Menschen, Tiere, Innovationen

Wetten dass...? und Markus Lanz als Samstag-Abend Entertainer wider Willen sind fast schon Geschichte. Als Lame Duck des beinahe ausgetretenen TV-Lagerfeuers, darf er durch die letzten drei Sendungen – nun ja – führen und den Show-Dino abwickeln. Das ZDF kündigte derweil sicherheitshalber an, dass man nun an innovativen Show-Konzepten für den Samstag-Abend arbeiten würde. Da darf man wirklich gespannt sein, denn gerade in den letzten Monaten hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine ganze gebührenfinanzierte Innovations-Kraft bewiesen und Fernseh-Zombies aus den guten alten Tagen des TVs zum Leben erweckt.

Mit „Das ist spitze“ wurde die alte Spiel-Show „Dalli-Dalli“ von Hans Rosenthal durch die ARD wieder in die Wohnzimmer der Menschen gebracht. Ob das nun spitze ist, mag dahingestellt sein, doch um dem ganzen noch eine Spitze aufzusetzen durfte Jörg Pilawa dem Tyranno Saurus Rex der Samstagabendunterhaltung „Einer wird gewinnen“ neues Leben einhauchen. Oder vielleicht auch nicht, denn die Sendung versendete sich blutleer und spaßbefreit. Und auch das ZDF packte seine geballte Lust an neuen Konzepten in ein Revival von Rudi Carrells „Lass dich überraschen“ unter dem Namen „Die Überraschungs-Show“, moderiert von der neuen Allzweckwaffe Michelle Hunziker.

Wir sehen: mit Innovationen und Shows kennen sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten bestens aus. Daher dürfen wir gespannt sein, welche neuen Shows auf uns warten. Ich persönlich würde mich über eine moderne Adaption von „4 gegen Willi“ wirklich sehr freuen. Aber im Ernst: Wer erwartet von ARD und ZDF wirklich Neues? Die meisten sicherlich nicht, sitzen doch in den entscheidenden Positionen eher Redakteure, die Quoten-Angst haben und daher nicht den nötigen Mut mitbringen. Daher wärmt man lieber früher erfolgreiche Konzepte auf – leider ohne richtiges Konzept, wie man frühere Klassiker für die moderne Welt adaptiert. So dümpelte die Überraschungs-Show überraschnungslos vor sich hin. Michelle Hunziker kumpelte jeden Gast gnadenlos an und hatte bei aller Gefühlsseligkeit nie die ironische Distanz eines Rudi Carrell, der alles damit ein wenig erträglicher machte.

Viel schlimmer wiegt jedoch, dass nun auch die frühere Innovations-Zelle ZDFneo den gleichen Fehler begeht, wie der Mutter-Konzern. So starte nun die Talk-Show „Kuttner plus Zwei“ auf dem Digitalsender des Zweiten Deutschen Fernsehens. Die innovative Idee: Zwei Gäste kommen nach Hause zur Moderatorin und unterhalten sich in einer privaten Atmosphäre über dies und das. Jetzt kann man einwerfen, dass unsere Fernsehlandschaft nicht unbedingt noch eine Gesprächssendung braucht, in der Musiker ihre Platten, Schauspieler ihre Filme und Schriftsteller ihre Bücher promoten (ob nun im privaten Setting oder in einem Studio). Auch könnte man sagen, dass Kuttner eher eine Innovationsbremse ist, denn gefühlt ist sie im TV schon so lange wie Pilawa, Pflaume oder Hunziker. Sie ist sattsam bekannt und man fragt sich, warum es selbst bei einem Experimente-Sender keine Experimente mehr gibt, sei es beim Konzept oder bei den Moderatoren. Da wünscht man sich fast eine Überraschungs-Show, bei der ein Nachwuchs-Moderator überrascht wird mit den Worten: du darfst eine neue Sendung moderieren.

So macht auch ZDFneo beim „Keine Experimente“-Dogma der öffentlich-rechtlichen mit: man nehme ein bewährtes Talk-Konzept und besetze es mit einem Gesicht, von dem man weiß, was man bekommt. Fertig ist die sogenannte neue Show „Kuttner plus Zwei“. Wenn man sich das so anschaut, darf man sich also wirklich auf die Innovationen freuen, die aus dem Think Tank ZDF kommen werden. Warum nicht wieder „Am laufenden Band“ bringen? Da könnten ja heute iPads, Smart-TVs und intelligente Kühlschränke an dem Gewinner vorbeifahren – solche Geräte gab es vor 40 Jahren noch nicht. Wirkt also richtig innovativ.