Apartheid-Opfer warten auf Gerechtigkeit

"Dr Death". Die südafrikanische Ärtztekammer kann sich nicht entscheiden. Wie soll die Strafe für Dr. Wouter Basson lauten? Mediziner fordern Aberkennung der Approbation.

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Wird der ehemalige Chef der biologischen Kriegsführung gegen das eigene Volk weiter als Kardiologe praktizieren dürfen oder streicht die Kammer seine ärztliche Approbation?

Am heutigen Freitag (28.11.2014) sollte die Entscheidung fallen, und ist nun abermals verschoben worden – bis Januar 2015.

Vor genau einem Jahr bescheinigte der Health Professions Council of South Africa (HPCSA – die südafrikanische Ärztekammer) dem Arzt Basson unprofessionelles Verhalten (unprofessional conduct). Dieses Urteil kam nach einem Anhörungsprozess , der 2007 begann.

Mit der Strafe tut sich die Kammer offenbar schwer. Nach mehrmaligem Verschieben der entsprechenden Anhörung, fand diese nun am 26. und 27. November statt – und wurde abermals verschoben.

In einer Petition fordern 230 Mediziner und 32 Organisationen der Zivilgesellschaft den HPCSA auf, Basson mit der härtesten zur Verfügung stehenden Maßnahme zu bestrafen – der Entzug der Approbation.

Dr. Marjorie Jobson, Ärztin und Direktorin der Opferorganisation Khulumani, sagte aus, Basson habe immer die Möglichkeit gehabt, sich im Sinne seines ärztlichen Eides zu entscheiden. Er tat dies aber nicht.

Seine Tätigkeit als Chef des geheimen „Project Coast“ der Apartheidarmee habe „keine tötlichen Konsequenzen“ gehabt, so Bassons Anwalt. Dem hielt Dr. Jobson entgegen, dies sei eine rein theoretische Aussage. Sie, Dr. Jobson, habe damals als Ärztin in der Notaufnahme von Township-Krankenhäusern die tödlichen Konsequenzen der Substanzen im Tränengas aus Bassons Giftküche täglich hautnah erlebt.

Khulumani vertritt 6800 Familien von Verschwundenen, die durch die Geheimpolizei des Apartheidregimes verschleppt wurden, meist unter Anwendung von Drogen, die unter Dr. Bassons Leitung entwickelt wurden.

Dieser schwerwiegende Bruch des ärztlichen Eides erfordere die härteste Sanktion, so Jobson. Nur so erhalte der Täter die Möglichkeit, sein Tun zu reflektieren und Verantwortung für die Folgen zu übernehmen.

Wouter Basson weist bis heute jegliche persönliche Verantwortung von sich und versteckt sich hinter dem Argument, er habe als Soldat gehandelt und Befehle ausgeführt.

Wouter Basson (Jahrgang 1950) ist eine der finstersten Figuren des Apartheidregimes. Als Leibarzt des damaligen Apartheid-Präsidenten P.W. Botha wurde er 1981 von der südafrikanischen Wehrmacht rekrutiert und avanzierte bald zum Chef des „Project Coast“, das die biologische und chemische Kriegsführung im „Kampf gegen den Terrorismus“ vorantrieb. Der Arzt, der als brillianter Wissenschaftler gilt, leitete damals ein Team, das „Tötungswaffen in Form biologischer und chemischer Wirkstoffe entwickelte, die töten ohne Spuren zu hinterlassen“. So Chandré Gould vom Institut für Sicherheitsstudien und Autor eines Buches über „Project Coast“. Seine Tätigkeit im „Project Coast“ brachte Wouter Basson später den Spitznamen „Dr. Death“ ein.

Im Jahr 2002 war Basson vom Hohen Gericht in Pretoria freigesprochen worden, wegen mangelnder Beweise. Die Revisionsanträge der Staatsanwaltschaft bis hin zum Verfassungsgericht (2005) führten zu keinem anderen Ergebnis.

Die Ärtzekammer scheint nun die letzte Möglichkeit zu sein, den Opfern der biologischen Kriegsführung des Apartheidregimes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

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