Muss ich noch mal genauer betrachten, auf welcher Rheinseite es das bessere Bier gibt, der polnischen oder der holländischen. Oder eine Befragung starten. Nur sind die Menschen in dieser Hinsicht immer so befangen und parteiisch. Sagt ja keiner: „Ich bin aus Issum und überall auf der Welt gibt es bessere Biere als hier“ oder „Das beste an Düsseldorf ist, dass wir es nicht weit nach Köln haben, wo es so ein leckeres Kölsch gibt.“
Was ich aber wirklich finde, dass man in katholischen und muslimischen Regionen immer besser essen kann als in protestantischen.
Hier wird ja immer gerne darüber gefachsimpelt, wie verschieden Islam und Christentum sind, aber das erscheint doch eher herbeigewünscht und nachgeplappert: Der wahre Graben tut sich doch auf zwischen Katholen und Muslimen auf der einen und Protestantisten auf der anderen Seite. Im Vergleich zur Frage, wann man warum und wie lange fastet und was anschließend auf den Tisch kommt, ist diejenige nach dem wahren Geburtsnamen Gottes oder ob es sich bei Jesus um einen Propheten oder einen fleischlichen Zimmermannsburschen oder gar einen von drei Aggregatszuständen Allahs handelt doch eher nebensächlich. Bei solchen essenziellen Geschichten sind sich Katholiken und Muslime im Grundsatz aber einig, während sich für Evangelen die Frage erst gar nicht stellt - warum sollten sie denn fasten, wenn sie eh nie was Gescheites essen.
Wie man genau zu beten hat, und welchen Teil seines Vermögens man an die Armen verteilt und solche Sachen - das sind die Grundpfeiler der Religionsveräußerlichung, die Katholizismus und Islam vereint und sie von der Religionsverinnerlichung der Protestanten trennt. „Werkgerechtigkeit“ heißt das wohl, und damit man bei all den guten Werken nicht vom Fleisch fällt, heißt es immer lecker Essen und Trinken.
Protestanten haben mit so was nichts am Hut - ihr Reformator hat ihnen schon erzählt, was sie zu tun haben: Glauben, glauben, glauben, und je schlechter es ihnen im irdischen Leben geht und je weniger sie deswegen knöttern, desto sicherer die Fahrkarte ins Himmelreich.
(Im übrigen habe ich meinen Lieblingsfachbegriff in der Hirnheilkunde aus einem Pathologiereport zu Luthers Erkrankung und ihren Folgen: Schläfenlappenepilepsie-induzierte Hyperreligiosität. Aber das nur am Rande.)
Dummerweise hat mich meine Auswanderungslust in eine protestantische Weltgegend verschlagen und deshalb muss ich jetzt löslichen Kaffee trinken. Und gutes Brot gibt’s auch nicht. Alles wird frittiert, außer die Frühstückszerebralien. Denen werden stattdessen Mineralstoffe und Vitamine per Airbrush aufgesprüht.
Bah. Im nächsten Leben, für das ich mich durch mein stoisches Erdulden dieser protestantischen Härtetests klar qualifizieren werde, wandere ich nur noch nach Italien aus. Oder in den Libanon.
Kommentare 13
@ S.Piderman
Ein wohltuender Blog zur aktuellen Diskussion der hier ansässigen Katholizisten, Protestantizisten, Islamististen und Agnostizisten. Endlich bringt einer eine eher randständige Gruppe ein, die Kulinarizisten. Danke dafür, für Ihre Schmähschrift gegen den Pietismus und ihre Anhänger, die Pietizisten.
Denen verdanken nämlich die armen Norddeutschen diese blähende Lutherküche mit Labskaus, Grünkohl mit Pinkel und Mettwürstchen. ("Warum rülpset und furzet Ihr nicht? Oder hat es euch nicht geschmecket?" - na gut, das wurde Luther vermutlich in den Mund gelegt, passt aber).
"Lecker essen", da geht es auch in Deutschland vom Norden aufsteigend gen Süden, über die Schweiz und Österreich nach Italien, den Mittelmeerraum und noch viel weiter östlich.
Aber, werter S.Piderman, wandern Sie im nächsten Leben weder nach Italien aus noch in den Libanon. Sie werden nicht raten, welches Land ich Ihnen anstatt empfehle, aber besuchen Sie mich dort.
Schön, Sie zu lesen. Für frühere Missverständnisse bitte ich um Entschuldigung.
weinsztein
Keine Ursache... in Deutschland bin ich absichtlich aus einem recht rassistischen Umfeld in einen der türkisch überfremdeten Wohnbezirke gezogen (nicht allein aus Protest gegen die deutschnationalen Arschgesichter, sondern auch, um näher an den Metzgern und Gemüsehändlern zu sein), und nach meinem Auszug nach Elohenn-Deohenn (Rushdie) vor zehn Jahren fand ich mich in Stoke Newington im Bezirk Hackney wieder, in dem es die besten türkischen Restaurants gibt. Für drei Monate musste ich ins Exil in die Gegend um Brick Lane (pakistanisch), und hab nichts so sehr vermisst wie ein einfaches Adana Kebab. Wenn ich das in der Türkei auch bekomme....
bloss löslichen Kaffee gibts hier auch :-((
Auch türkischen Mokka, wahlweise ohne oder mit wenig, mittel oder viel Zucker (şekersiz , az, orta oder oder şekerli).
Mal abgesehen vom Çay.
Kebap finde ich auch ganz o.k., auf die Dauer aber langweilig. Vor allems stören mich die meist lieblos hingeklatschten Salate dazu. Ausgerechnet in einem Eifelkaff (Nettersheim) habe ich letzten Sommer mal eine lobenswerte Ausnahme erlebt.
Die Gegend an der Brick Lane fand ich super, geradezu ein Paradies. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Leben da nicht auch viele Inder?
Jetzt bin ich durchschaut - ich leb ja gar nicht unter Protestanten. Die Zahl der eingeborenen Engländer hält sich in Hackney ja in Grenzen, was zumindest unter kulinarischen Gesichtspunkten erfreulich ist. Um Brick Lane herum sind sogar alle Straßenschilder zweisprachig oder der Einfachheit halber ganz in Bengali: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/5d/Brick_Lane_street_signs.JPG/280px-Brick_Lane_street_signs.JPG
Aber da es sich hier bei Hackney nicht um einen Melting Pot handelt, sondern ein(e?) Salad bowl, gibt es in der Ecke eben keine türkischen Supermärkte. Dafür muss man ein paar Meilen weiter nach Norden fahren.
Wie kriegt man denn hier Bilder rein? Bin ich versiert!
löslicher kaffee?
unübertroffen: cafe elite!
Ich weiß, habe selbst mal ein halbes Jahr in London gewohnt, irgendwo an der Grenze von Bloomsbury und Clerkenwell, nicht weit vom früheren Little Italy, an das aber kaum noch etwas erinnert.
Dass es in London überhaupt mehr als ein paar Türken gibt, ist mir erst aufgefallen, als ich irgendwann per Bus nach Hackney gefahren bin, um eine Bekannte zu besuchen.
Bleibt die Frage, die mich jetzt ernsthaft interessieren würde, weil ich mich nicht mehr so genau erinnern kann: ist Brick Lane und Umgebung ein reines Pakistani-Viertel oder gibt's da auch Inder?
Anscheinend habe ich das alles nicht so richtig durchschaut - Bengalen ist sowohl in Ostindien als auch in Bangladesh. Selbst wenn dieser Teil der Stadt als „Banglatown“ bekannt ist, wie ich gerade gelesen habe, wird es dort wohl ebenfalls gebürtige Inder geben. Nix Pakistani. Ach was weiß denn ich? Curry gibts da...
Die Instant-Maschine, die in Taxizentralen rumsteht? Wahrscheinlich verantwortlich für die Mehrzahl aller Darmperforationen in Deutschland, sicher aber für die chronisch schlechte Laune, an der Taxifahrer leiden.
Bangladesh wiederum ist das ehemalige Ostpakistan.
So schließt sich der Kreis.
Ich hatte eigentlich über Religion geschrieben, aber anscheinend hab’ ich das geschickt genug versteckt.
Jedenfalls wieder was gelernt.