Anhänger-Insassen
Wie ein griechischer Halbgott wird der dreijährige Lysander von seinem Vater im Thule-Chariot-Corsaire-2-Streitwagen durch die Vorstadt gezogen. Die Anhängerkupplung quietscht und geht dem Papa schon die ganze Zeit auf die Nerven. Das kleine fahrbare Zelt hat zwar ein Fenster, aber kein WLAN, und so langweilt sich Lysander mit seinem neuen Kinder-Tablet, während sich sein Erzeuger beim Strampeln verzweifelt fragt, warum er ein Kind und keinen Kasten Bier mitgenommen hat.
E-Bike-Rentner
Vor allem auf Radwanderwegen verbreitet, kündigen sich E-Bike-Rentner durch das Surren ihrer Elektromotoren an. Ihren Artgenossen treiben sie den Schweiß auf die Stirn, wenn sie, paarweise oder in kleinen Gruppen, tiefenentspannt vorbeiziehen. Der Hass auf E-Bike-Rentner speist sich dabei nicht direkt aus der motorisierten Überlegenheit, sondern aus dem damit verbundenen Zurschau-stellen der körperlichen Grenzen aller anderen Radfahrer.
Hollandrad-Ökos
In zahlreichen Tests haben Forscher versucht herauszufinden, wie man snapchattend und mit Chai Latte im reusable Keramikbecher auf einem Rad fahren kann, von dem selbst der Kleinanzeigen-Anbieter nicht mehr erwartet hätte, dass er die Rostkiste noch mal loswird. Trotzdem bleiben Hollandrad-Ökos ein Mysterium – auch weil sie als einzige Spezies gelten, die freiwillig mit blumenkastengroßem Rattankorb am Lenker zur Rushhour durch den Innenstadtverkehr fährt.
Kampfradler
Der Kampfradler ist ein aggressiver Artgenosse, der von Natur aus nah an der Klingel gebaut ist. Man erkennt ihn am Profi-Trikot und an den Brunftschreien, mit denen er seine Erzfeinde, die E-Bike-Rentner, aus Image- und Zeitgründen zur Seite scheucht. Der Radweg ist sein Revier, und das verteidigt er mit allen Mitteln. Abseits davon trifft man Kampfradler-Rudel vor allem auf engen Landstraßen an, wo Räder und Ego gern die ganze Straßenbreite füllen.
Liegeradfahrer
Von ihren Eltern haben Liegeradfahrer schon in jungen Jahren gesagt bekommen, dass sie etwas ganz Besonderes wären. Jetzt, 30 Jahre später, leben sie ihren ausgedehnten Wunsch nach Distinktion durch zur Schau gestellte Veloquenz aus. Bei allen anderen Verkehrsteilnehmern müssen sie sich hingegen dafür rechtfertigen, zu faul zum aufrechten Sitzen zu sein. Vor allem Kampfradler wünschen sich häufig, dass sie sich verletzen. Leider tragen sie meist einen Helm.
Promille-Biker
Ein eher tragisches Exemplar, das vor allem in ländlichen Regionen auftritt. Im Gegensatz zu seinen Artgenossen ist dem Promille-Biker das Radfahren eigentlich zuwider. Aber das Taxi wäre zu teuer, und Autofahren schließt der gesunde Menschenverstand aus. Deshalb steigt der Promille-Biker aufs Rad, um sich auf dem Schützenfest richtig volllaufen lassen zu können. Dass das Taxi vielleicht doch die bessere Wahl gewesen wäre, merkt er erst nachts um vier im Straßengraben.
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