Und der Alleinschuldige ist...

Neues vom Trumpeltier Es wird einsam um Trump, mit jedem Misserfolg nimmt der Druck zu. Welchen Befreiungsschlag wird der Rechtspopulist sich einfallen lassen - oder besser: einflüstern?

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Nun ist Steve Bannon, der berüchtigte Chefstratege und rechtsextrem-populistische Hardliner im Weißen Haus, also gegangen worden. Anscheinend hatte er sich zu viele mächtige Feinde gemacht; vielleicht glaubte er auch tatsächlich an das Märchen vom ‘heroischen Kampf gegen das Establishment’, das er seiner bzw. Trumps Gefolgschaft erzählt hatte. Es fällt sehr schwer, ihm eine Träne nachzuweinen - aber eine Frage stellt sich damit dringender denn je: Was wird ‘Tweeter in Chief’ Donald Trump nun unternehmen?

Viele treue Gefolgsleute scheint er in der Regierung nicht mehr zu haben. Nach Flynn, Spicer, Priebus und Scaramucci hat es nun Bannon erwischt, der als maßgeblicher Architekt seines Wahlerfolgs gilt und für die nötigen Stimmen aus dem (extrem) rechten Lager gesorgt hat. Viele hohe Stellen, gerade im Außenministerium, sind ohnehin seit der Amtseinführung von ‘Nr. 45’ vakant - beim derzeitigen Chaos könnte es noch eine Weile so bleiben.

Weder innen- noch außenpolitisch sind Erfolge zu verzeichnen, im Gegenteil: Die Abschaffung von ‘Obamacare’ ist ebenso auf die lange Bank geschoben wie die versprochene (oder angedrohte) Steuerreform, der Mauerbau ist ungewiss, und von den angekündigten Investitionen in die Infrastruktur ist schon lange keine Rede mehr. Außenpolitisch ist Trump in Syrien ebenso krachend gescheitert wie in Korea, was seine Anhänger dank polternder Rethorik vielleicht nicht mitbekommen haben - auf Dauer wird es sich aber nicht verbergen lassen. Die andauernden Russland-Ermittlungen untergraben seine Reputation, und durch die Absage an das Pariser Klimaabkommen und die (bisher weitgehend fruchtlosen) protektionistischen Bemühungen hat er sich auf internationalem Parkett isoliert.

Was macht ein US-Präsident, der sich zunehmend in die Ecke gedrängt sieht?

Als ‘rechter Volkstribun’ ist Trump darauf angewiesen, seiner Basis etwas zu ‘bieten’, um sie zufriedenzustellen - gleichzeitig braucht er jedoch auch Unterstützer im politischen Apparat. Er mag hoffen, dass es irgendwann auch wieder aufwärts geht, er mit anderen Themen punkten kann und neue Verbündete gewinnt. Seine direkte (online-)Medienpräsenz kann ihm dabei zugutekommen, da er so ungefiltert seine Positionen verbreiten und den Diskurs zu seinen Gunsten lenken kann. Doch was, wenn das Gegenteil passiert und die Kritik immer lauter wird, ob nun wegen schlechter Wirtschaftsdaten, neuer Enthüllungen oder weiterer außenpolitischer Misserfolge?

Nicht auszuschließen, dass Trump irgendwann an einen Punkt gelangt, an dem er ernsthaft Angst um seinen Job bekommt. Ein freiwilliger Rücktritt wäre denkbar, sieht ihm aber nicht ähnlich - wahrscheinlicher ist, dass er in einem solchen Fall die Flucht nach vorne antritt, einen großen Befreiungsschlag versucht. Und hier wird es gefährlich, denn wie der aussehen und wozu er führen könnte, hat er selbst nur bedingt unter Kontrolle. Ein impulsiver Präsident, der glaubt nichts mehr zu verlieren zu haben, ist nicht nur zu extremen Reaktionen fähig - er ist auch leicht manipulierbar. Er wird vermutlich die Aktion wählen, die naheliegend scheint und von der er glaubt, dass sie ihm Unterstützung im Land beschert. Und das kann durchaus ein Krieg sein.

Der Präsident trägt die Verantwortung, doch wer trägt die Schuld?

Die Machtposition der Vereinigten Staaten verschlechtert sich derzeit rapide, Russland und China agieren immer selbstbewusster als neue (regionale) Hegemonialmächte. Den außenpolitischen Eliten der USA ist dies sehr genau bewusst, doch lässt es sich auch gegenüber der breiten Bevölkerung immer schwieriger verbergen. Es dürfte nicht Wenige in Washington und anderswo geben, die einen Krieg (wo genau ist zweitrangig) als Lösung sehen, um diesen Prozess aufzuhalten - doch die Verantwortung für den Startschuss und damit die Kriegsschuld möchten sie ganz bestimmt nicht tragen.

Dass andere Staaten den ersten Schuss abgeben, ist ‘leider’ nicht zu erwarten. Was läge also näher, als den ungeliebten eigenen Präsidenten dazu zu bringen, den Einsatzbefehl zu geben? Dazu könnte es genügen, ihn wie bei einer Fuchsjagd soweit in die Enge zu treiben, dass er zur Aktion übergehen muss, um nicht unterzugehen. Je mehr einem Staatschef ‘Schwäche’ vorgeworfen wird, desto mehr muss er Stärke demonstrieren. Und je gefährlicher die Russland-Vorwürfe für ihn werden, desto mehr muss Trump anti-russische Politik betreiben. Wenn die Zeit reif ist und entsprechende Stichwortgeber die richtige Vorlage liefern, besteht eine gute Chance, dass er diese dankbar aufgreifen und in die Tat umsetzen wird. Wer sollte ihn in dieser chaotischen, nur teilweise funktionsfähigen Administration aufhalten und zur Raison bringen?

Ein so begonnener Krieg wäre offensiv völkerrechtswidrig und würde international, vielleicht sogar im Land selbst auf einhellige Ablehnung stoßen. Da er jedoch im öffentlichen Diskurs untrennbar mit dem Namen ‘Donald Trump’ verbunden wäre, welcher spätestens dann endgültig zur globalen Unperson würde, bestünde keine Gefahr für diejenigen, welche den Präsidenten dorthin gebracht hätten. Die Neocons und sonstigen heimlichen Kriegstreiber würden sich zwar die Hände reiben, öffentlich jedoch alle Schuld weit von sich weisen und auf ‘ihren’ Präsidenten zeigen. Dabei könnten sie sich sogar brüsten, ‘immer schon’ vor Trump gewarnt zu haben: “Wir haben es Euch doch gesagt, er ist ein Verrückter, der zu allem fähig ist - Ihr hättet besser auf uns gehört...!”

Natürlich muss es nicht so kommen, und wahrscheinlich kommt es auch nicht so. Geschichte ist niemals exakt planbar, und vorbestimmt schon gar nicht. Doch die Gefahr, dass der populistische Twitterer im Weißen Haus zu unerwartet drastischen Mitteln greift, um sich Respekt und Rückhalt zu verschaffen, ist real und sollte nicht unterschätzt werden - unabhängig davon, wer dann welchen Teil der Schuld daran trägt. Es mag sein, dass Trump bösartig ist, zumindest wirken viele seine Aussagen so. Was ihn gefährlich macht, ist jedoch nicht so sehr seine Bösartigkeit - es ist seine politische Schwäche und seine Unfähigkeit, Manipulationen zu erkennen und sich adäquat gegen diese zur Wehr zu setzen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

smukster

Ich lese und schreibe ab und zu was.Meine Themenschwerpunkte: Geopolitik, globale Wirtschaftsfragen, Europa, Klima und Energie - twitter: smukster

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