Dies ist kein Theaterstück.
Die handelnden Personen:
- Chester Missing, Handpuppe, alter ego des Conrad Koch, seines Zeichens Anthropologe, Bauchredner, Satiriker und Kabarettist
- Steve Hofmeyr, afrikaanser Sänger und Apartheidapologet
- Dan Roodt, Literat und ebenfalls Apartheidapologet, vertritt Steve Hofmeyr vor Gericht
- Die Twitter-Gemeinde
Ort: Das Gericht von Randburg, einem Vorort von Johannesburg.
Das Vorspiel: Dan Roodt, für Steve Hofmeyr, beantragt Ende Oktober eine einstweilige Verfügung gegen Chester Missing. Die satirische Puppe möge ihr verbales „Mobbing“ (harassment) gegen den Sänger Hofmeyr unterlassen. Dieser fühle sich in seinem Leben bedroht.
Der Schauplatz des „Cyber-Krieges“ ist Twitter.
Steve Hofmeyr eröffnet den Schlagabtausch mit einem Tweet, in dem er die Schwarzen Südafrikas als „die Architekten der Apartheid“ bezeichnet.
Chester Missing kontert, wir hätten es hier wohl mit "einer rassistischen Ausgabe des Lord Voldemont aus Harry Potter" zu tun.
Nun fühlt sich der Sänger als „Rassist“ diffamiert. Er verhält sich fürderhin wie die beleidigte Leberwurst, die man auf ihre wurstige Natur anspricht.
Hofmeyr macht in der Tat aus seiner Apartheidapologetik keinen Hehl. Zu seinen Helden zählen nicht nur Buren-Generäle wie Koos de la Rey, sondern auch deren tragisch-elenden Abziehbilder wie Eugene Terre’blanche, ehemaliger Führer der terroristischen AWB.
Hofmeyr: „Gegen Apartheid zu sein, ist wie für mehr Vergewaltigungen von weißen Frauen zu sein.“
Mit derartigen provokativen Abstrusitäten versucht Hofmeyr immer wieder, Aufmerksamkeit für sich zu erregen.
Tatsächlich geht es aber ums liebe Geld. Das Gezwitscher auf Twitter ist nur die Begleitmusik zur Unterlassungsklage gegen Chester Missing. Wegen der breiten Unterstützung der Twitter-Gemeinde für die populäre Puppe sieht Hofmeyr seine Sponsoren entschwinden. Der „Twitter-Krieg“ (twar) kommt so richtig in Fahrt als es um ein von Land Rover und der Supermarktkette Pick’n’Pay gesponsortes Konzert geht, auf dem der Barde von der traurigen Gestalt auftreten soll.
Das Thema Rassismus ist in Südafrika bekanntlich ein sehr empfindliches. Für das Image einer Nobelmarke wie Land Rover sowie des Ackerman-Konzerns (Pick’n’Pay) ist eine Verbindung mit bekennenden Rassisten kaum förderlich.
Der Gerichtsgang des Roodt/Hofmeyr-Gespanns ist eindeutig ein Schlag ins Wasser. Das Gericht in Randburg/Johannesburg wies die Klage auf Unterlassung gegen Chester Missing ab. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Nach der Urteilsverkündung kann Roodt auch kaum seine Wut verbergen. Als Chester Missing ihn beim Verlassen des Gerichtssaals anspricht, langt Roodt zu. Die Puppe nimmt’s gelassen. Ob sie nun ihrerseits den Roodt wegen Körperverletzung anzeigt, ist nicht bekannt.
Wie sagte doch Kurt Tucholsky so richtig: „Was darf Satire? Alles.“
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