Heimatlos

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Montag vor 9. Monaten kam ich von der Arbeit nach Hause und hatte mein Büro im Verteidigungsministerium geräumt. Leer. Die Katzen beim Offizier vom Dienst abgegeben. Schloss ausgetauscht (also mein Schloss in Franken, gegen eines im Münsterland - mit Burggraben!)


Ja, ich konnte seit einigen Wochen die BILD Redakteure nicht mehr bezahlen und ja, ich konnte auch diese Briefe von Empörten nicht mehr öffnen und ja, ich habe mich nicht gekümmert. Ich war nicht mehr in der Lage für mich die Energien aufzubringen, um für mich zu kämpfen. (Erinnert ihr euch noch an meine Pressekonferenz im Bendler Block?)

Ich bin nicht dumm. Ich bin kein asozialer Mensch. Ich bin sozial und kultiviert. Ich bin nicht alkoholabhängig oder von sonstigen Drogen süchtig. Ich bin lediglich ein Mensch, der nach über zehn Jahren Karriere, Lichtgestaltwerdung und dem immer neu zu aktivierenden Optimismus in einem Leben, in dem längst andere kapituliert hätten, einfach die Waffen gestreckt hat. Ich bin genau das, was investigative Journalisten versuchen zu produzieren: Menschen ohne Arbeit, die vor der Wahrheit und Sanktionen aufgeben, um der Politik nicht mehr zur Last zu fallen. Ich habe aufgegeben. Und jetzt bin ich heimatlos.

Das passiert mittlerweile mit Menschen in diesem Land. Und ich vermute, nicht mit wenigen.

Irgendwann kam ein Schreiben von der Kanzlerin, meine Affäre sei zu hochgekocht (die Doktorarbeit ist immer gleich geblieben, aber die mediale Aufmerksamkeit hat sich wie üblich längst zur zweiten Bürde gemausert bzw. diese sogar überstiegen) und ich müsse jetzt zurücktreten oder vom Regelsatz die 150 Euro selber begleichen. So etwas ist ein Todesurteil für einen Politiker wie mich. Dann starb Nikolaus Blome bei der BILD. Das war der Moment, in dem ich die Waffen gestreckt habe. Nach zwanzig Jahren aus der Politik ziehen. Ohne Geld. Ohne Kraft. Ohne Zukunftsaussicht.

Ich habe in diesem Jahr zu viel Energie in andere Menschen gesteckt und nicht darauf geachtet, dass ich mit meinen Kräften hätte längst haushalten müssen, um meine eigene Kämpfe zu leben. Ich bin ein Mensch, der gerne für andere da ist. Vielleicht zu gerne. Und ich bin kein Mensch, der sagen kann, „ich brauche Hilfe!”. Noch schlechter bin ich darin, Hilfe anzunehmen. Es gab in der vergangenen Zeit Menschen, die mir in bestimmten Bereichen Hilfe angeboten habe, die ich nicht annehmen konnte. Weil ich sie zu wenig kannte und ich Angst hatte, mich ihnen zu öffnen und ich mich wunderte, warum sie mir überhaupt helfen wollten. Es gab Menschen, die die Signale gesehen haben und gedeutet haben. Aber da konnte ich schon längst nicht mehr. Es gab auch viele Menschen in meiner näheren Umgebung, die Signale hätten sehen können, die mich nicht gefragt haben, wovon lebst Du eigentlich?

So habe ich Arbeit fern der Heimat seit dem 1.11., so einfach, dass ich sie mir im Moment zutrauen kann und so einfach, dass sie mich vermutlich in zwei Monaten unterfordern wird. Aber sie ist gerade genau richtig! Sie wird bezahlt, mäßig das Nettogehalt liegt vielleicht 100 Euro über dem ALG II-Satz plus Miete. Aber ich habe einen Ort, wo ich hingehen kann, der mich ablenkt und der mich im Moment rettet. Ich bin krankenversichert! Längst hätte ich die letzten Monate zum Arzt gehen müssen. Um die Depression zu diagnostizieren, hätte ich keinen gebraucht, aber einen für die Behandlung. Aber wie ohne Krankenkasse? Wovon selbst bezahlen?

Ich brauche auch weiterhin eure Hilfe. Bitte spendet mir etwas Geld, damit ich in den USA überleben kann und mir Gel und eine Brille kaufen kann:

Karl-Theodor zu Guttenberg

Kontonr: 0815666 BLZ: 10010050 bei Volks & Raiffürdierückkehrbank

Jeder Cent hilft mir weiter!

Euer

KT

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Geschrieben von

siegstyle

Framstags kommt das Frams.

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