Was bisher geschah
Das neue Corona-Virus SARS-CoV-2 hat sich Ende 2019 in China auf den Weg gemacht. Dort hat es in der Millionenstadt Wuhan gewütet, die ganze Stadt in Quarantäne geschickt und deren Gesundheitssystem überstrapaziert. Die Information darüber ist Ende 2019/Anfang 2020 nach Europa geschwappt. Aber China schien weit entfernt.
Ende Januar 2020 hat eine chinesische Mitarbeiterin im Rahmen einer firmeninternen Schulung im Stammhaus der Firma Webasto im Großraum München das Virus eingetragen. Dies führte innerhalb der nächsten 4 Wochen zu insgesamt 14 infizierten Personen, obwohl das Stammhaus sofort 14 Tage in Quarantäne versetzt wurde. Allerdings waren die Krankheitsverläufe leicht, so dass alle Infizierten nach zwei Wochen wieder gesund die Krankenhäuser verlassen konnten. Die beteiligten Mediziner haben erste wertvolle Erkenntnisse über das Virus und mögliche Therapien gewonnen. Das zur wissenschaftlichen Begleitung einbezogene Team der Charitè um den Virologen Prof. Christian Drosten hat die erste Sequenzierung des Corona-Genoms durchgeführt und einen PCR-Test zum Nachweis einer Infektion entwickelt.
Ansonsten hat das Thema in Deutschland zunächst kein weiteres Aufsehen erzeugt.
Medien, Politik und Bevölkerung wurden durch drei nachfolgende Ereignisse aufgeschreckt:
Dass, trotz der späteren martialischen Auftritte von Kanzler Kurz, die österreichischen Behörden und Tourismusbranche diesen Ausbruch viel zu lange unter der Decke gehalten haben, hat nicht nur das Virus europaweit verstreut, sondern auch das Vertrauen in die österreichische Tourismus-Branche nachhaltig beschädigt.
In Anbetracht der exponentiellen Ausbreitung der Pandemie seit Ende Februar 2020 in Deutschland wurden in mehreren Stufen ab Ende Februar Lockdown- und Hygienemaßnahmen - keine Großveranstaltungen, Grenzschließungen, Schul/Kita-Schließungen, Restaurant/Geschäftsschließungen, Theater/Kinoschließungen etc. - unter Führung der Kanzlerin und ihrer verantwortlichen Bundesminister in Absprache mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer zur Eindämmung der Pandemie beschlossen. Manche meinen - zu spät, nachdem auch Deutschland, anders als vom Bundesgesundheitsminister noch Anfang März 2020 verkündet, offensichtlich schlecht vorbereitet war. Man denke nur an fehlende Schutzkleidung, Masken etc.
Trotz aller Unwägbarkeiten und Fehleinschätzungen und obwohl uns die Pandemie kalt erwischt hatte, war die Wirkung der Maßnahmen - insbesondere auch im internationalen Vergleich - sehr erfolgreich. Deutschland hatte bald wieder die Kontrolle über die Pandemie zurückgewonnen!
Auch dass bei den staatlichen Hilfsmaßnahmen von Anfang an nicht gekleckert, sondern geklotzt wurde und rd. 12 Billionen Euro an Hilfsgeldern für die Wirtschaft bereitgestellt wurden, hat seine Wirkung nicht verfehlt, wenngleich einige Bereiche wie z.B. die Kultur schon damals stiefmütterlich behandelt wurden.
Diese Phase der Pandemieentwicklung ist ausführlich in meinem ersten Zwischenbericht von Mitte März 2020 beschrieben, der insbesondere auch auf das Verhalten der maßgeblichen Politiker sowie auf Chancen und Risiken für unsere Gesellschaft eingeht (vgl. https://www.freitag.de/autoren/sigismundruestig/die-corona-krise ).
II. Von der Öffnungsorgien-Diskussion bis zur Entmachtung der Kanzlerin
Die Phase der Lockerung des Lockdowns ist Gegenstand meines zweiten Zwischenberichts von Ende Mai 2020 (vgl. https://www.freitag.de/autoren/sigismundruestig/die-corona-krise-1 ).
Haben sich in der ersten Phase einzelne Ministerpräsidenten noch dadurch zu profilieren versucht, wer wohl als erster notwendige Maßnahmen verkündet, ging es in der zweiten Phase vorwiegend darum, wer als erster welche Lockerungen in Aussicht stellt. Zunehmend ist es der Kanzlerin nicht mehr gelungen, die Steuerung der Pandemie in der Hand zu behalten.
Nach der von Kanzlerin Merkel so benannten Öffnungs-Orgien-Diskussion unter den Ministerpräsidenten wurde am 6.5.2020 unter der Moderation von Merkel der Beschluss gefasst, die Ministerpräsidenten ihre Öffnungs-Phantasien ausleben zu lassen. Schlimmer noch: Die Steuerung der Pandemie, die bis dato von der Bundesregierung zusammen mit den Ministerpräsidenten, beraten von einem exclusiven Kreis einschlägiger Wissenschaftler, durchgeführt wurde, wurde nun auf Landräte verlagert! Also von Berlin in die Provinzen von Thirschenreut, Greiz, Coesfeld etc. "Wenn das nur mal gut geht", dachte ich mir! Und es ging schlecht! So schlecht, dass dieses Vorgehen nach den Sommerferien direkt in eine zweite Welle mündete.
Anstelle eines geordneten, besonnenen Vorgehens waren jetzt noch mehr Unordnung, Widersprüchlichkeiten, Absurditäten, Flickenteppich, Durcheinander und Kleinstaaterei angesagt. Vereinbarungen zur Nachverfolgung in den Gesundheitsämtern und deren notwendiger Kapazitätsaufstockung, zur Verantwortung für die Kontrolle von Infizierten, zu Warnwerten und damit verbundenen Maßnahmen (Corona-Notbremse) etc. wurden damals zwar großspurig verkündet, aber entweder gar nicht oder nur halbherzig umgesetzt.
Aus der Sicht der Bevölkerung mag das ein bedrohliches Signal gewesen sein. Zu Viele machten ab jetzt, was sie wollten und wann sie es wollten! War damit die bisher vorbildliche Hygiene-Disziplin dahin? Es sah ganz danach aus!
Eine der ersten Anti-Corona-Maßnahmen war die Schließung von Kitas und Schulen. Völlig unvorbereitet standen plötzlich die Eltern vor der Herausforderung, ihre KiTa-, Kindergarten- und Schulkinder zu Hause nicht nur zu betreuen, sondern auch noch - mehr schlecht als recht - zu beschulen. Und wer glaubte, dass nach den Osterferien die wichtigsten Hausaufgaben in diesen Bereichen erledigt gewesen wären, um Schulen und KiTas wieder in einen Normalbetrieb zu überführen, wurde bitter enttäuscht. Während einzelne Politiker wie z.B. der bayerische Ministerpräsident Söder sich einerseits dafür einsetzten, wieder Bundesliga-Fußballspiele mit Zuschauern zu erlauben, war sein Versprechen an die Kinder, sie könnten vor dem Sommer noch einmal ihre Kitas, Kindergärten bzw. Schulen sehen. Ansonsten wurden sie mit nichtssagenden Stufenplänen vertröstet. Immerhin hätten die Kinder - Satire an - in den Bundesliga-Stadien Fußballspiele besuchen können - Satire aus!
Die ultimative Anti-Corona-Maßnahme sollte die Entwicklung einer Corona-Warn-App werden. Diese Wunderwaffe sollte gemäß Bundes-Gesundheitsminister Spahn wesentlich mithelfen, eine zweite Welle zu verhindern. Dementsprechend sollte sie noch vor Ostern funktionsfähig bereitstehen. Tatsächlich stand sie aber erst ab Mitte Juni zur Verfügung. "Ein Musterbeispiel für digitalen Dilettantismus in der Regierung", habe ich dieses Projekt überschrieben: wurde doch praktisch kein Fehler ausgelassen, den man bei einem Projekt dieser Tragweite begehen kann.
Die Phase des Lockdowns und seiner anschließenden Lockerung erlaubte aber auch schon, Corona als Brennglas für Probleme in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu erkennen.
Politische Versäumnisse in der Vergangenheit wurden plötzlich sichtbar, aber auch operative Hektik bei der Pandemie-Bekämpfung, Widerstände in der Gesellschaft durch Rechtsfaschisten, Verschwörungs-Erzähler und Corona-Zweifler sowie erste Überlegungen zum Übergang von der Ante-Corona-Zeit zur Post-Corona-Zeit.
So weit meine bisherigen Zwischenberichte. Diese sollen aus meiner persönlichen, subjektiven Sicht die Pandemieentwicklung sowie die getroffenen Entscheidungen zur Pandemiesteuerung dokumentieren.
Auf in die zweite Welle
I. Was der Sommer uns brachte?
Überraschung im Wellenbrecher-Herbst!
Mein dritter Zwischenbericht handelt von der Zeit zwischen Juni 2020, als die täglichen Inzidenzwerte mit rd. 300 Neuansteckungen pro Tag ein Minimum erreicht hatten, bis zur Ausrufung eines zweiten bundesweiten Lockdowns Anfang November 2020, als die täglichen Neuansteckungen ein neues Maximum von rd. 20.000 erreichten. Natürlich hatte das auch damit etwas zu tun, wie die Politik versuchte, die Pandemie-Entwicklung zu steuern, was dabei gelang und was dabei auf der Strecke blieb.
Hätte man sich doch besser im Sommer mit den Themen beschäftigt, deren Versäumnisse im Nachhinein große Probleme bereiten sollten:
- Behandlung der Urlaubsrückkehrer,
- PCR-Testkonzept (einschließlich Klärung der Bestimmung der Infektiösität),
- Schnelltests für Jedermann,
- Ertüchtigung des Schulbetriebs im Sinne eines sicheren Präsenzunterrichts nach den Sommerferien,
- Schutzkonzepte für vulnerable Bevölkerungsgruppen,
- sachgerechte Ausstattung der Gesundheitsämter insbesondere zur Gewährleistung einer schnellen Kontaktverfolgung sowie eines lückenlosen Quarantäne- und Isolations-Managements.
Hat man aber nicht!
Diese fundamentalen Versäumnisse hatten auch etwas damit zu tun, dass Anfang Mai die Ministerpräsidenten der Länder der Kanzlerin die Steuerung der Pandemie wieder aus der Hand geschlagen haben und damit die Corona-Kleinstaaterei den Blick auf die wirklich wichtigen und entscheidenden Themen verstellte.
Gewissermaßen als Leitplanke für den Dezentralisierungsbeschluss wurde als „gemeinsames Vorgehen“ den erstaunten Zuschauern ein „Schwellwert“ verkauft, ab dessen Erreichen bzw. Überschreiten die Gesundheitsämter in eigener Verantwortung Maßnahmen zur erneuten Eindämmung der Pandemie ergreifen sollten. Dieser Schwellwert wurde bei 50 Neuinfektionen (= Hotspot, rot) innerhalb der letzten 7 Tage - die sog. 7-Tage-Inzidenz - angesetzt. Er sollte sich an der Kapazität der Gesundheitsämter orientieren, die diese zur Nachverfolgung der Infektionen benötigten. Dazu haben die Bundesländer sich verpflichtet, ihre Gesundheitsämter personalmäßig entsprechend aufzustocken.
Manche Bundesländer führten darüberhinaus eine Vorwarnstufe (gelb) bei 30-35 Fällen und später eine „dunkelrote Warnstufe“ bei 100 ein. Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte diese Beschlüsse noch mit dem Hinweis veredelt, dass damit jetzt auch eine Notbremse vorhanden sei - was auch immer er damit wohl gemeint haben mag..
Gerne erinnere ich an meinen damaligen kritischen Hinweis:
Der „rote Alarm“ wird erst ausgelöst bei hochgerechnet über 40.000 Neuinfektionen pro Woche bzw. knapp 6.000 pro Tag für ganz Deutschland! Das entsprach dem seinerzeitigen Höchstwert. "Wenn das nur mal gut geht! Wer sich da wohl verrechnet hat?„, dachte ich mir.
Und tatsächlich ist man dann im Herbst erst aufgewacht, als die Neuinfektionen bereits doppelt so hoch lagen wie im Frühjahr und die Bundeskanzlerin Ende September 19.200 Neuinfektionen für Weihnachten prognostizierte. Warum das scheinbar unbemerkt geschehen konnte, warum die angebliche Corona-Notbremse gar nicht gebremst hat, das war letztlich die Konsequenz aus den untauglichen Beschlüssen vom 6. Mai 2020.
Das Versagen kam bereits beim Tönnies-Ausbruch in Gütersloh in der zweiten Juni-Hälfte zum Vorschein (1500 Infizierte). Die lautstark - am 6. Mai - verkündete Corona-Notbremse ist eher zum Corona-Gaspedal mutiert. Und nicht nur in Gütersloh haben sich in der Folge die lokalen Gesundheitsämter als überfordert herausgestellt.
Zwar hat man am Sommeranfang - in Anbetracht der niedrigen Inzidenzwerte - schnell die Türen für umfassende Urlaubsmöglichkeiten innerhalb Europas geöffnet. Idealtypisch hatte man ein vorbildliches Pandemieverhalten (= Einhaltung der Hygieneregeln) wie zuhause unterstellt. Augen zu und durch, war also die Devise.
Gänzlich chaotisch, vielstimmig und viel zu spät hat man allerdings während der Rückkehr der Sommerurlauber aus Risikogebieten gegen Ende der Sommerferien plötzlich erkannt, dass ein ausgefeiltes und durchdachtes Testkonzept zielführend gewesen wäre, was insbesondere in Bayern in ein folgenreiches, unverantwortliches Chaos führte als man das Versäumte quasi über Nacht nachholen wollte. Das Chaos war vollständig, als hektisch dieses - offensichtlich nicht zu Ende gedachte - Testkonzept (Massentests für alle bzw. für alle Urlaubsrückkehrer) wieder über den Haufen geworfen wurde. Zurück auf Los, war mein Eindruck, als sich herausstellte, dass die Testkapazitäten ausgereizt waren - wie zu Beginn der Corona-Pandemie mit der nicht vorhandenen Schutzausrüstung. Nachdem man auch jetzt wieder hinterherhinkte, wollte man wenigstens rechtzeitig zu den Herbstferien die versäumten Hausaufgaben nachgeholt haben, was allerdings auch wieder nicht gelang!
Es ist keine Frage, dass die Urlaubsrückkehrer flächendeckend neue Infektionen eingetragen haben.
Offensichtlich wurde die Nervosität angesichts der wieder stark ansteigenden Fallzahlen zum Ende der Sommerferien wieder so groß, dass noch im August plötzlich der erneute Ruf nach bundesweiten, möglichst einheitlichen Maßnahmen laut wurde. Was in der wieder aufgelebten Ministerkonferenz mit der Bundesregierung am 27.8.2020 aber beschlossen wurde, war blamabel: die Rivalitäten und Egomanien unter den Ministerpräsidenten haben sich tendenziell eher verstärkt, die Lösungen blieben weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück. Es blieb bei der Corona-Kleinstaaterei. Dies u.a. damit zu begründen, dass einzelne Bundesländer zu einzelnen Punkten zwischenzeitlich schon landesspezifische Lösungen etabliert hätten, ist schon grotesk: zeigt es doch auf, dass schon der seinerzeitige Beschluss zur Dezentralisierung der Pandemiesteuerung offensichtlich grottenfalsch war. "Unverantwortlich! Wehe uns vor den nächsten Herbst- und Wintermonaten", dachte ich mir.
Noch im September wurden dann immerhin die bereits im März/April erfolgreich eingeführten AHA-Regeln bundesweit um C (für Corona-Warn-App) und L (für Lüften) erweitert.
Im September hatte Bundesgesundheitsminister Spahn den Wieder-Anstieg der Infektionszahlen zunächst - elegant? - auf eine vermehrte Testung - u.a. der Urlaubsrückkehrer - schieben wollen und das Pandemiegeschehen als unbedenklich und beherrschbar beurteilt, bevor er dann selbst ab Mitte Oktober einen positiven Corona-Test „auskurieren“ mußte.
Inzwischen hatten einige Bundesländer Beherbergungsverbote für Inlands-Touristen aus - mittlerweile aufgetauchten - Hotspot-Landkreisen erlassen, eine Maßnahme, die eigentlich die Untauglichkeit des Dezentralisierungsbeschlusses von Mai 2020 unterstrich. Der Versuch, hierfür Anfang Oktober eine bundesweite Regelung hinzubekommen, schlug fehl. Gerichte haben schließlich wieder für die Beendigung dieses Irrweges gesorgt.
Mittlerweile wurden in Anbetracht des stark ansteigenden Infektionsgeschehens in den umliegenden europäischen Ländern Forderungen lauter, sich endlich auf bundesweit einheitliche Regeln für „das Inkrafttreten von Vorsorgemaßnahmen und deren konsequentere Um- und Durchsetzung“ zu einigen (vgl. u.a. die Ad-hoc-Stellungnahme der Leopoldina vom 23. September 2020).
Einen ersten Versuch unternahmen die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin am 14.10.2020. Das Ergebnis war eine Nullnummer, die am besten durch folgendes Zitat charakterisiert werden kann: „Nach einer zähen Sitzung läßt Merkel ausrichten, dass die Kompromisse der Ministerpräsidenten wenig taugen". Ihr Kanzleramtschef Helge Braun ruft die Menschen sogar auf, "vorsichtiger zu sein als die Länder es verlangen.“
Folglich haben sich alle Beteiligten, wie übrigens von der Kanzlerin vorausgesagt, 14 Tage später am 28.10.2020, in Anbetracht der nun für alle in allen Bundesländern sichtbaren „Explosion“ der Fallzahlen wieder getroffen und sich einvernehmlich auf einen vierwöchigen zweiten Lockdown (light) verständigt, der übrigens auch als „Wellenbrecher“ in Analogie zu Erfahrungen aus Groß-Britannien und Japan bezeichnet wurde. Anders als beim ersten Lockdown wurden Schulen, KiTas und Geschäfte offen gehalten. Für die besonders betroffenen Gastro-/Freizeit-/Kultur-Branchen wurden diesmal noch weitergehende Entschädigungen in Aussicht gestellt.
Nach zwei Wochen, also Mitte November, wurde eine Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen in Aussicht gestellt. Aber wie und auf welcher Datenbasis wollte man das durchführen, wo doch bis Anfang November bei den Tests ein Melde-Rückstand von 100.000 Tests in überlasteten Laboren und Gesundheitsämtern aufgelaufen war?
Problematisch an diesen Lockdown-Maßnahmen erscheinen drei Aspekte:
- Erstens ist die Akzeptanz der neuen Maßnahmen schwierig zu erreichen, nachdem u.a. - insbesondere im Gastro- und im Kulturbereich - viel Geld und Aufwand in - offensichtlich vielfach funktionierende, aber aus Sicht der Verantwortlichen zuwenig gewürdigte Hygienekonzepte investiert wurde.
- Zweitens haben sich von den bisher federführenden Virologen/Epidemiologen/etc. dediziert zwei gegen diese Wellenbrecherstrategie ausgesprochen, ohne allerdings überzeugende, kurzfristig wirksame Alternativen vorzuschlagen. Die bisherige grundsätzliche Einigkeit bei den Anti-Corona-Maßnahmen war damit aufgekündigt. Es lamentierten auch einige Ärzteorganisationen. Ob das auch in der Zivilgesellschaft zu weiteren Spaltungen führen würde, war eine offene Frage.
- Drittens ist die große Unbekannte die Frage, inwieweit die zunehmend winterlichen Bedingungen die Verbreitung des Virus stärker anheizen, als die Maßnahmen zu bremsen vermögen.
Und es ist unbestritten: Hätte man die zweite Welle zunächst nicht übersehen und 2-3 Wochen früher reagiert, eine unbeschwertere Advents- und Weihnachtszeit wäre uns sicher gewesen!
Hier endet im zeitlichen Verlauf mein dritter Zwischenbericht.
In der Folge werde ich in größerem Detail einige besonders hervorstechende Themen ausleuchten.
II. Was ist denn konkret im Sommer passiert?
Die Virologen.
Der Virologe Prof. Christian Drosten hatte Anfang August in der ZEIT seinen klugen Diskussions-Beitrag „Ein Plan für den Herbst“ veröffentlicht. Warum dieser Plan offensichtlich nicht aufgegriffen wurde, erschloss sich mir nicht, zumal keine anderen Pläne auf dem Tisch lagen. Schon gar nicht für die vorhersehbare katastrophale Überlastung der Gesundheitsämter.
Andere Virologen haben sich die „stade“ Zeit im Sommer mit der - offensichtlich wichtigen - Frage vertrieben, wann denn eine zweite Welle zu erwarten sei, ob überhaupt mit einer zweiten Welle zu rechnen sei, ob es sich überhaupt um eine Welle handelte oder gar um eine Dauerwelle.
Ein ähnliches Schauspiel konnten wir verfolgen, als einzelne Virologen und zunehmend viele Politiker eine Corona-Ampel forderten mit Inhalten, die längst in der Corona-Praxis eingeübt waren - übrigens basierend auf Werten, die auch längst in den RKI-Dashboards sauber aufbereitet zu finden waren. Doch alle diese verschiedenen Ampel-Konstrukte hätten Ende Oktober doch nichts anderes angezeigt, als eine fast flächendeckende Rot- bzw. Dunkelrot-Färbung!
Man könnte das Thema fortsetzen mit der Forderung nach einem Strategiewechsel, die letztlich durch die Pandemieentwicklung überholt wurde umd zudem beliebig unspezifisch blieb.
Ach, jetzt hätte ich ja fast noch einen Virologen vergessen, der sich augenscheinlich für den wichtigsten, besten, aber dennoch am wenigsten beachteten hält. Nein, nicht weil er nichts wissenschaftlich Relevantes veröffentlicht, sondern weil die Politik nicht seinen Rat sucht. Dabei vergeht fast keine Woche, in der er nicht mit kreativer Flexibilität in seiner Geltungssucht darauf hinweist, welche der beschlossenen Anti-Corona-Maßnahmen eigentlich auf seine Vorschläge zurückgehen und welche die Politik - was für Pappnasen - ignoriert. Und immer wieder läßt er dabei sein Beleidigtsein durchscheinen. Er scheut sich nicht, Meinungen zu vertreten und Stimmungen zu befeuern oder zu machen. Da läßt er auch seine Virologen-Kollegen nicht aus.
Ja, auch Virologen sind nur Menschen.
Das vielstimmige Konzert von Verbänden und Netzwerken aus dem medizinischen Bereich.
Da ist schon aufgefallen, dass einzelne Funktionäre der Ärzte wie z.B. der Welt-Ärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt, der Präsident der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen, und andere noch bis in den September hinein fast keine Talkshow ausgelassen haben, um ihre Skepsis in die Öffentlichkeit zu bringen und damit diese in verantwortungsloser Weise zu verunsichern: dass die Masken nichts nützten, dass das Starren auf die Inzidenzen nur dem Alarmismus geschuldet sei, dass kein Grund zur Beunruhigung vorliege, dass Entwarnung angesagt sei.
Bemerkenswert erschien mir die von Klaus Reinhardt hergestellte Verbindung zwischen Maskenpflicht und Vermummungsverbot! Hätte er nicht so sagen müssen!
Warum diese Ärztefunktionäre hin und wieder in das Geraune von selbst ernannten Querdenkern eingestimmt und damit Bevölkerungsteile zusätzlich verunsichert haben, bleibt deren Geheimnis.
Darüberhinaus hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung zusammen mit den Virologen Prof. Hendrik Streeck und Prof. Jonas Schmidt-Chanasit Anfang September eine „Gemeinsame Position von Wissenschaft und Ärzteschaft“ vorgelegt, die im wesentlichen ein „Weiter so“ bei den AHAL-Maßnahmen vertrat und eine längerfristige Strategie zur Pandemie-Bekämpfung einforderte. Interessant war, dass, anders als publiziert, eine Reihe von Ärzteverbänden, insbesondere solche, die schon einen akuten drastischem Anstieg der Belastung des medizinischen Systems diagnostiziert hatten, sich davon distanziert haben. Ein Plan, der zumindest zur Unzeit kam, und der Prof. Streeck als sein zweiter gravierender Fehler - nach der Heinsberg-Studie - zugerechnet wurde. Immerhin hatte Prof. Streeck Anfang November bei Markus Lanz nun doch in Anbetracht der auch für ihn überraschenden exponentiellen Pandemieentwicklung den „Wellenbrecher“ auch befürwortet
Prof. Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmediziner (DIVI) erklärte am 28.10. „Wir Intensivmediziner befürchten mit großer Sorge, bei weiter steigenden Infektionszahlen die intensivmedizinische Versorgung in Deutschland bald nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten zu können!“, warnte vor einer Überlastung in 14 Tagen und prognostizierte am 3.11. : „Alle 10 Tage verdoppelt sich die Menge der Intensivpatienten!“, lehnte aber zeitgleich „empört“ eine Warnung von Prof. Drosten auf eine mögliche Überlastung der Intensivstationen als „unverantwortlich“ ab. Tatsächlich ist die Intensivbetten-Belegung nach der ersten Novemberwoche wieder auf über 3.000 gestiegen. D.h. der Höchststand der ersten Welle wurde überschritten - mit weiter wachsender Tendenz. Und Prof. Janssens hatte mittlerweile bekannt, dass ihn das schnelle exponentielle Wachstum der Pandemie doch überrascht habe.
Hätte er sich doch besser um eine bundesweite Tranzparenz der Intensivbetten und ihrer Belegung gekümmert: so entsteht, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, ein heilloses Durcheinander von verfügbaren Intensivbetten mit bzw. ohne Pflegepersonal, von Belegungen durch Corona-Patienten bzw. andere Patienten, und vieles andere mehr. Dieses Durcheinander wird auch gerne von den sogenannten Querdenkern für ihre Leugnung der Corona-Kranken benutzt.
Noch Ende Oktober hat der Hamburger KV-Chef Walter Plassmann den „Alarmismus“ von Politikern und Virologen kritisiert! Mal ganz abgesehen davon, dass er sich offenbar auch schon mal in Argumenten von selbst ernannten Querdenkern verheddert.
Interessant ist auch, dass noch Anfang September das Deutsche Netzwerk für Evidenz-basierte Medizin (DNeBM) eine Stellungnahme herausgab, in der unter der Leitfrage „Wo ist die Evidenz?“ fehlende Studien zu diversen Corona-Fragestellungen bemängelt wurden.
Im Prinzip scheint mir ein solches Fehlen bei einem neuartigen Virus normal, ja, die federführenden Wissenschaften der Virologie, der Epidemologie und weitere nehmen dies als Auftrag, Schritt für Schritt je nach Dringlichkeit fehlende Antworten auf dringliche Fragen zu erforschen. Andererseits kann die verantwortliche Politik nicht warten, bis alle offenen Fragen zweifelsfrei geklärt sind, denn das Virus wütet ja bereits in vielen Regionen der Erde. Also muß man sich bei vielen Fragen an die richtigen Antworten, so weit wie möglich, herantasten. Und bei - von den Regierungen veranlassten - einschränkenden Anti-Corona-Maßnahmen müssen in unserer Demokratie Nachweise erbracht werden: diese Maßnahmen müssen geeignet, notwendig und angemessen sein. Und sie müssen ja auch ggf. einer juristischen Prüfung standhalten.
Die Autoren dieser Stellungnahme sahen aber Vieles etwas anders.
Was aber vor allem bei der DNEbM-Stellungnahme auffällt ist einerseits der besserwisserische, manchmal polemische Ton, andererseits die Auswahl der Fragestellungen, für die „Mängelrügen“ erteilt werden.
- Da fällt schon auf, dass dies insbesondere Fragestellungen sind, die schon seit geraumer Zeit von Leuten aufgeworfen werden, die gleich auch die - unbewiesenen - Antworten im Sinne von „einfachen Lösungen“ dazu liefern zu können glauben. Dies ist umso bemerkenswerter, als das DNEbM selbst darauf hinweist, dass diese Auswahl „selektiv“ erfolgt sei. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Übrigens werden die Antworten dieser Vertreter der einfachen Lösungen mit keinem Wort thematisiert.
- Da fällt schon auf, dass der Eindruck erweckt wird, dass der Rückgang der täglichen Neuinfektionen pro Tag von über 6.000 im April auf rd. 300 im Juni gewissermaßen unabhängig von den Maßnahmen erfolgt sei, denn dafür hätte ja keine Evidenz vorgelegen (zumindest nicht bei den Autoren).- Da fällt schon auf, dass der Eindruck erweckt wird, dass Covid-19 offensichtlich solange keine Berechtigung hat, mit Macht bekämpft zu werden, solange andere bekannte Krankheiten wie z.B. Pneumonie mehr Todesfälle verursachen.
- Da fällt schon auf, dass kritisiert wird, dass Prognosen vom März 2020 z.B. über Sterblichkeit, Belastung des medizinischen Systems etc. nicht eingetreten sind, während zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Stellungnahe noch Entwarnung gepredigt wurde („Die Zeiten des exponentiellen Anstiegs der Anzahl der Erkrankten und der Todesfälle sind im deutschsprachigen Raum seit fünf Monaten vorbei„), obwohl da längst erkennbar war, dass sich die Pandemieentwicklung schon wieder in einer exponentiellen Phase, wenn auch mit anderen Randbedingungen, befunden hat. Die Kritik der mangelnden Prognosegenauigkeit fällt damit auf die Autoren dieser Studie zurück.
- Da fällt schon auf, dass selbst Anfang September noch behauptet wird, dass eine Überlastung des medizinische Systems weder stattgefunden hätte noch jetzt zu befürchten sei, so als wenn die bereits völlig überlasteten Gesundheitsämter, die schnelle Kontaktverfolgung, lückenloses Quarantäne- und Isolationsmanagement nicht mehr gewährleisten konnten, kein Bestandteil des medizinischen Systems wären.
Warum stellen sich die Autoren der DNEbM-Stellungnahme nicht mal die Frage, weshalb die Maßnahmen, die sie als zu wenig evidenzbasiert kritisieren wie z.B. das Maskentragen, in China - aber auch anderswo - seit über 20 Jahrhunderten, also nicht erst seit der Industrialisierung, eine bewährte, selbst von dortigen Querdenkern akzeptierte und erfolgreiche Praxis zur Seuchenbekämpfung sind?
Die Frage bei einer mit einer gewissen Beliebigkeit ausgestatteten Stellungnahme muß erlaubt sein: Cui Bono?
Einfacher ist diese Frage zu beantworten bei Studien, die von den jeweiligen Landesregierungen z.B. von NRW, von Baden-Württemberg oder von Sachsen in Auftrag gegeben wurden, um Lockerungen des Lockdown zu begründen. Diese Studien lieferten jeweils die bestellten Ergebnisse, ob in NRW mit der sog. Heinsberg-Studie, die - in der Erstveröffentlichung - gravierende methodische Fehler aufwies, oder in Sachsen und Baden-Württemberg, wo ein geringes Risiko für die Öffnung der Schulen attestiert wurde, obwohl aufgrund der Schließung der Schulen gar keine validen Studienvoraussetzungen vorgelegen hatten. Wen wundert es, dass diese Studien in der o.g. DNEbM-Stellungnahme unkritisch zitiert werden?
Abschließend möchte ich den Gesundheitsamtsleiter von Berlin-Reinickendorf, Herrn Schumacher, mit einem Statement von Anfang November zu Wort kommen lassen: „Mit jedem Tag wächst die Kluft zwischen den Zahlen des RKI und dem realen Infektionsgeschehen. Wir kommen nicht mehr hinterher, die gemeldeten Fälle ins System einzugeben.“ Wenn also das Pandemiegeschehen so außer Kontrolle geraten ist, wie soll dann überhaupt noch erkannt werden, ob die neuen Lockdown-Maßnahmen etwas bringen?
Prof. Melanie Brinkmann, Virologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, fasste den verpassten Sommer wie folgt zusammen: „Ich bin es leid. Wir haben den Sommer damit verschwendet, darüber zu diskutieren, wie gefährlich das Virus eigentlich ist.“
IV. Was ist denn konkret im Sommer passiert?
Die Politiker und die Medien.
Vorneweg: Die AfD möchte ich hier nicht weiter erwähnen. Sie bewegt sich derzeit auf dem Niveau der selbst ernannten Querdenker, denen ich einen eigenen Abschnitt gewidmet habe.
Anders ist es bei der FDP, die während der Ausgangsbeschränkungen die Familie mit Kind in einer Wohnumg ohne Balkon entdeckt hatte. Aber im wesentlichen hatte sie mit ihrer Anti-Regierungsposition Punkte zu machen gehofft. Insbesondere Lindner und Kubicki werden dabei nicht müde, einerseits die Pandemieentwicklung zu verharmlosen - teilweise mit Bezug auf gewisse Virologen -, andererseits Besonnenen und Weitsichtigen Alarmismus vorzuwerfen, einerseits, wie der bayerische Vorsitzende der FDP-Fraktion Hagen noch Mitte November im bayerischen Fernsehen steigende Zahlen von Corona-Infektionen, von durch Corona-Patienten belegten Intensivbetten, von Corona-Toten in der Sprache der Corona-Leugner zu verharmlosen, andererseits der Regierung Versäumnisse in der Pandemiebekämpfung vorzuwerfen, einerseits Maßnahmen - quasi vor dem geistigen Auge eines hohen Gerichtes - als unverhältnismäßig, nicht erforderlich bzw. ungeeignet zu diskreditieren, andererseits das - offensichtlich gescheiterte - schwedische Modell als nachahmenswertes Erfolgsmodell zu propagieren. Für eine reale Bewältigung der Pandemie in Deutschland wenig hilfreich.
Wie katastrophal die Pandemiebewältigung in Schweden im übrigen war, lässt sich einfach ablesen, wenn man Schweden nicht mit ganz Deutschland sondern nur mit den östlichen Bundesländern inkl. Berlin vergleicht. Das macht insbesondere im Hinblick auf Besiedelungsdichte, Bevölkerungsverteilung und Einwohnerzahl mehr Sinn! Dann zeigt sich, dass
3. der Einbruch des Bruttoinlandprodukts in Schweden deutlich höher liegt, obwohl die natürlich auch in Schweden praktizierten Lockdowns häufiger auf Basis von Geboten, in Deutschland häufiger auf Basis von Verboten stattgefunden haben!
4. Schweden genauso wenig von der zweiten Welle verschont wurde wie fast ganz Europa! Der tägliche Infektions-Anstieg ist tendenziell schneller als im deutschen Vergleichsgebiet (Schweden: 4400, neue Bundesländer inkl. Berlin: 3201 Mitte November)!
Und was soll daran jetzt besser sein?
Wie gut, dass es den SPD-Politiker und Epidemiologen Prof. Lauterbach gibt, der auch häufig, sicherlich wegen seiner Kompetenz und seinen klaren Statements, in Talkshows eingeladen wird. Dort wird ihm von den anderen Teilnehmern nicht selten Alarmismus und Panikmache vorgeworfen, obwohl er immer seine Aussagen über die Pandemieentwicklung auskleidet mit dem Hinweis, dass er sich eine solche Entwicklung nicht wünscht, diese aber unvermeidlich ist, wenn wir nicht dagegen steuern.
Die unanständigen und diffamierenden Angriffe gegen seine Person, seien sie von anderen Politikern wie z.B. dem Ex(?)-Grünen Palmer, dem Noch-FDP-Vorsitzenden Lindner etc., vom Präsidenten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Gassen, vom Virologen Streeck, von Medienvertretern nicht nur aus dem SPRINGER-Konzern oder von besonders von der Pandemie betroffenen Gästen wie z. B. dem Schauspieler und Kabarettisten Dieter Hallervorden hat Lauterbach ertragen, auch wenn er immer wieder geduldig versuchte, seine Prognosen und Mahnungen zu begründen und zu erklären. Alle diese Angreifer hatten Unrecht und müßten sich heute bei Lauterbach für ihre unzutreffenden Ausfälle entschuldigen
Im übrigen scheinen mir ehrliche, realistische Prognosen über die Pandemieentwicklung hilfreicher, als die Dinge schön zu reden. Ich erinnere an die Bilder aus Bergamo vom März, die offensichtlich den Bürgern eine klare Ansage vermittelt hatten, wie ernst die Lage ist und dass die Gegen-Maßnahmen ernst zu nehmen sind.
Faktum ist, was ja selbst der bayerische Ministerpräsident Söder zugestehen mußte: zu viele Politiker haben die Situation im Sommer schöngeredet. Die Sommer- und Ferien-bedingte Atempause wurde nicht genutzt, um insbesondere intelligente Hygienesysteme zu schaffen, die ein besseres Leben mit dem Virus ermöglichten.
Ein kleines, aber typisches Beispiel für meine Kritik: der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hat Mitte Oktober angekündigt, bis Weihnachten ein bundesweit einheitliches Konzept („Handreichung“) für die Altenheime in Corona-Zeiten vorzulegen. Wenn er sich da nur mal nicht übernommen hat!
Die Schulen.
Nachdem das vergangene Schuljahr wohl abgeschrieben werden konnte, hatte ich Hoffnung, dass in den Sommerferien alles Notwendige getan würde, um im neuen Schuljahr wieder flächendeckend und nachhaltig Präsenzunterricht anbieten zu können. Zumal zunehmend Stimmen laut wurden, die auf Präsenzunterricht drängten. Auch die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Sachsen und NRW hatten, z.T. durch Auftragsstudien untermauert, die Schulöffnung als wenig risikoreich eingeschätzt („Schüler sind keine Infektionstreiber“).
Fast zeitgleich mit Bekanntgabe dieser Studienergebnisse wurde allerdings in NRW im Zusammenhang mit dem Tönnies-Skandal - gemäß einem alten Reflex - die erneute Schul- und KiTa-Schließung als ultima-Ratio eingesetzt! Ähnliches ist nach den Sommerferien in Bayern geschehen, als dort in Rosenheim und Rottal Inn plötzlich zwei Corona-Hotspots aufblühten mit Rekord-Inzidenzwerten von über 200!
Was denn jetzt? Sind Kinder Infektionstreiber oder nicht? Das ließ für die nächste Corona-Welle nichts Gutes ahnen!
Darüberhinaus hatte eine Untersuchung des Ifo-Instituts ergeben, dass die Schüler während der Schulschließungen rd. 50% weniger Zeit - vermutlich mit weniger Lerneffizienz - pro Tag auf Schulisches verwendet haben als vor den Schulschließungen. Die Lehrer haben in rd. 50% der Fälle weder Digitalunterricht angeboten noch Verbindung zu ihren Schülern gehalten noch Feedback gegeben. Und die 50% Digitalunterricht sind natürlich schön geredet: die Qualität reichte von 0 - 100%!
Diverse internationale Schulstudien haben belegt, dass Deutschland bei der Digitalisierung der Schulen hoffnungslos hinterherhinkt. Allein in Europa haben Finnland, Dänemark, Estland, Italien bei der Digitalisierung Deutschland weit hinter sich gelassen.
Das Bildungsministerium ist - nun ja - seit 2005 in den Händen der CDU.
Länderspezifische - übrigens datenschutzkonforme - Lernplattformen für Schulen - in Bayern zum Beispiel mebis – waren gar nicht auf den infolge der Schulschließung erforderlichen Massenbetrieb ausgerichtet und damit praktisch nutzlos. Ganz anders als z.B sogar in Italien, wo bereits vor Corona eine landesweit einheitliche Lernplattform verfügbar war.
Der abrupte, ungeplante Wechsel auf andere Schul-Lernplattformen wie sie zum Beispiel von Microsoft oder Google zur Verfügung gestellt wurden, wurde zwar auch von Wirtschaftsführernwie dem Präsidium des Verbandes deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) gelobt. Das Risiko, dass Schülerdaten massenhaft von diesen Internet-Giganten abgegriffen werden, muss dagegen hinter der Funktionalität dieser Plattformen zurückstecken, ja wird noch nicht einmal als besorgniserregend gesehen.
Und die Googles, Apples, Microsofts haben sich die Hände gerieben ...!
Die Leopoldina hatte im Sommer Leitlinien für ein krisenresistentes Bildungssystem der Zukunft veröffentlicht: „Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht“ ist die Maxime, die selbst in den Corona-bedingten Stellungnahmen der Lehrerverbände in Vergessenheit geraten zu sein schien. Das Menschenrecht auf Bildung ist sicherzustellen. Alles andere muss warten, da es der aktuellen Pandemiebekämpfung nicht dient. Aber auch der ungute Bildungsföderalismus findet Erwähnung.
Dagegen beklagten Lehrerverbände eine Dreifach-Belastung ihrer Klientel: Vorbereitung/Abhaltung von Präsenzunterricht, von Online-Unterricht sowie Kümmern um Hygienemaßnahmen!
Alles in allem:
Dies vor Augen, hatte ich im Sommer einen Traum:
Doch als ich aus meinem Traum erwachte, hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang September - also nachdem in einigen Bundesländern die Sommerferien längst zu Ende waren(!) - einen Vier-Stufen-Plan für die Schulen in der Corona-Krise verabschiedet, der allerdings nichts verbindlich festlegte. Darin wurden als Alternativen für den Präsenzunterricht der Wechselunterricht sowie der Distanzunterricht vorgesehen!
Was für eine Mogelpackung! Beide letztgenannten Alternativen sind eine Fata Morgana. Sie mögen in Einzelfällen funktionieren, aber nicht in der Breite! Zumal ja auch die Sommerferien offensichtlich nicht genutzt wurden, um Lernplattformen, IT-Infrastrukturen, Vernetzung, Lehrer entsprechend zu ertüchtigen. Das können sich die Kultusminister zusammen mit ihren Lehrerverbänden dann wohl realistischer für die nächste Pandemie vornehmen! Insofern sind die vielen Stellungnahmen besorgter Lehrerverbände, besorgter Elternverbände, besorgter Politiker hinsichtlich der - in der Realität nicht vorhandenen - Beschulungsalternativen für die Katz!
Und auf die Idee eines Hybrid-Unterrichts ist anscheinend niemand gekommen! Warum einfach, wenn es auch kompliziert - nicht - geht? Und eine damit einhergehende, längst überfällige Fokussierung der "Schulmaßnahmen" auf wenige, realistische Punkte wäre der richtige Weg und nicht der permanente Wechsel zwischen Schein-Alternativen!
Die Überraschung war allerdings groß, als der Schulunterricht nach den Sommerferien Bundesland für Bundesland wieder begann:
Immerhin wurde in allen Bundesländern nach den Sommerferien zunächst wieder auf Präsenzunterricht gesetzt.
Nach den Sommerferien gab es in Bayern aber große Diskrepanzen in der Beurteilung der Lage:
Kaum hatte der Schulbetrieb auch nach den Herbstferien wieder als Präsenzunterricht begonnen, hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Peter Meidinger lautstark
Hätte er doch ein anspornendes Lob ausgesprochen, dass der Präsenzunterricht so gut funktioniert, dass nur 3% der Schüler in Quarantäne sind! Stattdessen hat er den Präsenzunterricht schlecht geredet ("Die Schulen können auf die Dynamik nur noch hektisch reagieren, viele kommen mit ihrer Planung nicht mehr hinterher"), dies als Salami-Lockdown schlecht geredet, der in generelle Schulschließungen führen müßte. Ein Brandstifter par excellence! Er hat vehement auf die Beschulungsalternativen Wechselunterricht und Distanzunterricht verwiesen, für die er, zumindest bei älteren Schülern, gar kein Problem sehe, von denen er aber eigentlich auch aus Lehrersicht wissen müßte, dass diese gar nicht funktionieren, ja gar nicht funktionieren können. So haben andere Lehrerverbände darauf hingewiesen, dass der Wechselunterricht kapazitätsmäßig von den Lehrern gar nicht gestemmt werden könne, und für den Distanzunterricht, insbesondere auf der Schulseite, Ressourcen und Fähigkeiten fehlten!
Aber auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft war u.a. in Bayern nicht untätig und drohte mit einer Klage zur Erzwingung der Wechselunterricht-Fiktion..
Nun, ein Lehrerverband ist ein Lehrerverband ist ein Lehrerverband!
Wer glaubt, dass die Lehrerverbände vorrangig das Wohl der Schulkinder im Auge haben, liegt falsch! Nicht ohne Grund instrumentalisieren diese Verbände die Corona-Krise, um ihre alten, durchaus vielfach auch berechtigten, Forderungen durchzusetzen! Irgendwie in diesen Zeiten etwas daneben. Sie sollten aufpassen, dass sie nicht in dieselbe Falle laufen wie der Hotel- und Gaststättenverband, der im ersten Lockdown als dringlichste Hilfemaßnahme die Altforderung einer Umsatzsteuersenkung - mit Hilfe der CSU - durchsetzte - eine Maßnahme, die sich bei Null-Umsatz als wenig hilfreich herausstellte.
VI. Was ist denn konkret im Sommer passiert?
Die Urlaubsrückkehrer.
VII. Was ist denn konkret im Sommer passiert?
Das Testkonzept und bayerische Test-Manöver
Nachdem man im Frühjahr das Ziel fixiert hatte, die wöchentliche PCR-Testkapazität auf 3,5 Millionen Tests auszubauen, und - etwas später - die Tests nicht nur auf Patienten mit Symptomen zu beschränken, ist erst mal nichts weiter passiert.
Aber das nahm erst Fahrt auf, als die PCR-Tests nicht nur perspektivisch sondern unmittelbar an eine Leistungsgrenze stießen, als Laborärzte und Testhersteller ihre Pfründe nicht mehr in Gefahr sahen.
Im Zusammenhang mit der Behandlung von Urlaubsrückkehrern ist der bayerische Ministerpräsident Söder wieder einmal vorgeprescht und hat - quasi in einer Nacht- und Nebelaktion - für Bayern den Test für Jedermann eingeführt. Diesen hat er in seiner Art im Zusammenhang mit Urlaubsrückkehrern an bayerischen Grenzen sogar zum bayerischen (Test-)Service für Deutschland mit 24-Stunden-Garantie hochstilisiert. Leider ist Söder bei der überstürzten Einführung dieser Massentests offensichtlich von der Corona-Bremse auf‘s Corona-Gaspedal gerutscht. Mehrere gravierende Fehler und Pannen passierten - Tests gingen verloren, wurden verwechselt, 44.000 Getestete, darunter 1.000 positive, wurden tagelang nicht informiert, anstelle der 24-Stundengarantie waren 4 Tage Wartezeit und mehr an der Tagesordnung.
Söder glänzte nicht mehr: weder bei der Pflicht noch bei der Kür! Im Gegenteil: Söder‘s bayerischer (Test-)Service für Deutschland war ein Desaster mit Ansage. Gleichwohl erklärte er, er habe damit einen Hotspot verhindert! Aber das Gegenteil war der Fall: 1.000 uninformierte Infizierte steckten möglicherweise rd. 4.000 weitere Personen an. Diese wiederum 16.000, falls sie nicht informiert wurden, was ja in Bayern nicht unüblich zu sein schien. Und dann weitere 64.000 ...
Was hätte Söder daraus lernen können?
Die vielen Fehler und Pannen des bayerischen Ministerpräsidenten haben mittlerweile auch die Medien auf den Plan gerufen: selbst Söder hatte selbstkritisch von „sehr ärgerlicher Panne gesprochen“.
Da bedurfte es zur Ablenkung immer wieder einmal eines Befreiungsschlages:
Ach, hätte sich Söder doch um seine ureigensten Aufgaben in Bayern gekümmert und die Corona-Pandemie in Bayern endlich besser in den Griff bekommen!
VIII. Die Corona-Warn-App:
Rohrkrepierer oder Wellenbrecher?
1. Handy-Tracking zur Verfolgung von Ansteckungsketten
Bei dem Thema Handy-Tracking hat sich wieder einmal gezeigt, was vielen Politikern, Medien und Wirtschaftsführern der Datenschutz wert ist. Hätten diese doch gerne unverzüglich Bewegungsdaten aller Bürger bedingungslos gesammelt, gespeichert und überwacht mit dem perfiden Argument, wenn es um Leben und Tod geht, muß der Datenschutz zurückstecken. Nicht nur, dass deren Lösungen (auf Basis von Funkzellen-Auswertungen und/oder von Verkehrs- und Standortdaten) gar nicht zielführend gewesen wären. Sie hatten sich anfangs noch nicht einmal die Mühe gemacht, nach alternativen, datenschutzkonformen und zielführenden Lösungen zu suchen bzw. suchen zu lassen. Glücklicherweise gab es einige kluge Politiker und Experten, die einen solchen Fehltritt durch eine Design-to-Privacy-Lösung zunächst noch einmal verhindert haben. Doch wird auch hier immer noch von Überwachungsfetischisten versucht, deren Entwicklung bzw. Weiterentwicklung zu kapern.
Auch ist der Nutzen eines auf einer intelligenten, datenschutzfreundlichen Bluetooth-Lösung basierenden Handy-Tracingsin der Praxis noch nicht bewiesen. Denn was man aus Süd-Korea, Taiwan, Singapur und Hong Kong vor allem und zu allererst lernen kann: das Tracing von Ansteckungsketten ist vor allem personalintensiv! Und auch aus den deutschen Gesundheitsämtern kommen Klagen, dass deren Anforderungen bei der Realisierung der App wenig Gehör fanden. Offensichtlich waren die App-Befürworter von den technischen Möglichkeiten so geblendet, dass sie den eigentlichen Anwendungszweck etwas aus den Augen verloren hatten.
Auch die versprochene Freiwilligkeit der Nutzung dieser App wurde von dem SZ-Journalisten Heribert Prantl als "Freiwilligkeits-Schwindel" entlarvt, da die Bundesregierung einem möglichen Mißbrauch dieser Freiwilligkeit nicht durch ein App-Begleitgesetz entgegengesteuert hat.
Google und Apple hatten auf dem ersten Höhepunkt der CORONA-Krise in Europa erklärt, dass sie eine gemeinsame, bluetooth-basierte Smartphone-Plattform entwickeln wollen, auf der neuartige Apps zur Bekämpfung der CORONA-Pandemie aufsetzen könnten. In Anbetracht der Tatsache, dass ein Hauptfokus von Datenkapitalisten a là Google auf dem Absaugen persönlicher Daten liegt – darauf basiert ihr Geschäftsmodell – ist allergrößte Vorsicht geboten. Welche trickreichen Geschütze Google und Apple zur Durchsetzung ihrer Interessen dabei auffahren werden, ist für Eingeweihte immer schon absehbar. Es wird interessant sein, deren Prognosen mit den tatsächlichen Aktivitäten von Google und Apple abzugleichen.
Die gebotene Vorsicht ließ auf jeden Fall die Bundesregierung vermissen, als sie beschloss, ihre Corona-App auf dieser neuen Google/Apple-Plattform aufzusetzen. Sie schwärmte von dem dadurch ermöglichten dezentralen Ansatz - anstelle der ursprünglich verfolgten, jedoch heftig kritisierten, zentralen Lösung -, hat jedoch übersehen, dass damit Apple bzw. Google Zugriff auf die Daten in ihrem jeweiligen „Tracing-Eco-System“ auf „ihren“ Smartphones haben. Oder mit anderen Worten: Alle - dezentralen - Daten auf einem IOS-bzw. ANDROID-Smartphone können - ob man nun einer Cloud-Speicherung zustimmt oder nicht - „automatisch“ auch auf den zentralen Apple- bzw. ANDROID-Servern verfügbar gemacht werden und können dort - gewissermaßen in zwei "zentralen Lösungen" - beliebig mit anderen Daten verknüpft werden.
2. Corona-Warn-App in Betrieb
Schon bald sollte klar werden, Spahn setzte auf das falsche Pferd und versäumte dabei wirkungsvolle Korrekturen der Strategie der Pandemiebekämpfung!
Aber sollte die Corona-Warn-App für Deutschland nicht wesentlich mithelfen, eine zweite Welle zu verhindern? Weit und breit ist keine entsprechende Wirkung dieser angeblichen Spahn-Wunderwaffe sichtbar. Sogar Söder hat bis zur zweiten Welle gebraucht, bis er erkannte: Corona-Warn-App = „zahnloser Tiger!
Was sagen die bekannten Fakten?
- über 75% der Deutschen haben die Corona-Warn-App nicht heruntergeladen!
- nur rd. 5% der festgestellten Neuinfektionen wurden in den ersten 4 Wochen mit der Corona-App geteilt! Als die täglichen Infektionen wieder in Richtung 800, also Verdoppelung, angestiegen sind, ist die „Teilungsrate“ auf unter 3%, also Halbierung gesunken. Und seit die Neuinfektionen wieder über 1000 angestiegen sind, dümpelte die „Teilungsrate“ so um die 5 - 7% herum,
Also, bevor man weitere Millionen in die Weiterentwicklung dieses Rohrkrepierers steckt oder gar anderen Ländern diese deutsche Wunderwaffe empfiehlt, einfach nochmals nachdenken!
Übrigens: Virologen hatten schon längst aufgegeben, in ihren Konzepten zur Bekämpfung der zweiten Welle der Corona-Warn-App einen wichtigen Beitrag einzuräumen. Sie erwähnen diese noch nicht einmal!
3. Und dann gab es ja noch das Thema Datenschutz.
Die Bundesregierung sah keine Datenschutz-Probleme und behauptete Konformität mit der DSGVO, was für die gesamte Contact-Tracing-Anwendung aber nicht richtig ist:
Eine der Schwachstellen wurde auch in einer irischen Datenschutz-Studie offengelegt, was u.a. auch zu der Bewertung führte, dass keine Konformität mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorliegt (vgl. hierzu heise-online vom 29.07.2020, „Corona-Apps im Datenschutz-Check“).
Die zwei Wissenschaftler Leith und Farrell vom Trinity-College in Dublin hatten europäische Corona-Apps untersucht und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass derbei Android übliche Datenaustausch mit Google-Servern datenschutzrechtlich problematischsein könnte.
Heise online am 15.6.2020: „Die Nutzer müßten davon ausgehen, dass ihre Daten nicht noch heimlich an die Tech-Konzerne gehen“.
Wie entlarvend!
Dabei ist doch für alle, die es wissen wollen, bekannt: die Geschäftsmodelle der Tech-Konzerne basieren mittlerweile auf der Vermarktung von personenbezogenen Daten. Dafür nutzen sie jede Gelegenheit zum Absaugen dieser Daten! Basta!
Folglich werden Apple und Google diese so gewonnenen Daten im Sinne ihrer Geschäftsmodelle auch genau so nutzen wie alle anderen von den Smartphones „abgesaugten“ Daten! Irgendwelche eventuelle beschränkende Selbstverpflichtungen dieser „Datenkapitalisten“ kann man aus Erfahrung getrost in die Tonne treten. Das haben leider auch viele selbst ernannte Datenschutz-, IT-Experten und Corona-App-Heiligsprecher noch nicht begriffen!
Hierzu ein aktueller Hinweis aus den USA:
Und noch etwas: Bald kam heraus, dass der TÜV bei der von der Bundesregierung beauftragten Prüfung der Corona-App auf Datenschutz-Konformität explizit die von Apple und Google gelieferte App-Infrastruktur ausgeschlossen hat! Stand am 12.6.2020 in heise-online.
Trotz alledem wollen selbst viele selbst ernannte IT-Experten das alles nicht wahrhaben und verunglimpfen die Coraona-Warn-App-Warner als Verschwörungstheoretiker! Geht‘s noch?
Und noch etwas entlarvendes:
Der Staat ist nicht besser als die Datenkraken der Internet-Giganten: Sie schöpfen Daten ab, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Und Zusagen, diese Daten nicht zu missbrauchen bzw. nur für einen genau vorab bestimmten Zweck zu nutzen, werden nicht gehalten.
Beim Aufdecken von Missbrauch, wird dieser zuerst abgestritten, dann bagatellisiert und schließlich scheinheilig als legal und verhältnismäßig erklärt.
Da trifft es sich doch gut, dass genau diese Politiker jetzt wieder eine scharfe Version der mehrfach vom Bundesverfassungsgericht und dem EuGH abgelehnten Vorratsdatenspeicherung fordern!
Nur mal so am Rande für alle „Experten“, die nicht verstehen wollen, dass die Corona-App massive Datenschutzprobleme hat. Kürzlich wurde eine irische Studie veröffentlicht, die genau auf die „Datenschutzschwachstelle“ hinweist, die unter anderem auch ich schon seit längerem im Visier habe:
Google weist übrigens die Datenschutz-Kritik zurück. „Google erhalte aus der Corona-Warn-App keine Informationen über den Endnutzer, Standortdaten oder Informationen über andere Geräte, in deren Nähe sich der Nutzer befindet". Bekanntermaßen kann man solche „Selbstverpflichtungen“ in die Tonne treten.
Die irische Studiengruppe hat übrigens auch Hinweise gegeben, wie man diese Datenschutzschwachstellen von Google und Apple bei der Corona-App umgehen könnte (vgl. hierzu heise-online vom 29.08.2020, "Corona-Apps im Datenschutz-Check"). Es gibt sogar bereits konkrete Ansätze für eine vollständig freie Implementierung der APIs von Apple und Google - also ohne Abhängigkeiten von IOS und Android. Eine bekannte ist CoraLibre zunächst nur für Android (https://coralibre.de/). Diese Möglichkeiten für die Corona-Warn-App zu erschließen und sich von den Apple- und Google-APIs gänzlich zu verabschieden, wäre ein Riesenschritt zur Erreichung der DSGVO-Konformität! Ob unsere Regierung diesen Mut hat?
IX. Corona-Zweifler, selbsternannte Querdenker und sonstige Verschwörungs-Erzähler
1. Aus der Seuchengeschichte lernen - von den Verschwörungserzählungen bis zu den Brunnenvergiftern
Natürlich machen sich viele Bürger Sorgen. Nicht nur um ihre Gesundheit und die ihrer Angehörigen, sondern auch um im Rahmen der Pandemiebekämpfung gebotene Einschränkungen und deren Folgen, denen sie ausgesetzt sind.
Auch heute haben sich derartige Verschwörungs-Erzähler vorwiegend unter dem Slogan Querdenken versammelt, mit den an und für sich widersprüchlichen Zielen, einerseits die Existenz der Corona-Pandemie zu leugnen, andererseits geheimen Mächten wie Bill Gates, George Soros oder geheimnisumwitterten Exenmenschen die Steuerung dieser - doch eigentlich gar nicht existenten - Pandemie unterzuschieben.
2. Aus der Seuchengeschichte lernen - Naturheilmittel der Seuchenbekämpfung
Wenn man sich die Reaktionen der Menschheit auf Seuchen und Pandemien in der Menschheitsgeschichte vom Altertum über das Mittelalter bis in die Neuzeit vor Augen führt, stellt man fest, dass sich einige Grundelemente der Seuchenbekämpfung immer wieder wiederholen: das Tragen von Gesichtsmasken, Schutzkleidung, Abstand, Quarantäne und Isolierung, saubere und frische Luft (mal’aria!). Sie können quasi als eine Art von „Naturheilmitteln“ der Seuchen- und Pandemiebekämpfung angesehen werden, die heute oft als Medizinprodukte bzw. vorbeugende Therapien eingesetzt werden.
Insofern ist es unverständlich, dass sich unter den Anti-Corona-Demonstranten auch viele Leute tummeln, die eigentlich den Naturheillehren anhängen und sich jetzt gewissermaßen quer zu ihrer eigentlichen Denkrichtung stellen. Sie stellen sich also in diesem Fall gegen die Heilkräfte der Natur und stilisieren die Anwendung dieser über Jahrhunderte etablierten Grundelemente gar - völlig überzogen und maßlos - als Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit im Sinne des Grundgesetzes hoch, wobei es doch maximal eine dem persönlichen Empfinden geschuldete Einschränkung ist. Wie mimosenhaft! Aber das persönliche Empfinden wird von diesen Leuten eben auch oft zur moralischen Richtschnur erklärt, die doch bitte schön für alle verbindlich sein soll.
Wenn man sich die Schriften einiger dieser heutigen Heilslehrer anschaut, etwa von Rüdiger Dahlke, Arzt, Psychotherapeut und Esoteriker, dann findet man erhellende Hinweise. Preist dieser doch marketingstark, über seine sonstigen, aus der Szene bekannten Corona-Verschwörungs-Erzählungen hinaus, z.B. zur Vorbeugung gegen eine Infektion eine Stärkung des Immunsystems mit zahlreichen Methoden und Mitteln an, die er auch selbst vermarktet! Sein kommerzielles Interesse kommt hier offensichtlich klar zum Ausdruck. Wie unglaubwürdig damit doch seine Erzählungen werden! Übrigens gleichen sich diese Verschwörungserzählungen anderer Heilslehrer in Inhalt und Motivation frappierend.
Wenn man darüber hinaus noch berücksichtigt, dass die COVID-19-Erkrankung häufig infolge einer überschießenden Immunreaktion (Zytokin-Sturm) in einen schweren Verlauf bis zum Tod mündet, zeigt sich zudem die Fragwürdigkeit und ungeheuerliche Skrupellosigkeit dieser zerstörerischen und zersetzenden Heilslehrer. Es wird Zeit, dass sich diese Szene von dieser Art von Narrativen und dieser Art von Irrlehrern verabschiedet.
Was die Homöopathie betrifft, möchte ich der Fairness halber darauf hinweisen, was die Position des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte ist:
„Homöopathen, die behaupten, sie könnten Patienten mit schweren Corona-Symptomen heilen, sind Einzelfälle, die nicht für den Zentralverein sprechen. Der Zentralverein empfiehlt, den Empfehlungen des RKI und der nationalen Gesundheitsbehörden zu folgen, so wie der Zentralverein übrigens auch den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission folgt.“
3. Was rät uns also die Seuchengeschichte?
Vertrauen wir auch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie im Sinne der AHA-L-Hygiene-Regeln auf Jahrhunderte alte und bewährte „Naturheilmittel“ wie Gesichtsmaske, Abstand, Frischluft und verteufeln diese nicht als Freiheits-Fesseln! Man könnte das auch - philosophisch - als körperlich materialisierte Vernunft bezeichnen.
4. Warum sich Querdenker an Gesichtsmasken abarbeiten?
Entsprechend jahrhundertelanger Erfahrungen werden Mund/Nasenbedeckungen in Asien immer noch sehr erfolgreich bei der Seuchenbekämpfung eingesetzt. Auch sind von dort keine nennenswerten Nebenwirkungen bekannt. Darüberhinaus werden in Seuchenzeiten alle Menschen als verantwortungslos gebrandmarkt, die keine Masken tragen wollen und somit auch andere Menschen gefährden. Mit anderen Worten: Masken tragen ist ein moralischer Imperativ!
Insofern ist alles gesagt! Natürlich sind diese Fakten den selbsternannten Querdenkern ein Dorn im Auge, weil das so gar nicht zu deren Verschwörungs-Masken-Narrativ passen will. Macht aber nichts! Das ist halt so!
Dass diese Leute das Maskentragen - völlig überzogen und maßlos - als Einschränkungen ihrer Freiheit hochstilisieren, wobei es doch maximal eine dem persönlichen Empfinden geschuldete Einschränkung ist, ist vor dem Hintergrund der Fakten einfach nur falsch und verantwortungslos..
Abschließend fasse ich gerne den Stand der Erkenntnisse zum Thema Mund/Nasenbedeckung zusammen:
- Es liegen aktuelle, seriöse Studien vor, nach denen das Tragen von Masken bei der Pandemiebekämpfung sehr hilfreich ist, sowohl für den Maskenträger als auch für die Mitmenschen.
5. Warum Querdenker die Pandemie bestreiten
Statt sich mit diesen Fragen und Erkenntnissen zu beschäftigen, werden einfach die Probleme - im Sinne von einfache Lösungen für komplexe Probleme - wegdefiniert:
Warum, haben sich viele schon gefragt, lehnen die selbst ernannten Querdenker entgegen aller wissenschaftlich gesicherten Untersuchungen Hygiene-Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wie insbesondere das Tragen von Masken so vehement und militant ab? Tragen Querdenker mit ihrem Masken-Boykott doch auch zur Ausbreitung des Virus bei!
6. Warum Querdenker unsere Gesellschaft bedrohen
Wenn sich allerdings diese Bürger bei ihren berechtigten Demonstrationen mit bekannten Grundrechts- und Demokratiezerstörern der AfD-, PEGIDA-, Identitären-, Reichsbürger- etc.-Randalierern sowie mit Verschwörungs-Erzählern zusammentun, tun sie sich und ihrer Sache keinen Gefallen. Die Rechtsfaschisten haben nur darauf gewartet, locken diese kritischen Bürger mit Querfront-Strategien, wie es AfD-Vordenker Götz Kubischeck formuliert hatte, in ihren Dunstkreis und versuchen, diese wohlmeinenden Bürger - möglicherweise unbemerkt - für ihre kruden Ansichten zu instrumentalisieren. Wenn sich die kritischen, wohlmeinenden Bürger damit nur nicht plötzlich in eine faschistische Gesellschaft hineinmanövrieren!
Und wenn sich Demonstranten beider Seiten darüber hinaus nicht an die Spielregeln halten bzw. halten wollen - der Verzicht auf Gesichtsmasken und Abstand ist verantwortungslos und nicht zu tolerieren -, dann haben sie auch ihr Demonstrationsrecht in diesen Fällen verwirkt (vgl. u.a. GG Artikel 18) - in unserer Demokratie ist dies durchzusetzen durch Demo-Verbot oder Demo-Abbruch. Wer dies dann als Diktatur brandmarkt, stellt sich außerhalb unserer Gesellschaft -, so wie immer wieder einmal auch die Medien des SPRINGER-Konzerns oder gleichgesinnte Medien. Das Virus lässt sich davon nicht beeinflussen und wütet weiterhin in der Welt!
Soweit meine grundsätzliche Sicht auf das Demonstrationsgeschehen.
Um zu klären, wie sich diese Demonstrationsszene in der Realität weiter entwickelt hat und ob die geäußerten Befürchtungen eingetroffen sind, möchte ich einen konkreten Blick auf die Anti-Corona-Demonstration in Berlin am 29.8.2020 richten.
Was ist denn auf der Berlin-Demo so herausgekommen?
Da ist es auch nicht überraschend, dass gemäß Umfragen 90% der Bundesbürger diese Corona-Skeptiker ablehnen!
Aber, wachsam sein!
Haben sich doch einige dieser Querdenker, darunter deren Protagonisten, wohl von den rechtsradikalen Volksfeinden anstecken lassen - oder sollte ich besser sagen: weiter vereinnahmen lassen? - und bereiten eine Radikalisierung ihrer Bewegung vor:
1. Seit Ende April fanden bundesweit mehr als 90 Kundgebungen gegen Corona-Einschränkungen statt, bei denen Rechtsextreme Wortführer waren. Dies berichtet die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion.
Wie im Lauf der Zeit die Parolen - und damit auch das Gedankengut - verschmelzen, zeichnet ein klares Bild:
AfD-Vordenker Götz Kubischeck darf sich freuen!
Der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) berichtete:
Das Grundgesetz abschaffen wollen! Eine verfassungsgebende Versammlung einberufen wollen! Eine Verfassung erlassen wollen!
Ihr? Das Völkchen der Ignoranten, der Realitätsverweigerer, der Verbreiter von falschen Wahrheiten, der abstrusen Sonderlinge, der Echsenuntertanen?
Wie schräg ist das denn? Etikettenschwindel par Excellence!
Destruktive Selbstanmaßung? Ärmlich! Erbärmlich!
Das nennt man dann Querdenker-Diktatur!
Wie abstrus diese Verirrung der selbst ernannten Querdenker ist, kann man sich wie folgt klar machen: man stelle sich vor, das bayerische, übrigens erfolgreiche, Volksbegehren gegen das Bienensterben hätte u.a. auch eingeschlossen die Forderung nach Abschaffung des Grundgesetzes, nach Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung etc., hätte sich also auch auf Umsturzfantasien und Hassparolen gestützt! Irgendwie schräg! Es wäre in der Bevölkerung hoffnungslos gescheitert!
Ebenso wird die oben skizzierte Schar von Querdenkern aller Couleur jetzt die wahren Anliegen von Menschen, die berechtigte Anliegen gegen Corona-Pandemie-Maßnahmen haben, nicht mehr erreichen! Sie wären bei diesen selbst ernannten Demokratieverächtern auch nicht in guten Händen!
Dabei gäbe es doch außerhalb der Corona-Leugner-Szene genügend Themen - von den Altenheimen über Kitas und Schulen bis zu den Kultureinrichtungen, von der Steuerung und Kontrolle der Anti-Corona-Maßnahmen über das Testkonzept bis zur parlamentarischen Legitimierung - die eine starke Lobby in unserer derzeitigen neuen Corona-Normalität bräuchten! Sich diesen Themen kraftvoll anzunehmen, haben die Querdenker versäumt, weshalb diese auch dafür nicht mehr infrage kommen.
7. Die Corona-Pseudo-Wissenschaftler
Zur leichteren Unterscheidung bezeichne ich diese Wissenschaftler als Pseudo-Wissenschafler. Die möglicherweise erstaunten, ungläubigen Querdenker weise ich gerne auf die italienische Plattform „Kampf gegen schlechte Wissenschaft und Pseudoforschung“ für weitere Informationen hin.
Den ultimativen „Todesstoß“ für ihre Thesen zur angeblichen Ungefährlichkeit des Corona-Virus, zum falschen Vergleich mit der Influenza, zum angeblichen Ende der Pandemie etc. haben diese Pseudo-Wissenschaftler durch eine im September 2020 veröffentlichte Meta-Studie zur Infektionssterblichkeit erhalten (
Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- bei der klassischen Influenza bei 0,05 %
- bei COVID-19 bisher bei 0,7-0,8%, nur auf Deutschland bezogen noch etwa höher.
Also ist die Infektionssterblichkeit bei COVID-19 über 15 mal höher als bei der klassischen Influenza.
Wenn man nur die über 85/90-jährigen betrachtet, verstirbt über 14/22% der Infizierten. In etwa so hoch wie bei den Pocken!
Bei der Influenza dagegen ist es so, dass sich die höhere Infektionssterblichkeit auf die Jüngeren fokussiert. Mt anderen Worten, für die Älteren ist die Gefährlichkeit einer COVID-19-Erkrankung um ein Vielfaches höher als einer Influenza-Erkrankung.
Offensichtlich wäre es zu viel verlangt, wenn sich Querdenker auf diese neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse einlassen. Deren einfache Lösung: einfach ignorieren oder mit anderen Worten - das Nichtwissen weiter entwickeln!
Welche Schlussfolgerung muß man also angesichts der Tatsache ziehen, dass Querdenker die Pandemie als beendet ansehen und alle Maßnahmen zu deren Bekämpfung einstellen wollen?
8. Der Corona-Ausschuß
Eines der „Glanzstücke“ dieses Ausschusses ist die Billionen Klage dieses Rechtsanwaltes gegen Prof. Drosten, Prof. Wiehler und die WHO! Seit Monaten angekündigt, hat Füllmich noch nicht einmal den Entwurf einer Klageschrift hinbekommen. Stattdessen hat er aber unter seinesgleichen einen 800€-Spendenaufruf gestartet, der mittlerweile als unseriöse Spendenpraxis entlarvt wurde.
Wer das alles bezweifelt, dem sei empfohlen, sich anzusehen, mit welchen Methoden, Vermutungen, falschen Aussagen etc. im Corona-Ausschuss gearbeitet wurde, um die bestürzenden Bilder von Bergamo aus dem letzten März zu entwerten! Hier wurde alles aufgefahren: von der angeblichen Entmachtung der Italienischen Regierung durch die Pharma-Konzerne bis zu einer globalen Welt-Regierung, von der Verharmlosung des Corona-Virus bis angeblich falschen Behandlungen sowie zur unnötigen Abschottung von Orten - also: die große Verschwörung im Hintergrund!
Ähnlich gelagerte Plattformen gibt es im übrigen auch in Österreich auf Servus TV (Corona Quartett, gerne auch von Bhagdi genutzt), in der Schweiz die frühere Verschwörungserzähler-Plattform Swiss Policy Research (swprs.org), die sich jetzt auf Corona fokussiert hat und übergreifend Russia Today (RT), der russische Desinformationssender.
9. Grenzgänger der Wissenschaft: Prof. Ioannidis
Prof. Ioannidis hat Ende Oktober 2020 - offensichtlich in Anbetracht einer weltweit wütenden Realität einer zweiten Welle - eine Meta-Studie zur Infektionssterblichkeit von Corona auf der WHO-Website veröffentlicht. Die Meta-Studie umfasst 61 Einzel-Studien, darunter auch die umstrittene sog. Heinsberg-Studie von Prof. Streeck.
Ioannidis versucht, seinen Irrtum zu verschleiern, indem er behauptet, seine jetzt ermittelte Corona-Sterblichkeit läge unter der früher - von wem auch immer - behaupteten Corona-Sterblichkeit! Dieses Narrativ wird übrigens gerne und ungeprüft von allen Medien - gleich in deren Headlines - übernommen, die über diese Studie berichten. Ob Prof. Ioannidis uns wirklich für so naiv hält, dass wir auf seinen Taschenspieler-Trick hereinfallen? Für die Querdenker mag das zutreffen!
Die Meta-Studie leidet unter etlichen Mängeln, die Ioannidis z.T. selbst in der Studie thematisiert.
Das Ergebnis: Die durchschnittliche Infektionssterblichkeitsrate liegt bei 0,23 Prozent. Allerdings schwankt die Rate je nach Bevölkerungsgröße und Altersgruppe zwischen 0,05 und 0,57 Prozent, während Ioannidis noch im April 2020 von einer Corona-Sterblichkeit fabulierte, die unter der Influenza-Sterblichkeit läge!
Die Initiatoren dieser Erklärung hatten zunächst einerseits nichts mit den oben genannten Pseudo-Wissenschaftlern a là Wodarg, Bhakdi etc. zu tun, was den unterzeichnenden Querdenkern meistens gar nicht aufgefallen ist.
Auch widersprechen die meisten Thesen der selbst ernannten Querdenker eklatant dieser Deklaration! Insofern ist mir nicht ganz klar, ob diese die Deklaration überhaupt gelesen und, wenn ja, verstanden haben! Wie auch immer, sie scheinen nicht mehr zu wissen, wofür oder wogegen sie eigentlich sind! Ganz schön verrückt, oder?
Andererseits scheint auch Bhakdi die Deklaration gar nicht richtig verstanden zu haben, hat er doch bald unter seinen Anhängern um Zustimmung geworben. Als er aber auf teilweise Kritik stieß, hat er von Nachverhandlungen geschwurbelt, die aber bis heute erfolglos geblieben sind. Schließlich hat Wodarg seine Zustimmung versagt. Wie entlarvend! Wie peinlich!
Übrigens, ein Kern dieser Declaration besteht in der Separierung der gefährdeten Alten mit entsprechender Bewegungsfreiheit für die Jüngeren. Eine Modellrechnung einer vergleichbaren Strategie hat für Deutschland eine Anzahl von rd. 1,2 Mio Corona-Toten vorausgesagt, davon 1 Mio Ältere!
Und noch etwas: Die - aus dem Öl-Geschäft - schwerreichen Koch-Brüder, die ja auch Trump zur Wahl zum US-Präsidenten verholfen haben und ihn auch weiterhin unterstützen, stehen hinter dieser Deklaration. Ihr Hauptanliegen ist, die Wirtschaft möglichst von Corona-bedingten Einschränkungen zu verschonen - koste es, was es wolle! Und kosten soll es under anderem die Isolierung der Alten! Das ist unethisch! Das ist pervers! Das ist unmenschlich!
Übrigens hatten die Macher dieser Deklaration auch schon eine ähnlichen Deklaration zum Klimawandel verfasst, in der sie den menschengemachten Klimawandel leugnen! Sauber! Wie ja auch der Ölkonzern Exxon schon seit über 20 Jahren notwendige Gegenmaßnahmen konterkariert!
Übrigens scheint es aktuell - in Anbetracht der nicht mehr übersehbaren Corona-Epidemie-Realität, die zunehmend nicht mehr mit den Verschwörungserzählungen der Querdenker in Einklang gebracht werden kann - prominente Absetzbewegungen von den Corona-Leugnern zu geben.
12. Die Querdenker - eine Social Media konforme Charakterisierung
Die Verschwörungs-Erzählungen der selbst ernannten, sich zunehmend radikalisierenden Querdenker sind nichts anderes als Virenkunde für ignorante Dummies, die sich für die Gutmenschen halten und gerne die anderen auf das Übelste alarmistisch und hysterisch, herablassend und übellaunig beschimpfen und respektlos und hinterfotzig beleidigen! Die den seriösen Wissenschaften nicht vertrauen und diese gerne durch Pseudo-Wissenschaften ersetzen wollen! Die unsere Medienlandschaft gerne als Lügenmedien denunzieren und sich selbst vorwiegend über YouTube-Filmchen, FaceBook-Einträge oder Twitter-Fake-News „informieren“. Die ihr - auf Basis von etwas, was sie für den gesunden Menschenverstand halten - manchmal selbstgemachtes, manchmal nachgeplappertes Wissen gerne als die ultimative Wahrheit anpreisen!
Klingt irgendwie nach einer 2,6%-Sekte!
13. Corona und AfD
Anstatt Vorschläge zu erarbeiten, wie die CORONA-Krise gemeistert werden kann, beschäftigen sich viele in der AfD mit der Diskussion von Verschwörungserzählungen und mit der Verharmlosung der CORONA-Pandemie: "Es spricht viel dafür, dass die Gesamtsterblichkeit in Deutschland aufgrund des Corona-Virus nicht signifikant zunehmen wird."
Wenn ein Meuthen, wie auch ein Höcke, eine derartige, belastete Rhetorik benutzt, so tut er das mit einer durchsichtigen Absicht. Meuthen, Sie machen mir, wie auch der Faschist und Rechtsextremist Höcke, Angst!
So wie das CORONA-Virus eine schlimme, todbringende Seuche ist, so ist der Virus des Rechtsradikalismus eine schlimme, todbringende Seuche. Und wo sich diese Viren besonders ansammeln, also z.B. in der AfD, ist Quarantäne, Isolation und Bekämpfung angesagt, bevor deren Protagonisten und „Vordenker“, wie z.B. schon Götz Kubitschek, die angespannte öffentliche Lage ausnutzen und diese Seuche instrumentalisieren zu weiteren umstürzlerischen Aktionen. Lasst uns vielmehr diese Seuche auf die Stufe einer Pest erheben und diese mit Stumpf und Stil ausrotten.
Ausblick
Dass Deutschland bisher von der großen Gesundheitskatastrophe a là Italien, Spanien, Belgien, Österreich, Südamerika oder USA verschont wurde, liegt, und darin sind sich offenbar alle einig, mehr an dem hier immer noch funktionierenden Gesundheitssystem, aber weniger an der Pandemiepolitik der Regierung. Im Gegenteil! Wären die neoliberalen Irrläufer nicht durch die Corona-Pandemie ausgebremst worden und hätten weiter im Gesundheitssystem wüten und ihre Schubladenpläne zur weiteren drastischen Reduzierung der Anzahl der Krankenhäuser sowie zur weiteren wirtschaftlichen Optimierung - sprich: Privatisierung - der medizinischen Daseinsfürsorge weiter fortsetzen können, wären wir möglicherweise schon auf dem Stand von Italien, Spanien oder den USA.
Ein weiteres überzeugendes Beispiel dafür, dass in der Post-Corona-Zeit der Neoliberalismus nichts mehr verloren hat.
Allerdings muss man gerade auch angesichts des immer wieder gehörten Selbstlobs der Regierenden doch einmal darauf hinweisen, dass im Vergleich zu vielen Staaten in Südost-Asien wie z.B. Vietnam, Süd-Korea, Japan, Taiwan etc. aber auch Neuseeland unsere Corona-Performance mehr als lausig ist. Hier einmal genau hinzuschauen, woran das wohl liegen könnte - z.B. an der Organisation des Gesundheitswesens, dort zentral, hier föderal - wäre mehr als lohnend.
Was unsere Ärzteschaft anbelangt, dachte ich bisher, es wäre ein einmaliger Ausrutscher gewesen, als der ehemalige Chef der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, der Lungenspezialist und pensionierte Professor mit Rechenschwäche aus Schmallenberg, Dr. Köhler, vor zwei Jahren in einer von der Automobilindustrie unterstützten Pneumologen-Studie nicht wahrhaben wollte, dass auch die Anwohner von durch Stickoxide und Feinstaub belasteten Autostraßen nachweislich an den gesundheitlichen Auswirkungen leiden. Jetzt wurde ich eines Besseren - oder sollte ich besser sagen: Schlechteren? - belehrt. Zu viele Ärzteverbände haben sich in der Corona-Krise nicht mit Ruhm bekleckert. Haben sie doch einzelnen ihrer Mitglieder in der Regel unbehelligt Narrenfreiheit gelassen, wenn diese den medizinischen Wissensstand leugneten und ihre falschen Erzählungen z.B. von der Schädlichkeit der Masken im Arzt-Kostüm auch auf Demos unter "das Volk" brachten oder gar gesetzeswidrig Pauschal-Atteste ausgestellt bzw. beworben haben. So viele verquere Heilsbringer sind mir da begegnet, dass ich mich schon frage, ob Mediziner-Examen und Promotion zum Dr.med. den heutigen Ansprüchen noch genügen? Einzelne ihrer Funktionäre haben sich selbst - leichtfertig? - in der alarmistischen Sprache dieser Corona-Verschwörungserzähler gemein gemacht und medizinisch Unhaltbares hinausposaunt, um nur einige wenige Ungeheuerlichkeiten anzuführen. Und in allem, da setzen sie eine lange praktizierte Tradition fort, haben sie ihre Patienten aus den Augen verloren frei nach dem Grundsatz - ein Ärzteverband ist ein Ärzteverband ist ein Ärzteverband!
Zum Glück gibt es aber auch Ärzte, die ihr Berufsethos ernst nehmen und einfach nur ihre Arbeit machen - und das stets vorbildlich! Diese werden doch eines Tages auch noch die Probleme mit ihren Berufsverbänden in Ordnung bringen können!
Ein Wort zu den Virologen, die ja in Corona-Zeiten besonders im Fokus stehen. Nachdem einige von ihnen in den Medien wie Filmstars hochgejubelt wurden, durften wir dann doch noch erleben: auch Virologen sind nur Menschen.
Wir sind also, was das medizinische System anbelangt, vergleichbar zu anderen Ländern nicht schlecht gerüstet. Das ist allerdings auch notwendig, liegen doch die täglichen Infektionszuwächse derzeit 4 mal so hoch wie zur Hochzeit der ersten Welle, die ersten Intensivstationen sind vollgelaufen und der Winter steht vor der Tür. Krankenhäuser haben zwar in High-Tech-Geräte investiert, doch fehlt es oft an Personal, um es zu bedienen. Die ersten Intensiv-Patienten werden quer durchs Land verschoben. Die zweite Welle ist - wie die Virologie vorausgesagt hat - mit heftigerer Wucht angekommen. Und weltweit steuern die Pandemiezahlen auf 60 Mio. Infizierte und 1,5 Mio Corona-Tote hin. Da müssen wir jetzt durch!
Andererseits macht uns die Impfstoffforschung berechtigte Hoffnung auf einen bald verfügbaren, wirksamen Impfstoff. Dass sich auch deutsche Unternehmen unter den aussichtsreichen Impfstoffkandidaten befinden, darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einstige "Vorzeige-Aptotheke" der Welt diesen Vorsprung längst dem neoliberalen Gewinnstreben geopfert hat.
Das nächste Jahr wird voraussichtlich das Jahr der Impfung sein. Und im darauffolgenden Jahr wird das Virus wohl weitgehend aus dem menschlichen Alltag ausgezogen sein. Dann können wir uns wieder schöneren und wichtigeren Dingen widmen.
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