Die Nacht über höre ich Tiere. Die ganze Nacht höre ich Regen, der jede Seite der Wände befühlt, ich höre das Haus, wie es das Wetter inhaliert, die Flut, die über provisorische Stufen steigt, das Dach, das meine sensationellen Träume beschwert. Ich frage mich, wieso ein Aufenthalt auf dem Land irgendetwas vergessen machen soll.
Ich höre die mitgebrachten Decken, im Schrank gestapelt, die grüngestrichene Tür und dass etwas gegen sie fliegt, etwas, das in den sturen Schlaf einer Städterin hinein und dort seine eskapistische Geschichte loswerden will.
Mein Ohr ist wie eine geöffnete Schüssel, in die alle ihre Zutaten kippen. Die ganze Nacht hindurch ist mir kalt, doch ich rühre mich nicht.
Der Text stammt aus dem Gedichtband Der zärtlichste Punkt im All (erschienen bei Suhrkamp). Silke Scheuermann wird am 25. 4. in Braunschweig beim Literaturfest "seitenweise" aus diesen Gedichten lesen.
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