Westen glaubte: Dächer gut alles gut

Illusion des Westens Raststätte Erfurt 1993 - Mitleserin der Wochenpost.Ihr damaliger Ewigkeits-Satz : Ihr Westler glaubt: Dächer gut -. alles gut! Ihr werdet euch noch heftig wundern!!!

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31.März 1993 unterwegs von Heidelberg nach Potsdam. Ohne den Artikel von Regine Sylvester vom 1.Mai 1992 in der Wochenpost wäre ich jetzt nicht auf dem Weg in den Osten. Ohne das Wahnsinnsplakat der Wochenpost in der Halle des Heidelberger Hauptbahnhofs - ca. 2 X 5 m - hätte ich den Artikel in der Wochenpost überhaupt nicht zu Gesicht bekommen. Durch die dann folgende kontinuierliche Lektüre der WochenPost und die damit verbundene Kontaktaufnahme zu einigen LeserInnen hatte ich mich bis zur Arbeitsaufnahme in Potsdam ein wenig in den Osten eingefühlt.
Es folgten 10 Jahre mit 300.000km Autofahrten durch Brandenburg - insbesondere zu 20 Städten mit über 10.000 Einwohnern, unzählige Gespräche mit BürgermeisterInnen, BaudezernentenInnen, Ratssitzungen usw. Ich habe oft Freunde aus Berlin und auch aus Heidelberg auf den Fahrten zu den Ratssitzungen mitgenommen. Besonders die Freunde aus Heidelberg konnten es meist nicht fassen, was sie da erlebten.
Und das hatte sehr viel mit der - auch noch heutigen - westdeutschen Wahrnehmung der politischen Parteien im Osten zu tun. Dazu gibt es inzwischen ausreichend Literatur - die Wahrnehmung des Ostens in westdeutschen Medien etc.

Eingebetteter Medieninhalt

Am interessantesten waren die Momente, wenn ein Ost-CDUler oder ein Ost-FDPler ans Rednerpult trat. In praktisch 100% der Fälle hielten die Westler diese Damen und Herren für waschechte Alt-SED-Genossen gehalten. Gestik, Tonfall usw. Und die realen SEDler, heute LINKE, hielten sie für CDUler. So ging es mir anfangs jedenfalls auch. Ich kannte aus 10 jähriger Mitgliedschaft in der CDU-Westdeutschlands das West-Biotop der CDU. Und das hatte absolut nichts mit der CDU und FDP des Ostens zu tun. Durch die vielen Arbeitskontakte wurde diese Wahrnehmung noch verfestigt.
Und hier liegt der fundamentale Fehler der Wahrnehmung, wenn man jetzt in den letzten Tagen und Wochen in den Westmedien von der CDU Thüringens spricht. Da hat der Dortmunder CDU-Mann komplett andere Vorstellungen im Kopf als die CDU-Frau aus Weimar. Und ich kann mir so richtig vorstellen, was in den Erfurter CDU-Genossen so gefühlsmäßig abgeht, wenn Frau AKK aus Berlin kommt.
Ich bemerke gerade, dass ich hier ein so ziemlich durcheinander gewürfeltes Zeug schreibe. Aber extrem weit von der Realität ist es nicht entfernt.
Ich halte es für in Größenordnungen fehlerhaft, dass die CDU-AKK keine/n Generalsekretär/in aus Ostdeutschland hat. Das gilt in gleichem Maße für die SPD.
Was die Wahrnehmung des Ostens durch den Westen noch dramatischer verfälscht, ist, dass - und das 30 Jahre nach dem Mauerfall - fast immer noch westdeutsche Journalisten/innen aus dem Osten berichten. Bestes Beispiel ist der unsägliche Spezialist aus Dresden - Patzelt, der ewige Osten-Versteher aus Passau. Man erhält den Eindruck, es gäbe nur einen Politikprofessor im Osten. Und wenn Patzelt krank ist, spricht sein Kollege Vorländer/Dresden - aus Bonn importiert.
Warum habe ich das hier geschrieben? - Die unsägliche, katastrophale Situation in Thüringen ist aufgrund der extrem inkompetenten Vermittlung durch die Medien kaum zu verstehen. Die meisten Medien haben inzwischen z.b. das Gleichsetzen von rechts und links von AFD, CDU-Ost und FDP-Ost übernommen. Vor wenigen Tagen konnte man erleben, wie Sandra Schulz vom Deutschlandfunk den CDU-Schipanski extrem nervte und in Erklärungsnot brachte mit der Aufforderung, zu erklären, was denn da zwischen AFD und "Der LINKEN" gleich sein soll

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Geschrieben von

SiebzehnterJuni

MenschenSchutz statt HeimatSchutzChemiker und Organist

SiebzehnterJuni

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