Die Lacher waren garantiert. „Söder auf Kreuzzug“, „Die Rückkehr der Kreuzritter“, „Wer nur im rechten Glauben lebt ...“, kommentierte die Twitter-Gemeinde am Dienstagabend, nachdem der bayerische Ministerpräsident verkündet hatte, demnächst werde in allen Behörden der Staatsverwaltung seines Landes ein Kreuz hängen. Dazu posteten die Spaßvögel in den sozialen Netzwerken Fotos, die Markus Söder mit Riesendildos in Regenbogenfarben zeigen, mit Rettich und Spargelstangen, Darth-Vader-Schwert, einer Teigrolle, einer Flasche Pils, einem Riesenjoint.
Was hatte Söder anderes erwartet? Nach seiner Erklärung, dass so ein Kruzifix kein „religiöses Symbol“ sei, sondern schlicht ein „Bekenntnis zur kulturellen Identität“. Erst recht verstoße das Kreuz nicht gegen das Neutralitätsgebot.
Darauf muss man erst mal kommen. Wenn es ein Symbol gibt, das christlicher, also religiöser nicht sein kann, ist das wohl das Kreuz. Ebenso präsentieren der Davidstern und die Menora ganz klar den jüdischen und der Halbmond den islamischen Glauben. Sikhs tragen als Zeichen ihrer Gesinnung einen Turban, Buddhisten vor allem Yin und Yang-Zeichen. All diese Symbole sind selbstredend ein Teil ihrer und Bekenntnis zur Identität der gläubigen Menschen.
Der Staat hat neutral zu sein
Nun darf jede und jeder glauben, woran sie und er möchte, gern auch öffentlich. Aber Glauben und Religion sind – zumindest in weitgehend säkularen Staaten wie der Bundesrepublik – Privatsache. Laut Verfassung gibt es hierzulande keine Staatskirche, es gelten Religionsfreiheit und weltanschauliche Neutralität des Staates, Religionsgemeinschaften sind selbstbestimmt.
Das ist gut so – und damit hört der Spaß bei Söders Vorstoß auf. Wo per Verfassung Neutralität verordnet ist, hat die Kirche nichts zu suchen. Weder in Amtsstuben, noch im Gerichtssaal, auch nicht in Schulen und Kitas.
Nun ist Bayern ein stark katholisch geprägtes Land, darüber hinaus gibt es bundesweit katholische, evangelische, jüdische Schulen und Kitas. Doch das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Allein der Mehrheitsglaube berechtigt nicht dazu, omnipräsent im öffentlichen Raum zu sein. Neutralität sieht anders aus. Und: Wer in Bayern lebt, ist nicht verpflichtet, dem Katholizismus zu frönen, ebenso gut darf man in Bayern atheistisch, muslimisch, jüdisch sein oder an die heilende Kraft von Horoskopen glauben. Das wird – soweit zumindest bekannt – nicht verfolgt.
Ebenso müssen Gläubige in ihrer Religiosität ernst genommen werden. Sie brauchen Orte, an denen sie ihren Glauben leben können, gern auch Schulen und Kitas, in denen ihre Kinder nach den Regeln des jeweiligen Glaubens unterrichtet und betreut werden. In staatlichen Schulen, Horten und Kindergärten indes haben weder Glaubensbekenntnisse noch religiöse Symbole etwas zu suchen. Das trifft auch auf öffentliche Gebäude und Verwaltungen zu.
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