Kein privater Militär-Dienstleister war im Irak so exponiert wie Blackwater U.S. - seit September ist es damit vorbei. Die irakische Regierung entzog der Firma die Lizenz, nachdem Blackwater-Agenten auf dem Nissur-Platz von Bagdad in die Menge gefeuert und dabei 17 Menschen getötet hatten. Das Unternehmen will sich nun in den USA selbst stärker engagieren und für lukrative Aufträge anbieten.
"Say no to war profiteers! Don´t drink Blackwater! No shadow army!"* Seit Monaten häufen sich im Umland von San Diego Proteste gegen den Sicherheitskonzern Blackwater U.S., der sich in Potrero mit einem neuen Trainingscamp etablieren will. Jan Hedlun, Mitglied des Gemeindevorstand von Potrero, der den Antrag des Unternehmens von Multimillionär Erik Prince prüft, rechnet vor: "Wir sind etwa 900 Einwohner - nicht einmal 15 Prozent sprechen sich für diesen Stützpunkt aus. Ein Privatmann hat zwar das Gelände bereits an Blackwater verkauft, doch die Belastungen für die Umwelt sind nicht geklärt." Allein der Wasserverbrauch in dieser ohnehin von Trockenheit und Waldbränden geplagten Gegend könnte heftig steigen, befürchtet Hedlun, dazu kämen viel Lärm, mehr Verkehr und eine stärkere Grundwasserverschmutzung.
"Die meisten Leute bangen um ihren Lebensstil", meint Chuck Lowery, Sprecher der North County Coalition for Peace and Justice, "sie jammern nach dem Motto, ich bin für Atomkraftwerke, ich bin für Afghanistan, ich bin für den Irak-Krieg, aber bitte nicht auf meinem Hinterhof. Das Wichtigste für die eute aus Potrero ist sicherlich, dass sie ihre Ruhe wollen."
Die Mitglieder der Friedensliga aus San Diego haben da andere Motive. Bereits jetzt rekrutiert Blackwater U.S. das weltweit größte und schlagkräftigste Söldnerheer. "Sollte in Kalifornien der Ausnahmezustand ausgerufen werden, könnte Blackwater als eine Art Nationalgarde oder Grenzschutz aufmarschieren. Deshalb wollen sie hier Quartier machen und ein geeignetes Terrain erwerben. Sie wollen einen Platz, der strategisch günstig liegt, um für kommende Aufträge gerüstet zu sein. Diese Leute sind Geschäftsleute. Sie töten Menschen und verdienen daran", ist Chuck Lowery überzeugt.
Wer verdient schon bis zu 1.000 Dollar am Tag?
Dagegen richtet sich der Protest der Frauen und Männer - darunter Irak-Veteranen -, die sich an diesem Novemberwochenende in Potrero treffen. Auch Jan Hedlun ist dabei. "Wir wissen nicht, ob sich Widerstand lohnt. Erik Prince hat beste Kontakte in Washington - Blackwater andererseits im Irak viele Fehler gemacht. Und wie man sieht, das Tal ist voller Menschen, die freiwillig hierher geströmt sind, um Nein zu sagen."
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hängen Transparente von Sympathisanten der Sicherheitsfirma. Brian Bonfiglio, Vizepräsident von Blackwater West und ein kräftiger Mittdreißiger mit dem typischen Tom-Cruise-Haarschnitt, hisst das Sternenbanner und scheint von Protesten wenig beeindruckt. "Wir erfüllen einen Vertag mit der US-Navy in San Diego und sind eigentlich schon seit 2001 hier. Nun erkunden wir in dieser Gegend neue Möglichkeiten. Das ist ein guter Platz, um unseren Job zu erledigen."
Bonfiglios, ein ehemaliger Marineoffizier, stieß 2003 zu Blackwater und wurde gleich in Bagdad mit dem Personenschutz für den damaligen US-Administrator Paul Bremer betraut, nachdem er zuvor als Sicherheitsexperte in Bosnien, Kroatien, Serbien und Afghanistan unterwegs war. Den Vorwurf, bei Blackwater sammelten sich Söldner und Legionäre, schiebt er lässig beiseite. "Ich bin ein Patriot. Zu sagen, wir seien ein Verein von Söldnern ist ziemlich respektlos gegenüber den Leuten, die für uns arbeiten. Glauben Sie tatsächlich, die Militärs in diesem Land kämen zu Blackwater und würden unsere Einrichtungen an der Ostküste oder in Illinois nutzen, hätten sie es dabei mit Söldnern zu tun? Unsere Regierung würde den Laden schließen. Sind wir ein Unternehmen? Ja! Werden wir bezahlt für den Service, den wir anbieten? Absolut! Ich denke, jeder hat einen Job, für den er bezahlt wird."
Aber wer verdient schon 600 bis 1.000 Dollar am Tag? Ein übliches Honorar, auf das im Irak ein Blackwater-Mann rechnen darf. Bonfiglio freilich bestreitet das, man müsse auch die Ausgaben für Training und Ausrüstung bedenken.
Unbestreitbar sind die Gewinne üppig, allein die Vertragssumme, die Blackwater für sein Engagement seit dem 11. September 2001 vom State Department kassiert hat, beläuft sich auf mehr als eine Billion Dollar. Aufträge kommen neben der Bush-Regierung von CIA und FBI, aber auch aus anderen Staaten. Blackwater ist in Afghanistan und am Kaspischen Meer präsent, unterhält ein Camp auf Barbados, verfügt über eine eigene Hubschrauber-Staffel und will der Kundschaft demnächst unbemannte Spionageflugzeuge anbieten. Zur Kernbelegschaft von 2.300 Mann gesellen sich im operativen Geschäft derzeit etwa 21.000 Sicherheitsagenten - von den außerdem pro Jahr ausgebildeten und als Eingreifreserve gehaltenen 45.000 Kadern ganz zu schweigen.
Erik Prince, Spross aus einer Milliardärsfamilie in Michigan, der das Unternehmen 1997 aus den Sümpfen von North Carolina holte und nach vorn brachte, ist im Weißen Haus gern gesehen und lässt sich gelegentlich von den christlichen Fundamentalisten segnen. Kürzlich teilte er in einem Newsweek-Interview mit, die Männer von Blackwater seien "Amerikaner, die für die amerikanische Regierung arbeiten". Prince blendete schlichtweg aus, dass Blackwater für den global war on terror genauso Söldner aus Chile rekrutiert, die schon für Augusto Pinochet im Einsatz waren, oder die berüchtigten Koevoet-Einheiten aus Südafrika sowie Söldner aus Jordanien, Polen und Südostasien. Dieses Personal verdient allerdings nur einen Bruchteil dessen, was Blackwater-Crews aus den Vereinigten Staaten als Einkommen beanspruchen dürfen.
Das kann die Army nicht mehr leisten
Seinen Aufstieg hat Blackwater nicht nur Erik Prince zu verdanken, ebenso Vizepräsident Cheney und Ex-Verteidigungsminister Rumsfeld, die das "Outsourcing militärischer Aufgaben" massiv voran getrieben haben. Seither sind neben Blackwater auch Player wie Halliburton, DynCorp oder Bechtel um die Sicherheit von US-Einrichtungen, US-Firmen oder US-Politikern besorgt.
"Wir übernehmen in unserem Segment ganz spezifische Aufträge", begründet Vizepräsident Bonfiglio den Erfolg. "Wir arbeiten mit Jungs, die früher einmal bei der Navy waren oder den Special Forces. Sie bekommen ein Training und dann werden sie unverzüglich als Sicherheitskräfte eingesetzt. Das kann die Armee längst nicht mehr leisten. Deshalb brauchen wir jetzt auch hier in Potrero dieses neue Ausbildungscamp." Auf der Kühlerhaube seines weißen Hummers breitet er die Lagekarte des künftigen Stützpunktes aus: Unterkünfte und Schulungsgebäude für rund 300 Anwärter und 60 Ausbilder, Lagerhallen für Munition und Waffen, Schießstände, einen Landeplatz für Hubschrauber und 341 Hektar für taktische Übungen.
Für Brian Bonfiglio hat Blackwater die Baugenehmigung so gut wie in der Tasche. Es gehe nicht mehr um irgendeine politische Entscheidung, allenfalls noch um die Umwelt. Auch das kein Problem. Blackwater wolle in diesem Talkessel siedeln, also werde man abgeschirmt sein und auch keineswegs soviel Wasser verbrauchen, wie die Leute hier befürchteten.
Für Chuck Lowery von der Coalition for Peace and Justice geht es sehr wohl um eine politische Entscheidung: "Leute wie Erik Prince und George Bush wollen, dass wir fortfahren so zu denken, wie sie es für richtig halten. Wir sollten daher deutlich machen, was wir wollen: Frieden an Stelle von Mord und Tod. Und einen Lebensstil, der andere Kulturen und Völker nicht grundlos zerstört. Der Krieg im Irak ist ein Krieg, bei dem es nicht einfach ums Öl oder um Demokratie geht, sondern um einen Feldzug gegen eine andere Kultur."
Deshalb werden Chuck Lowery und Jan Hedlun nicht müde gegen ein Unternehmen auf die Straße zu gehen, das an diesem Kulturkampf vorzüglich verdient und dadurch expandiert, wie sich in Portrero zeigt. Blackwater hat kein Interesse daran, diesen Krieg vorzeitig aufzugeben.
* Sag´ nein zu den Kriegsgewinnlern! Trink kein schwarzes Wasser!
Blackwater im Irak
Im März 2004 werden vier Sicherheitsleute von Blackwater, die eine Lieferung von Hilfsgütern im Irak begleiten, angegriffen und getötet. Eine aufgebrachte Menge verstümmelt die Leichen und schleift sie durch die Stadt.
Mitte Dezember 2006 erschießt ein angetrunkener Blackwater-Mitarbeiter den Leibwächter des irakischen Vizepräsidenten Adel Abdul Mahdi.
Anfang Mai 2007 kommt es zu einem Feuergefecht zwischen Blackwater-Leuten und Sicherheitskräften des irakischen Innenministeriums in Bagdad, das erst durch die US-Armee beendet werden kann.
Am 22. September 2007 bestätigt die US-Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Blackwater-Agenten, die beschuldigt werden, illegal Waffen in den Irak geschmuggelt und an die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) verkauft zu haben.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.