Seit Monaten läuft die Debatte um #metoo. Befürworterinnen beklagen sexualisierte Gewalt und Sexismus in der Gesellschaft, Kritikerinnen sehen darin einen Angriff auf Männer. Ein Gespräch über Frauen, Männer und die Differenz der Geschlechter.
der Freitag: Frau Flaßpöhler, in Ihrem gerade erschienenen Buch „Die potente Frau“ greifen Sie die #metoo-Debatte hart an. Warum?
Svenja Flaßpöhler: Der Diskurs hat blinde Flecken, die ich beleuchten möchte.
Welche blinden Flecken meinen Sie?
#metoo hat einen generalisierenden Gestus. Ich frage: Was genau ist mit „ich auch“ gemeint?
Was, glauben Sie, ist mit „ich auch“ gemeint?
Ich bin ebenfalls Opfer geworden: Opfer eines Übergriffs, einer Belästigung, einer Vergewaltigung. Aber das sind verschiedene Situationen, in denen sich die Handlungsoptionen einer Frau in unterschiedlicher Weise darstellen.
Wie meinen Sie das?
Wenn ich vergewaltigt werde oder mit Gewalt zu etwas genötigt werde, habe ich keine Handlungsoptionen, klar. Wenn ich aber sexuell belästigt werde oder mich nicht wohl fühle in einer sexuell aufgeladenen Situation, habe ich durchaus die Möglichkeit zu agieren.
Wie sollten sich Frauen verhalten, wenn Sie sexuell belästigt werden?
Nehmen wir den Fall Brüderle ...
... der FDP-Politiker Rainer Brüderle, der zu einer Stern-Journalistin sagte: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“.
Schon in den 1970er Jahren haben Feministinnen wie Hélène Cixous eine weibliche Potenz gefordert, ein „Lachen der Medusa“, das den Brüderles dieser Welt zeigt: Schätzchen, deine Zeit ist vorbei. Eine solche Souveränität vermisse ich im aktuellen Diskurs. In unangenehmen Situationen nichts zu sagen und hinterher einen Artikel zu veröffentlichen oder #metoo zu twittern: Ist das das Verständnis von potenter Weiblichkeit, das wir unseren Töchtern mit auf den Weg geben wollen?
Zur Person
Svenja Flaßpöhler, 45, ist Philosophin, und Chefredakteurin des Philosophie Magazins. Seit ihrer Promotion über Pornographie und das moderne Subjekt hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht. Gerade erschienen: Die potente Frau: Für eine neue Weiblichkeit (Ullstein Verlag)
Foto: Horst Galuschka/Imago
Möglicherweise hätte ein „So nicht, Herr Brüderle“ keine Folgen gehabt und Altherrensprüche würden weiter fallen. Durch das Öffentlichmachen wurden sexistische Strukturen sichtbar.
Diese Strukturen wären weniger stark, wenn Frauen sie nicht selbst stützen würden durch passives, gefälliges Verhalten. Frauen katapultieren sich in die 1950er Jahre zurück, wenn sie in einer Zeit, in der sie so frei sind wie nie zuvor, rufen: Hilfe, das ist mir auch passiert, ich kann nichts dagegen tun. Und jetzt solidarisieren wir uns alle gegen die bösen Männer! Das ist zu unterkomplex als Gegenwartsdiagnose. Darüber hinaus führt die derzeitige Anklagerhetorik zu einer Verhärtung des Geschlechterverhältnisses. Anstatt die Konflikte direkt miteinander auszutragen, wird der Diskurs über die Öffentlichkeit gespielt.
Gesellschaftliche Diskurse werden immer über die Öffentlichkeit gespielt.
Mich erinnert diese Kommunikationsweise an ein Scheidungspaar, das nur noch über seinen Anwalt miteinander redet. Bei #metoo fehlt mir die direkte Auseinandersetzung mit den Männern. Zumal, das können Sexualtherapeuten bestätigen, oft gar nicht der Unterdrückungswille, sondern schlicht falsche Signaldeutung der Grund für eine aus weiblicher Sicht unangenehme Situation ist. Zudem liegen die Fälle, die jetzt öffentlich mit großer Aufmerksamkeit verhandelt werden, zumeist Jahrzehnte zurück. Warum projizieren Frauen die Vergangenheit auf die Gegenwart, anstatt den immensen Zuwachs an Freiheitsräumen zu sehen?
Damit leugnen Sie diskriminierende Strukturen: schlechtere Bezahlung von Frauen, fehlende Kita-Plätze, weniger Frauen in Führungspositionen.
Aber Frauen sind Teil dieser Struktur. Insofern ist es umso entscheidender zu sehen, inwiefern sich die kulturell implementierte sexuelle Passivität der Frau bis hinein ins Professionelle und Existenzielle erstreckt. Frauen verhandeln ihre Gehälter schlecht, sind viel zu zurückhaltend auch im Privatraum, wenn es etwa um Kinderbetreuung geht.
Damit individualisieren Sie ein gesellschaftliches Problem.
Wir leben nicht mehr im Patriarchat, sondern in einer Realität, die maßgeblich konkret durch Lebensformen gestaltet wird. Rechtlich gesehen haben wir Gleichberechtigung, faktisch aber nicht. Für das Faktische sind die Individuen selbst verantwortlich.
Nun sind nicht alle Frauen – wie auch Männer – gleich stark und können sich ausreichend wehren. Sind sie dazu verdammt, sexuelle Übergriffe und Diskriminierung zu ertragen?
Starke Frauen können sich mit weniger starken Frauen solidarisieren.
Genau das macht #metoo.
Aber wohin führt diese Form der Solidarisierung, die besagt: Wir werden von Männern unterdrückt, deshalb brauchen wir schärfere Gesetze. Ein solcher Feminismus erwartet nichts von den Frauen, sondern alles vom Staat und von den Männern, die sich gefälligst zurückhalten sollen.
Müssen sie das nicht?
Lustversprechender ist aus meiner Sicht, die Differenz der Geschlechter in ein wechselseitiges Wollen zu verwandeln.
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass es möglicherweise keinen Text im „Stern“ gegeben hätte, hätte nicht Herr Brüderle, sondern der Schauspieler George Clooney auf die Brüste der Journalistin geschaut. Steile These, die suggeriert, dass Frauen sich von attraktiven Männern Übergriffe gefallen ließen als von weniger attraktiven.
Vielleicht wäre die Situation ja gar nicht als übergriffig empfunden worden. Was ich als übergriffig oder erotisch empfinde, ist extrem kontextgebunden.
Sie meinen, wer eine Welt ohne Belästigung will, will eine Welt ohne Verführung?
Jede Verführung birgt die Gefahr, als Belästigung wahrgenommen zu werden. Wer verführt, weckt in einem oder einer anderen einen Willen, der vorher so nicht da war. Das ist per se eine Grenzüberschreitung und also riskant.
Es ist ein Unterschied, ob Flirt und Verführung in beiderseitigem Einvernehmen und auf Augenhöhe geschehen, oder ob jemand etwas macht, was die andere Seite nicht will.
Einer muss den ersten Schritt machen. Insofern wäre es begrüßenswert, wenn Frauen häufiger selbst verführten. So würden die Geschlechter besser verstehen, wie sich die jeweils andere Position anfühlt.
Sexuell vordergründige Frauen gelten rasch als Nymphomanin oder Schlampe.
Deshalb geht es darum, neue Normen zu etablieren. Wir haben heute die Chance dazu. Selbstbestimmung darf nicht nur eingefordert, sondern muss auch konkret gelebt werden. Das heißt übrigens auch, dass eine Frau den Mut haben sollte, einem Vorgesetzten, der mit ihr schlafen oder Pornos gucken will, zu sagen: Nein, ich komme nicht mit auf dein Hotelzimmer.
In manchen Situationen können Frauen sich nicht wehren, beispielsweise bei Partnerschaftsgewalt, um noch drastischere Gewalt zu verhindern.
Ja, es gibt Situationen ohne Handlungsoptionen. Aber zu behaupten, Autonomie sei nur lebbar, wenn damit keine Risiken einher gehen, führt den Begriff ad absurdum. Wer sagt, ich kann mich nicht wehren, sonst verliere ich meinen Job, hat das Prinzip Autonomie nicht verstanden.
Dass Frauen ihren Job verlieren, wenn sie dem Chef nicht folgen, ist doch Realität.
Ja, es gibt prekär situierte Frauen, vor die müssen wir uns stellen. Aber zu glauben, dass Selbstbestimmung ohne Eigenanstrengung zu haben ist, ist selbstgefällig und lässt ein immenses Potenzial ungenutzt.
Kommentare 65
Dem Buch wünsche ich eine weite Verbreitung. Es verspricht einen großen Erkenntnisgewinn für Frauen und Männer. Auch oder gerade weil es nicht polarisieren möchte, sondern Eigenverantwortung aufzeigt ohne mit dem Finger auf andere zu zeigen. Bitte mehr davon im "Freitag".
Zunächst fand ich, dass die Aussagen der Interviewten einen Ausweg aus einem (zumindest im öffentlichen Diskurs feststellbaren) versteinerten Geschlechterverhältnis andeuten könnten. Nur autonomes, mündiges Handeln von Männern und Frauen scheint das Mittel gegen Gewalt zu sein, in welcher Form auch immer übrigens. Im Moment ist wohl die obszöne Gewalt der Militärs angesagt.
Etwas irritiert hat mich aber gegen Ende der Satz (für den es auch noch eine Nachfrage brauchte):
"Ja, es gibt prekär situierte Frauen, vor die müssen wir uns stellen."
Ja, die gibt es in der Tat, und zwar in in einer Zahl, die sich bürgerlich situierte Frauen wohl nicht alpträumen lassen wollen. Da hilft ein "Vor die müssen wir uns stellen" nicht im geringsten. Und hier zeigt sich sehr schnell die Grenze eines Diskurses, der nicht zur Kenntnis nehmen will (und kann), dass die Gewaltfrage immer auch eine Klassenfrage ist. Die Verhältnisse, die sind nicht so. Die Antwort auf diese Frage kann nur politisch sein, im kritischen Befolgen der Maxime eines sehr patriarchalen Philosophen: Verhältnisse schaffen, in denen keine(r)... usw. usw. Ihr kennt das Zitat.
danke@Svenja Flaßpöhler
Zitat -- "Diese Strukturen wären weniger stark, wenn Frauen sie nicht selbst stützen würden durch passives, gefälliges Verhalten. Frauen katapultieren sich in die 1950er Jahre zurück, wenn sie in einer Zeit, in der sie so frei sind wie nie zuvor, rufen: Hilfe, das ist mir auch passiert, ich kann nichts dagegen tun. Und jetzt solidarisieren wir uns alle gegen die bösen Männer!--Zitatende
Also, wenn jemand höchst gefällig die männlichen Klagen und auch die männliche Intepretation der #metoo Debatte zu ihren eigenen macht, dann ist das Svenja Flaßpöhler. Superdevot, ehrlich. Sie will keine Strukturen erkennen, das Patriarchat ist auch vorbei (das liest man jetzt auch allüberall) und damit ist - kommt ja im Interview auch vor - das alles individualisiert.
Nichts dagegen, dass Frauen sich stärken müssen, wenn sie es aber tun, dann sollen sie es allein tun und - um Himmelswillen - nicht öffentlich drüber reden.
Zitat: -- "Jede Verführung birgt die Gefahr, als Belästigung wahrgenommen zu werden. Wer verführt, weckt in einem oder einer anderen einen Willen, der vorher so nicht da war. Das ist per se eine Grenzüberschreitung und also riskant".-- Zitatende
Na, damit ist sie im Mainstream. Verführung ist ja auch ein Begriff, der höchst doppeldeutig ist. Und alle Männer, die eine Frau anflirten begeben sich in höchste Gefahr.
-- Zitat Das heißt übrigens auch, dass eine Frau den Mut haben sollte, einem Vorgesetzten, der mit ihr schlafen oder Pornos gucken will, zu sagen: Nein, ich komme nicht mit auf dein Hotelzimmer.-- Zitatende
Wahrscheinlich wird das in den meisten Fällen so sein. Es geht nur immer darum, wo dieser "Mut" existenzielle Gefahren mit sich bringt und sich an wirklichen Machtverhältnissen bricht. Die aber interessieren Frau Flaßpöhler nicht .
-- "Lustversprechender ist aus meiner Sicht, die Differenz der Geschlechter in ein wechselseitiges Wollen zu verwandeln."--
Super, das ist ein Satz wie von einer PR-Agentur. Seid nett zueinander trotz der Unterschiede.
Und wie soll das gehen: Nicht #MeToo, sondern "Me and you and a dog named Boo"?
Wenigstens können Sie sicher sein, dass Ihr Kommentar nicht eingeklappt wird. Vom ersten habe ich noch in Erinnerung, dass er in der gleichen Weise wie Ihr Text geschrieben war. Allerdings kritisierte er nicht den Part der Interviewten. Das ist doch schon mal nicht Nichts.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-perspektive-auf-veraenderbarkeit
Hier wird das Thema auch sehr interessant behandelt.
Ich meine, Frau Flaßpöhler sagt viel Wahres. Etwa die Kritik an #metoo oder der Hinweis auf die durchaus sehr wahrscheinliche Differenz George Clooney - Rainer Brüderle. Letztere wäre, da bin ich recht sicher, sowohl empirisch aufzeigbar als auch psychologisch begründbar. Erstere ist dabei eine Kritik, die eigentlich die Medialität der heutigen Diskurse benennt - was allein schon am Zitieren und Nennen eines (vermeintlichen) Diskurses um sexualisierten Machtgebrauch mittels des sogenannten Twitter-Hashtags ablesbar ist - und dabei auf jedes beliebige Thema, um das viral im Internet gefochten wird, anwendbar ist.
Gleichermaßen gebe ich Deiner Analyse und Kritik recht. Trotzdem würde ich auch hier sagen, dass Flaßpöhler in den von Dir sezierten Punkten nicht falsch liegt - solange man der Problematik nur allzu theoretisch, auf dem Papier auseinandergesetzt, begegnet. Flaßpöhler ist im Ganzen viel zu akademisch und damit zu wenig an der Wirklichkeit und, ja, einer Machbarkeit für betroffene Frauen orientiert. Tatsächlich ist ihr "Ja, es gibt prekär situierte Frauen, vor die müssen wir uns stellen" am Ende nicht mehr als eine leere Zugabe, die ich ihr nicht recht abnehmen kann.
Welche Eigenverantwortung zeigt sie denn auf? Ich kann nichts erkennen. Nur, dass Frauen sich medial nicht kurzschließen sollen, habe ich verstanden. Und sie sollen potenter werden. Super.
"Welche Eigenverantwortung zeigt sie denn auf?"
Für mich spricht sie das in fast jeder Antwort an, aber möglicherweise haben wir verschiedene Wahrnehmungen.
"Handlungsoptionen einer Frau" "durchaus die Möglichkeit zu agieren" "In unangenehmen Situationen nichts zu sagen und hinterher einen Artikel zu veröffentlichen oder #metoo zu twittern: Ist das das Verständnis von potenter Weiblichkeit, das wir unseren Töchtern mit auf den Weg geben wollen?" "Bei #metoo fehlt mir die direkte Auseinandersetzung mit den Männern." "Frauen verhandeln ihre Gehälter schlecht, sind viel zu zurückhaltend auch im Privatraum, wenn es etwa um Kinderbetreuung geht." Usw.
Ich halte das Clooney Argument für ein bisschen arg tückisch. was will sie damit denn sagen? Bei Brüderle gings um ein Dienstverhältnis.
"Und hier zeigt sich sehr schnell die Grenze eines Diskurses, der nicht zur Kenntnis nehmen will (und kann), dass die Gewaltfrage immer auch eine Klassenfrage ist."
ich frage mich seit monaten, wieso der diskurs die klassenfrage nicht erkennen will. aber dass er es gar nicht kann, ist mir bisher nicht in den sinn gekommen. weil er dann, in seiner jetzigen form, obsolet und in der neuen wahrscheinlich verboten wäre? oder wie meinen sie das, bitte?
Die Interviewte macht es sich viel zu einfach, indem sie alle Verantwortung und Schuld den Frauen in die Schuhe schiebt.
Ich lese daraus folgendes:
Das Patriarchat oder eine patriarchal geprägte Gesellschaft kann nicht schuld sein, die gibts ja nicht mehr. Die Frauen werden belästigt, weil sie sich nicht wehren...
Sorry, das ist doch alles Bullshit.
Hoho, Svenja Flaßpöhler, die Verführerin der #metoo-skeptischen Männeken. Und sie hat Erfolg. Naja, gehört bei dem Publikum auch nicht viel dazu.
"Wer verführt, weckt in einem oder einer anderen einen Willen, der vorher so nicht da war."
Der Satz ist hanebüchen. Und erstaunlich, dass die Interviewerin, das Stichwort zu diesem "Schau-mir-in-die-Augen-Kleines-Ich greif-Dir-in-den-Nacken-und-raub-Dir-einen-Kuss"-Kitsch gibt. Schwache Leistung, Simone Schmollack.
Die erotische Begegnung zweier Menschen beginnt nicht damit, dass der eine des anderen Willen ignoriert oder gar bricht, um ihn (sie) so zu manipulieren (zu "verführen") oder dahingehend zu nötigen, dass er (sie) sich eines anderen Willens befleißigt. Eine solche Beziehung beginnt mit dem feinfühligen Versuch einander "zu erkennen", wie es schon in der Bibel (na, holla) ausgedrückt wird. Das heißt nämlich, den wirklichen, souveränen Willen des anderen zu ergründen. Dann, nur dann, wenn es "passt", können beide auf etwas einschwingen.
"Verführen" - was für eine lächerliche, spießig kitschige, bürgerlich-romatisierende Vorstellung von einem Akt, der in Wahrheit genau wie in der Warenwerbung und in der herrschaftspolitischen ideologischen Rhetorik nichts weiter als Manipulation und Entmündigung bedeutet. Der sich erfolgreich nur zwischen zweien abspielen kann, zwischen denen ein Machtgefälle besteht. Das, was der Junker von Falkenstein mit dem Pfarrerstöchterlein von Taubenhein gemacht hat - das ist Verführung.
Welcher souveräne Mann will sowas?! Ich will eine Frau, die mich will, und die mich will, weil ich sie will, denn auch ich will nicht "verführt" werden. Hin und wieder passiert das, dieser Einklang des Wollens, der nicht manipulativ herbeigeführt werden muss. Es ist jedesmal ein Abenteuer und jedesmal schön.
Naja, wenn man "verführen" im Wortsinne verstehen will ... - und nichts anderes tut hier offenbar die Philosophin. "Verführung" bedeutet für uns heute freilich schon eher die von Dir beschriebene Begegnung auf Augenhöhe, wobei klar ist, dass einer/eine aktiv und der/die andere zunächst eher passiv ist. Die zeitgenössische Lautung von "verführen" wäre wohl "rumkriegen" oder "abschleppen".
"Naja, gehört bei dem Publikum auch nicht viel dazu."
Ganz schön dreist und der nachfolgende Kommentar lässt vermuten, dass man das besser vorher vertraglich absichert: nur für den Fall der Fälle.
Damit eine Frau mich will, muss ich wollen, dass sie mich auch will. Das wäre nun das Mindeste, denn wenn sie mich nicht will, wäre einfach schlecht. Bis ich es nun genau raus habe, ob sie mich eventuell will, begebe ich mich aufs "Glatteis", es sei denn ich frage ganz vorsichtig: "Könnten sie sich vorstellen, mich zu wollen (es gibt bessere Worte für "wollen")? Und wenn nicht, was kann ich da machen, um das zu ändern?
Wie auch immer man die Wege beschreitet, ein "gemeinsames Abenteuer" braucht eine gewisse Vorlaufzeit und die beinhaltet gewisse Risiken "Jede Verführung birgt die Gefahr, als Belästigung wahrgenommen zu werden. Wer verführt, weckt in einem oder einer anderen einen Willen, der vorher so nicht da war. Das ist per se eine Grenzüberschreitung und also riskant."
Wer nun "verführen" nur als Kontext von Kitschromanen deutet, dem sei gesagt, es lässt sich durch andere Begriffe ersetzen, der den "Zauber" der Annäherung berührt.
Klasse, Frau Flaßpöhler!
Eine #metoo-Kritikerin im eignen Blatt zu Wort kommen zu lassen, ist ein Zeichen der Staerke von dF und demonstriert souveraen, dass man im Blatt keine Angst vor anderen Meinungen hat. Frau Flasspoehler habe ich aus einigen TV-Diskussionen wiedererkannt. Da gab es zum Teil heftige Schlagabtaeusche mit engagierten uneingeschraenkten #metoo - Befuerworterinnen. Fuer mich ist das schondas, was ich eigentlich lieber hoeren moechte. Man ist ja irgendwie Mann und das von Frau Flasspoehler klingt nicht gar so anklagend. Nun geht es nicht um meine seelischen Befindlichkeiten, sondern um das Recht der Frauen aug koerperliche Unversehrtheit. Ich denke schon, dass die meisten Maenner, die die "reine Lehre" von #metoo nicht all zu nahe an sich ranlassen wollen das Recht der Frauen auf koerperliche Unversehrtheit natuerlich hoch achten und respektieren. Das tue ich natuerlich auch. Das ist ja selbsverstaendlich. Ich wollte mich nur mal wirklich ehrlich machen. Zu schreiben, dass ich von allem total begeistert bin und nachts vor Begeisterung fuer #metoo nicht schlafen kann, waere eben auch gelogen. Wenn es natuerlich um das Recht der Frauen um koerperliche Unversehrtheit geht, sehe ich natuerlich keinen Spielraum. Das ist uneingeschraenkt durchzusetzen.
So ein bisschen stoeren, tut #metoo mich manchmal eigentlich nur in der Art undWeise , wenn die Diskussion zu forciert und militant gefuehrt wir. Das gilt selbstverstaendlich nicht nur fuer Frauen, sondern auch fuer Maenner, die sich als #metoo - Kritiker auch nur ganz Einfach und ohne Rueckssicht die Diskussion dominiren wollen. Das nervt ebenso. Die grundsaetzlichen Motive von #metoo haben aber meine volle Unterstuetzung und meine ganze Solidaritaet.
mal butter bei die fische. jedes kennenlernen erfordert grenzüberschreitung. die frau gibt die signale. der mann führt seine tänzchen auf. hat er mißdeutet oder sie entscheidet sich um oder ändern sich die regeln, endet er heute u.u. global geoutet auf einer ebene mit grabschern und schlimmerem. und die regeln ändern sich. was, wenn ein unautorisierter augenkontakt, dokumentiert mit der unsichtbaren googlecam in zwei jahren für einen shitstorm reicht, der ein leben ruiniert? oder ein gedicht? ja ja.
und das ganze legitimiert sich, weil mehr männer als frauen chefs sind und kita-plätze rar und weinstein und wedel. kommen sie, überzeugen sie einen alleinerziehenden nicht-chef, der genau so viel verdient wie seine kolleginnen und den gleichen chef hat, wie sie auch. warum sollte ich, als vordefinierter teil des patriarchats, jetzt unbedingt genau darauf stehen?
ich sehe nicht mal mehr einen weg, mich solidarisch oder mitfühlend oder irgendwie zu zeigen, ohne als unterwürfig oder mich schuldig bekennend mißdeutet zu werden. der funke hat das gebüsch in brand gesteckt. die jüngerinnen tanzen um das feuer. die prophetin tritt ab, wird balsamiert, es war nicht zu ertragen. ich übertreibe ein bißchen :)
Dieses "Clooney" Argument wurde in Studien schon bestätigt. Ist aber auch nichts geheimnisvolles sondern schon Jahrhunderte ersichtlich.
Loriot: "Männer sind... und Frauen auch!"
"Die Interviewte macht es sich viel zu einfach, indem sie alle Verantwortung und Schuld den Frauen in die Schuhe schiebt."
Der Diskussion würde es gut tun, wenn man Schuld und Verantwortung voneinander trennt sowie zwischen Vergewaltigung und Belästigung differenziert. Frau Flaßpöhler macht das trotz der suggestiven Fragen souverän. Keine Frau und auch kein Mann sind Schuld an der Vergewaltigung, die ihnen widerfährt. Es ist bezeichnend, dass man diesen Geßlerhut immer wieder zu grüßen hat. Die eigene Verantwortung kommt aber in vielen Fällen von Belästigung zum Tragen. Am Beispiel von Frau Himmelreich ist das sehr deutlich. Es kann sein, dass sie in dem Augenblick so perplex war, dass es ihr die Sprache verschlug. Nach einer gewissen Bedenkzeit und auch mit dem Rat von Freunden, wäre in den nächsten Tagen aber ein klärendes Gespräch möglich gewesen. Stattdessen nutzt sie ihre Stellung als Journalistin nach über einem Jahr aus, um eine Kampagne loszutreten. Damit hat sie in meinen Augen weder ihre private noch ihre berufliche Verantwortung adäquat wahrgenommen. Genau diesen Sachverhalt bringt die Interviewte zum Ausdruck und wird hier in der Diskussion diffamiert. Die #metoo-Diskussionen sind voller solcher undifferenzierter und substanzloser Anschuldigungen. Damit verhindern sie zum Teil die wirklich notwendigen Änderungen.
Zumindest verweist Flaßpöhler sehr deutlich auf eine logisch/psychologische Verwerfung in der #metoo-Apologetik: Sind Frauen jetzt stark, oder sind sie Opfer? Oder sind sie starke Opfer, geopferte Starke oder mal Opfer, mal stark, je nach Bedarf? Es scheint immer wieder von den Sachverhalten abzuhängen, die feministischerseits gerade als einzig mögliche Sichtweise verkauft werden sollen. Ganz davon abgesehen, dass es in dieser feministischen Perspektive außer starken oder geopferten Frauen überhaupt keine normalen Frauen mehr zu geben scheint, mit Schwächen und Stärken und Problemen und Lösungen, die mal scheitern und mal gewinnen, wie alle Menschen.
Das Sozial- und Individualwesen Mensch hat eine Nähe- und eine Distanzierungstendenz, also eine situativ schwankende psychosoziale Grenze des Selbst. Begegnungen und Bindungen von Menschen können daher ge- oder mißlingen, je nachdem, ob die komplementären Bedürfnisse harmonieren oder nicht. Unmittelbare sexuelle Attraktion und stabile Gefühle der sexuellen Wunschproduktion sind dabei besonders konfliktträchtige, wenig Spielraum lassende Impulse. Damit ist der Bereich des ambivalenten Probehandelns in Verführung und Widerstand vergleichsweise eng, man kommt schnell geschlechtsunabhängig an die Entscheidung von Einverständnis oder Zurückweisung.
Das wäre weniger problematisch, wenn die Menschen sich als anerkannt autonome Subjekte gegenübertreten würden. Hier kommt die Rolle der Gesellschaft ins Spiel, die den Individuen strikte Reziprozität als regulative Norm auferlegen, aber auch eine Seite, im Fall des Patriarchats die männliche, begünstigen kann. Solche Bevorzugung bedeutet, einer Seite wird der Subjektstatus zuerkannt, die andere wird zum Objekt.
Nun hat die Philosophin richtig festgestellt, daß im modernen Kapitalismus das Patriarchat ein afunktionales Relikt ist. Das heißt allerdings nicht, daß es schon aufgelöst wäre. Richtig aber ist, daß die Asymmetrie von Gewaltverhältnissen mehr auf der kapitalistischen (ökonomischen) Klassenstruktur als auf der der Geschlechtsklassen beruht (tatsächlich überlagern sich beide). Heute ist man hauptsächlich als Vermögender Subjekt, als Armer Objekt. Aber natürlich hat sich in der Vermögensverteilung das vormoderne Patriarchat vorstrukturierend erhalten. Daß jedoch die Machtposition bedeutsamer als die Genderposition ist, sieht man an dem Ausmaß des Mißbrauchs von Jungen, der dem der Mädchen wenig nachsteht, wenn überhaupt. Daß (ökonomische) Macht für sexuelle Ziele genutzt wird, ist doch so empörend wie selbstverständlich.
Die Antwort muß allerdings die Abschaffung von instrumentalisierbarer Macht sein. Der Kampf gegen sexuelle Gewalt ist nicht hinnehmbar, aber sekundär. Sehr wichtig ist die Differenzierung von physischer Gewalt und Belästigung, rein symbolischer Aggression. Auch der Vorschlag der Philosophin, daß Frauen souverän handlungskompetent werden müssen, ist richtig, nur setzt er die gesellschaftliche Befreiung von den Strukturen voraus, die die Handlungsautonomie knebeln und unterschätzt etwas die Macht gesellschaftlich herrschender Strukturen. Man darf der Me-too-Bewegung durchaus einen notwendigen Zwischenschritt zubilligen.
"Man darf der Me-too-Bewegung durchaus einen notwendigen Zwischenschritt zubilligen."
Heißt das, wir sind jetzt bereits einen Schritt weiter mit dem Versuch, der unter dem Label #metoo betriebenen Lynchjustiz den Status von Legitimität zukommen zu lassen?
„Sind Frauen jetzt stark, oder sind sie Opfer? “
Eine eindeutige Antwort muss her, denn sonst haben wir ja eine „logisch/psychologische Verwerfung in der #metoo-Apologetik“.
Ich find‘s lustig, dass die / ein Kritiker des angeblich pauschalen Männerbilds des Feminismus ein pauschales (logisch widerspruchsfreies) Frauenbild haben / hat und dies auch von feministischer Seite erwarten / erwartet.
Dreist, immer gern. Du musst Dich aber nicht unbedingt angesprochen fühlen.
“Vertraglich absichern“ - warum käuest Du jetzt diese alberne „Interpretation“ noch einmal wieder?
Was die „Verführung“ angeht, da scheinst Du ähnlicher Ansicht zu sein wie ich. Das Wort ist seiner immer noch gültigen Semantik wegen heute unbrauchbar geworden, um Beziehungsanbahnungen zu beschreiben. Die Definition von Flaßpöhler ist entlarvend. Dabei kann ich mir aber kaum vorstellen, dass sie selbst gern ihren Willen von einem Mann geändert haben möchte...
Im Gegenteil. Die Me-too-Kampagne hat gezeigt, wie groß die Opferzahlen sind und Frauen sich als Opfer fühlen, jetzt ist es Zeit, mehr in Richtung Flaßpöhler zu denken. Mir ging es darum, nicht die binäre Simplifizierung gut-böse, Täter-Opfer nachzuplappern, aber dennoch die Problematik anzuerkennen. Ich wundere mich, daß mein Text nicht so verstanden wird.
ich find's auch lustig, was ein/e ApologetIn des Fundamentalfeminismus an witzigen Sachen zu sagen weiß, wenn er/sie zur Sache nichts sagen, aber trotzdem die feministische Fahne hochhalten will.
Wie sollte denn "instrumentalisierbare Macht" abgeschafft werden?Ich meine, so rein faktisch in der realen Welt, nicht in den Sphären des Ideellen und Hehren?
Solange diese Frage keine Antwort im rein Faktischen erhält, bleiben alle daran anknüpfenden netten Vorstellungen machtrelativ.
Nicht machtrelativ, relativ ist das Stichwort. Daß Gewalt, Verbrechen, Heimtücke, Verrat, daß Dummheit und Rohheit jemals verschwinden – davon ist nicht auszugehen. Aber es liegen Chancen im Zivilisationsprozeß, daß, auch wenn er nur Tünche ist, diese Tünche dicker wird, wir uns von den Übeln, die ja nur in unseren Augen Übel sind, ein Stück weiter entfernen. Das Benennen der Übel ist schon ein Distanzieren. Damit beginnt der relative Fortschritt, der uns möglich ist. Wer mehr will, ist ein Phantast, wer das nicht will, ist ein menschenfeindlicher Zyniker, Selbsthasser oder Verzweifelter.
PS. Das ist noch zu negativ formuliert. Wir können das Gute einüben und dann wird es eine fragile Realität.
Fragt sich, ab wann die Unmenge der Brüche dieser fragilen Realität Systemcharakter und damit seinerseits Realitätsgehalt annimmt. Wenn ich mit "das Gute" ansehe, das sich westliche Industrie-/Militärgesellschaften einüben und sehe, wer den Preis dafür bezahlt, bin ich nicht geneigt, die Menschenfeindlichkeit bei dem Zyniker zu verorten, der sie beschreibt.
Wir sind in dem kapitalistischen Endspiel. Da wird hauptsächlich die verkrampfte Abwehr des Guten eingeübt. Da kann man Pessimist werden. Aber das Schlechte, das auch das Dumme ist, wo hat es jemals dauerhaft gesiegt?
Schon wenn keine langfristige Fortschrittsentwicklung erkennbar ist, hat der Pessimist recht. Aber können Sie in der Geschichte tatsächlich keinerlei Fortschritt erkennen?
"Aber können Sie in der Geschichte tatsächlich keinerlei Fortschritt erkennen?"
Zyklen kann ich erkennen, die können temporär wie Fortschritte wirken. Aber die Umkehr der Pendelbewegung kommt so sicher wie das letzte Ausatmen. Ein linearer Geschichtsverlauf, von den grauenvollen Abgründen der Altvorderen zu den lichtdurchdrungenen Höhen der zukünftigen Menschenfreunde? Nein, kann ich nicht erkennen. Änderungen der Darstellungsweise, nicht des Gehalts.
Abschleppen und Rumkriegen - „Das ist soo Achtziger!“ 😁
😂
„ein/e ApologetIn des Fundamentalfeminismus “ - äh, meinst du mich? Nee, kann nich sein. Da muss eine Verwechslung vorliegen.
Dass du das Sachliche in meiner zugegeben ironischen Äußerung nicht erkannt hast.. hm hm...
Na, ich versuchs noch mal. Die in deinem Statement enthaltene Forderung nach einem logisch widerspruchsfreien Frauenbild steht im Gegensatz zur üblichen maskulistischen Kritik an einem (angeblich) widerspruchsfreien, sprich pauschalen Männerbild.
Zum Ende der Achtziger plus zwei drei Jahre hatte ich auch meine letzte Freundin aber darum geht es hier ja nicht. Schnueff. 😂
„jedes kennenlernen erfordert grenzüberschreitung.“ Erfordert? Sonst kein Kennenlernen? Grenzüberschreitung, selbst als Metapher noch ein aggressiver Akt, der patriarchal immer nur in eine Richtung gehend vorgestellt wird. Nach dem Muster „die frau gibt die signale. der mann führt seine tänzchen auf“. Wieso ist die Vorstellung denn so abwegig, dass diese Kommunikation ein wechselseitiges „Signalgeben“ und die Interaktion ein Miteinandertanzen ist?
Wenn du ein guter Kollege und vor allem ein gutes Alleinerziher bist, wirst du auch immer noch mit etwas guten Willen solidarisch und mitfühlend sein können. Einfach mal wieder ausprobieren.
Ich entnehme deinem Statement, dass plausible und konsistente Außerungen auf Grundlage feministischer Frauenbilder nicht erwartet werden dürfen. Das hätte ich so nicht erwartet.
"Wieso ist die Vorstellung denn so abwegig, dass diese Kommunikation ein wechselseitiges „Signalgeben“ und die Interaktion ein Miteinandertanzen ist?"
das ist so 00er :) ich tanze die heutige triggerdogmatik einfach ein stück weiter (kann jede/r, 4/4, marsch) und befürchte, dass heute noch gedecktes "miteinandertanzen" - ähnlich wie zuletzt schon durchaus distanzwahrendes "bewundern" (gomringer) - in wenigen jahren als übergriffigkeit umempfunden, als musterverhalten des überkommenen patriarchats entlarvt und rückwirkend angeprangert werden könnte.
so mitfühlend kann ich schon heute sein mit der nächsten generation.
Ach, sei nicht so negativ, Deine Kinder brauchen einen fröhlichen Vater. :-))
Ich hoffe, Ihr habt einen entspannten, milden Frühsommerabend.
nein, ihr "verführungs"-begriff ist alt-backen,
geht nicht darauf ein, daß in vielen menschen ambivalenzen schlummern,
die durch "heraus-forderungen" , erregungen aktiviert werden können,
wege zu intimerem umgang öffnen können.
die kurze befragung hier ergänzt: -->deutschlandfunk
"ein sträflich generalisierender diskurs" zum lesen und hören (7.5.18)
Wieso "mein" Verführungsbegriff? Ich hab nur den von Flaßpöhler zitiert. In dem DLF-Beitrag wiederholt sie ihn nochmal: "Wer verführt, führt einen anderen dahin, wo er vorher nicht war, er weckt einen Willen, von dem er nichts wusste oder den er so gar nicht hatte. Das heißt, wer verführt, manipuliert immer ein Stück weit und vor allem macht er den ersten Schritt, er übertritt eine Grenze, so klein sie auch sein mag." Sie wird hier sogar noch ein bisschen deutlicher, von wegen "manipuliert" usw.
Flaßpöhler hat ihr Konzept von der heterosexuellen Begegnung - bitte. Ich persönlich hab kein Interesse an Frauen, die von mir manipuliert werden wollen. Ich verstehe auch nicht, warum das - das sich manipulieren aka verführen LASSEN wollen - ein Zeichen für weibliche "Potenz" sein soll. Aber wie gesagt - bitte, wenn's ihre Neigung ist. Es finden sich bestimmt genug Kandidaten, die entsprechend dienstbar sind.
Aber: Dieses Konzept zu begründen, bräuchte es den Verweis auf den hashtag metoo! nicht. Argumentativ-rhetorisch ist das ein völliger Fehlgriff. Die Frauen sind (viele) einzelne konkrete Menschen, die einzelne konkrete Erlebnisse mitgeteilt haben. Frau F. müsste also auch in jedem konkreten einzelnen Fall beurteilen, ob es sich dabei jeweils um mangelnde weibliche "Potenz" handelt. (Auch dieses pseudo-originelle Vulva-Gequatsche ist im #metoo! Zusammenhang irrelevant.)
Ein vielleicht (!) fragwürdiges Frauenbild entsteht erst in der verallgemeinernden medialen Reflexion, an der sich Flaßpöhler mit ihren Interviews - OHNE auf den einzelnen, wirklichen Fall einzugehen - selbst auch beteiligt. Sie hilft somit herbeizureden, was sie kritisiert.
Im übrigen: Der massenweise meist von Männern erhobene Vorwurf der unzulässigen Vorverurteilung und gesellschaftlichen Desavouierung von namentlich per #metoo! genannten Mannspersonen trifft nicht die einzelne Frau, die belästigt, beleidigt, genötigt, gar vergewaltigt wurde. Keine einzige von denen hat mit dem Ausprechen eines Geschehens eine juristische Entscheidung getroffen. Keine einzige hat die Entlassung eines Filmstars aus einem Serien-Cast oder sonst dergleichen verfügt. Das haben andere getan, aus Image- und sonstwas für vorauseilend kommerziellen oder ähnlichen Schaden begrenzenden Gründen.
Goedzak, Ihre Definition von Verführung zeugt durchaus von altmodischen Vorstellungen sowie ihre abgeklärte Herangehensweise an Begehren wenig leidenschaftlich klingt. Wovor haben Sie Angst?
Es gibt ein sowohl kulturell wie auch individuell unterschiedliche Vorstellung, was die Wertung von "Übergriffigkeiten" betrifft. (Nein ist Nein!)
Interessant eine Untersuchung zum Flirten, was Margret Mead im II. Weltkrieg herausgefunden hatte. Das war für mich eher nicht zu erwarten.
Wer küsst, hat nachgegeben _ damals wie heute...;-)
Aber im Ernst: Was hat uns die sexuelle Revolution tatsächlich gebracht? Bzw. : Wie wurde sie manifestiert.
ich denke,
es geht um die frage,
ob man/auf welche weise man
durch einen anderen ein anderer wird/werden kann.
- zunächst: übergriffe, in denen es keine handlungs-option für das opfer gibt,
schließt frau dr. flaßberg ja explizit aus "manipulativen",
aktivierenden begegnungen aus.
aber dort, wo situationen nicht von gewalt durch-herrscht sind,
fordert sie frauen auf, eine aktivere rolle einzunehmen,
sich selbst zu be-mächtigen.
ohne selbst-ermächtigung keine emanzipation.
die weibliche passive potenz soll selbst-aktiviert werden,
und zwar nicht durch einen männlichen zauber-stab,
der wie auf der rotierenden töpfer-scheibe aus lehm eine vase formt.
diese her-kömmliche art der manipulation,
gestalt-werdung der frau durch den mann,
ein akt männlicher nachfolge-schöpfung,
bisher gedacht im ehe-schluß,
der "im weibe" die wesens-gemäße reproduktions-rolle aktiviert,
ist eine patriarchalische zwangs-vorstellung.
-->wiki: akt und potenz.
das bild von der ohn-macht der frauen schwächt.
frauen sollen sich als aktive spieler im geschlechter-spiel
erkennen und einbringen.
da wo geschlechter-krieg herrscht, sind andere seiten aufzuziehen.
ja, dieser hinweis zum--->flirt(wiki) bringt zweierlei:
-daß kulturell unterschiedliche modi(gender-sprechweisen)
existieren und kollidieren können.
wie wir heutzutage(erst seit köln,haupt-bahnhof?) bestätigt finden.
-daß die westliche kultur des flirts eine (entwicklungs-)geschichte hat.
und zwar eine höf-liche: nicht nur in der mittel-alterlichen
troubadour/minnesang-kultur, auch am absolutistischen hof
wird die lust an der wirkung des eigenen auftritts ge-übt:
le plaisir de paraitre.durchaus nicht nur für männliche gockel.
die tendresse in der herrschenden, adligen klasse
wird über die salons nach dem rokoko
von der bürgerlichen "empfindsamkeit" gemodelt.
s.o.
Ist das schon Altersstarrsinn?
Ach so, Du meintest mit "s.o." das hier?! Dann nehme ich's zurück und bitte um Entschuldigung!!
Zum sofortigen angemessenen Antworten fehlt am frühen Morgen dieses Werktags leider die Muße.
Ich weiß, die peer group-Tendenz wird mit allen Mitteln verteidigt. Aber "abgeklärt" und "Angst" ist doch ein bisschen sehr inkongruent. Fernanalyse musst du noch üben.
Mal abgesehen davon - ich wiederhole mich -, dass ich nicht meine Definition von Verführung geäußert, sondern eine zitiert habe.
ich gebe kleinlaut zu, daß ich mich in gender-fragen
bei meiner tochter (23) rück-versichere.
frau stokowski hat frau flaßpöhler in einer bannschrift bei den unsolidarischen frauen einsortiert, aber dankenswerter weise dabei auf einen vorab-auszug aus "die potente frau ..." verlinkt. und den nun wieder habe ich gerade gern gelesen.
https://www.welt.de/icon/iconista/article175847071/Vorab-Auszug-aus-Die-potente-Frau-Fuer-eine-neue-Weiblichkeit.html
inhaltlich ist das 1000% das, was ich immer sage und vorzuleben versuche. nur versteh ich nicht, was das mit einem "fehlverhalten" bei #metoo zu tun hat. ich habe auch #metoo gepostet, weil es mir darum ging, das AUSMAß , die schiere menge der betroffenen öffentlich zu machen. das ist vielen männern nämlich überhaupt nicht bekannt und bewusst, das weiß ich aus zahlreichen diskussionen.es gibt auch gesetzliche regelungen, die aus meiner sicht fragwürdig sind, was nicht heißt, dass ich "nach härteren gesetzen schreie".und gleichzeitig signalisiere ich sehr klar und proaktiv, agiere in jeder übergriffigen situation selbstbewusst und konfrontiere die männer mit ihrem verhalten, wenn ich es problematisch finde. (beispiel: der typische griff aufs knie von älteren herren. da tätschle ich zurück, sage "na, geht es mit Ihnen gerade durch? solche dominanzgesten sind doch wirklich von vorgestern" und gut ist.)
Leider wird hier auch nur allegemein und pauschalisierend von Frauen gesprochen.
Welche Frauen meint Frau Flaßpöhler, wenn sie von Frauen spricht? Frauen, die vergewaltigt worden waren.
Frauen, die sexuelle Belästigung erfahren haben.
Frauen, die weggeschaut haben.
Frauen, die den vergewaltigten Frauen die Schuld gegeben haben.
Frauen, die Grapscher gedeckt haben.
Frauen, die sich gewehrt haben.
Frauen, die sich nicht gewehrt haben.
Frauen, die Männer belästigt haben.
Frauen, die hochgeschlafen haben.
???
Sind Frauen, die hochgeschlafen haben, potenter und besser als Frauen, die vergewaltigt wurden?
Haben sich die Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben, zuwenig gewehrt?
Geht Frau Flaßpöhler davon aus, dass ein Vorgesetzter, der mit einer Mitarbeiterin schlafen will, ihr explizit vorher sagt, dass sie mit ins Hotelzimmer kommen soll, weil er mit ihr schlafen will?
Leider bestätigt gerade dieser Abschnitt die Meinung von Frau Stokowski. Es ist eine klassische, alte Bagatellisierungsmethode bei sexueller Gewalt, dass den Betroffenen unterstellt wird, dass sie sich mit ihrer Geschichte nur interessant machen wollen würden. Frau Flaßpöhler schreibt selbst: "Eine solch selbstbestimmte Haltung ist oft und aus verschiedenen Gründen nicht leicht. Zumal dann nicht, wenn Frauen schon häufig Gewalt erfahren haben, traumatisiert und verängstigt sind. Die Frage ist aber, ob wir solchen Frauen Mut machen, in die Selbstermächtigung zu finden, oder in einer Endlosschleife wiederholen, dass sie als Traumatisierte genau dazu nicht in der Lage sind. Die erste Option, das Mut machen, steht für die Dynamisierung einer Entwicklung, die zweite für die Festschreibung eines Status quo." Der erste Schritt aus dieser Ohnmächtigkeit ist das Reden darüber. Warum versucht Frau Flaßpöhler also, wenn sie schon Frauen ermächtigen will, diese Frauen wieder in die schweigende Ohnmächtigkeit zurückzuschicken? Eine traumatisierte Betroffene erlangt eine Portion Macht zurück, wenn sie redet. Es ist ein Weg aus der Ohnmacht, zu erkennen, dass einem Unrecht geschehen ist, dass einem Gewalt angetan wurde. Dieses Erkenntnis ist schmerzhaft, dies ist aber der erste Schritt zu Wehrhaftigkeit. Diesen Weg gleich im Keim ersticken zu wollen, und diese Betroffene als böse abzustempeln, ist genau die Methode, mit der sexuelle Gewalt traditionell unter den Tisch gekehrt wurden.
die antwort liegt im: genauer lesen.
wenn Sie die stelle bezeichnen, wo frau f. den traumatisierten den mund verbietet,
ihr empowerment/selbst-findung durch aus-sprache verweigert,
werf ich das buch ins feuer.
"Kommen wir nun auf jene Folgen zu sprechen, die #metoo für das konkrete Geschlechterverhältnis, für die Beziehung zwischen Mann und Frau hat. Was genau ist das Ziel von #metoo? Will die Bewegung das Verhältnis verbessern? Umkehren? Oder nachhaltig zerstören? Eines ist offensichtlich: Wenn Menschen Probleme nicht direkt miteinander klären, sondern die Kommunikation über Bande, das heißt über einen Dritten spielen, dann verhärten sich die Fronten. Wer die unmittelbare Auseinandersetzung meidet, sieht offenbar keine Chance (mehr) für einen konstruktiven Dialog. " Warum muss eine vergewaltigte Frau auf das abstrakte "Verhältnis zwischen Mann und Frau" nehmen? #metoo behandelt vor allem Situationen, wo eine unmittelbare Auseinandersetzung - mit dem sexuell übergriffigen Chef, mit dem wegschauenden Oberchef - nichts genützt hat und die Tat gar als normales Verhalten abgetan wurde, mit der die Frau klar kommen müsste . Das ist ein Teil der traumatischen Erfahrung. Die Rechtsstaatlichkeit ist wichtig, aber wenn selbst Sexualtherapeuten die Übergriffigkeiten als ein reines Missverständnis sieht, als eine reine falsche Signaldeutung, wofür der übergriffige Mann nichts kann (Zitat aus dem Interview: "Zumal, das können Sexualtherapeuten bestätigen, oft gar nicht der Unterdrückungswille, sondern schlicht falsche Signaldeutung der Grund für eine aus weiblicher Sicht unangenehme Situation ist.") ist es auch nicht verwunderlich, dass Verurteilungsquote bei Anzeigen wegen sexueller Gewalt so gering ist. Es setzt eine Energie frei, da sagen zu können: egal, was Ihr sagt, ich vertraue meiner Wahrnehmung, es war ein Übergriff, und ich will mich nicht mehr schämen oder schuldig fühlen für das, was mir widerfahren ist. Ich möchte, dass ein solcher Übergriff nicht mehr als tolerabel gilt. Flaßpöhler schreibt im Vorab-Auszug: "Insofern ist auch bezeichnend, dass die großen Skandalfälle, die Medien und #metoo als Beweis struktureller „sexualisierter Gewalt“ präsentieren, größtenteils aus den 1980er- und 1990er-Jahren stammen. Als ließen sich die Jahrzehnte, die dazwischenliegen, einfach wegwischen. Als ließe sich von damals auf heute schließen. Als sei in der Zwischenzeit nichts geschehen." Sexuelle Gewalt besteht nicht nur als großen Skandalen mit medial interessanten Beteiligten. In der Zwischenzeit ist auch viel geschehen, und deshalb ist heute #metoo möglich, was vor paar Jahren noch nicht möglich war. Dass Betroffene heute endlich über die Taten aus den 1990er Jahren sprechen können und dürfen, ist der Erfolg der ausdauernden Rede-Versuche der Betroffen gegen den Widerstand der Bagatelllisierer und Leugner während der letzten 20 Jahren. Für die Betroffenen sind die Jahre nicht weggewischt und für die Betroffenen ist es noch nicht vorbei. Da irrt sich Flaßpöhler.
sehr geehrte einefrau,
vielen dank für ihre worte.
"Eine traumatisierte Betroffene erlangt eine Portion Macht zurück, wenn sie redet. Es ist ein Weg aus der Ohnmacht, zu erkennen, dass einem Unrecht geschehen ist, dass einem Gewalt angetan wurde. Dieses Erkenntnis ist schmerzhaft, dies ist aber der erste Schritt zu Wehrhaftigkeit."
JA!
"Warum versucht Frau Flaßpöhler also, wenn sie schon Frauen ermächtigen will, diese Frauen wieder in die schweigende Ohnmächtigkeit zurückzuschicken?"
vielleicht verstehe ich ja alles ganz falsch, aber für mich redet sie vom gegenteil. nicht ein bißchen, sondern vom gegenteil. raus aus der ohnmacht. erster schritt, super, jetzt lauf! leck dir die wunden, aber werde nicht die-sich-die-wunden-leckt. #metoo verleiht zwar das gefühl von macht. ermächtigung ist aber etwas anderes.
alles gute
Gestern gab es ein Gespräch zwischen Frau Flaßpöhler und Frau Stokowski.
Gespräch bei Ullstein
Sie haben es auf facebook als livestream gepostet.
Ich habe paar Zeilen dazu kommentiert. Allerdings eher halbsatirisch.
Leider habe ich nach dem Talk noch immer nicht verstanden, was eine "potente" Frau ist. Frau Flaßpöhler ist eine Meisterin in der Suche nach neuen Konfliktlinien.
Sie macht sich rasend Sorgen um Männer, deren Existenz vernichtet wurde. Männern wird also der Opferstatus gern zugeschrieben, wenn Frauen sich über was beklagen, reklamieren sie den Opferstatus bloß völig grundlos und das findet Frau Flaßpöhler intantil. Frauen und junge "naive" Dinger sind selbst schuld, wenn sie sich nicht wehren. Die Gefahr, vielleicht auch die lange gesuchte Praktikumsstelle zu verlieren oder überhaupt die Chancen für die Zukunft zu verbauen, wenn sie auf Anzüglichkeiten nicht eingehen oder grob werden, müssen sie eingehen, wenn sie potent und autonom sein sein wollen.
Die potentesten Frauen leben übrigens auf dem Lande, wo sie ihren Ehemännern und allen sonstigen Mackern den Marsch blasen.
Unbedingt aber müssen sich Frauen mit ihrem eigenen Begehren auseinander setzen. Ich frage mich jetzt, ob sie bei der nächsten Anmache auch gleich an den Orgasmus von vor zwei Tagen denken sollen. Ich dachte die ganze Zeit: Was soll der Quatsch.
Es war schon sehr lange Konsens - nicht nur unter Frauen- dass sexuelle Gewalt und Anmache selten was mit Sexualität oder sexuellem Begehren zu tun hat, sondern mit Macht. Aber, das ist für Frau Flaßpöhler kein Thema.
Unbedingt sollten Frauen nicht auf dem Klo twittern und schon gar nicht #metoo twittern.
Übrigens ist es auch eine absolut flache Behauptung, dass sich Frauen erst alles gefallen lassen und dann auf #metoo petzen gehen. Das Interessante an #metoo ist ja, dass auch Übergriffe, denen Frauen durchaus etwas entgegen gesetzt haben, dort ein Thema sind. Es geht ja nicht nur um Duldungsstarre bei Frauen.
Und Frau Flaßpöhler, die sich darüber erregte, dass Frauen das mediale Echo nutzen, nutzte ihrerseits überhaupt nur die skandalisierten Medienberichte über abgehängte Bilder und arme kurz beurlaubte Männer. Sie haspelte alles runter, was dazu schon unter die Leute gepustet worden ist. Selbst hatte sie weder zu ihren Potenzmitteln noch zu ihren eigenen Erfahrungen was zu sagen, fragte aber - was ich seltsam ungehörig fand - einige DebattenteilnehmerInnen aus.
Ohnehin hat sexuelle Verführung auch schnell mal was Übergriffiges. Das liegt in der Natur der Sache.
Schade war, dass Frau Stokowski - mir jedenfalls - viel zu nervös erschien. Es kam selten Ruhe in die Debatte. Aber, ich denke, das hatte damit zu tun, dass Frau Flaßpöhler als Autorin von Ullstein ohnehin mehr Redezeit hatte.
Ich hab mir das als Audio-Podcast gestern im Bett noch angehört. Danach bin ich wieder aufgestanden und hab einen Schnaps getrunken.