Darf Mann einer Frau auf den Busen schauen?

Günther Jauch Gestern Abend diskutierte Günther Jauch zu dem Thema: "Herrenwitz mit Folgen - hat Deutschland ein Sexismus-Problem?" Es folgen die Teilnehmer in der Einzelkritik:

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Darf Mann einer Frau auf den Busen schauen?

Screenshot: ARD.de

Helmut Karasek (79, Journalist, Buchautor, Literaturkritiker)

Sollten wir tatsächlich irgendwann Verhältnisse wie in Amerika haben, wo sich Professoren nicht mehr mit Studentinnen alleine in einen Raum trauen, werden wir uns vielleicht wehmütig an Karasek erinnern und an sein Verhältnis zu dem Thema. Auf die Frage des Moderators, ob Männer Frauen auf den Busen schauen dürften, rief Karasek sinngemäß: „Das sollen wir sogar, dafür ist das Dirndl erfunden worden!“

Die Abgrenzung zwischen Flirt und Belästigung ist in Karaseks Welt denkbar einfach: „Wenn zwei übereinstimmen ist das ein Flirt, wenn nur einer übereinstimmt ist das Belästigung.“

Zur Veranschaulichung erzählte Karasek folgenden Witz, für Alice Schwarzer eindeutig ein Herrenwitz:

In einem Kino ist gerade das Licht ausgegangen, da hört man eine erboste Frauenstimme: „Nehmen Sie die Hand da weg!“ Nach einer kurzen Pause dieselbe Stimme: „Nicht Sie, Sie!“

Fazit: Karasek ist ein guter Geschichtenerzähler. Eine Vision für die Zukunft hat er nicht.

Thomas Osterkorn (59, Chefredakteur des Stern)

Thomas Osterkorn stellte fest, dass das Erlebnis der Stern-Journalistin mit Rainer Brüderle an der Bar – isoliert betrachtet – keinen Artikel wert gewesen wäre. Damit vertrat er eine Meinung, über die in der Runde Einigkeit herrschte: Es geht bei der Sexismus-Debatte nicht um Rainer Brüderle.

Darüber hinaus machte er einen überaus konstruktiven Vorschlag (in derlei Talkrunden eher selten) für künftiges Verhalten dem anderen Geschlecht gegenüber. Danach können sich Männer etwa in Zukunft fragen: will ich, dass meine Tochter oder meine Frau so behandelt wird wie ich gerade meine Sekretärin behandele?

Fazit: Beim Stern sind nicht alle so laut wie Hans-Ulrich Jörges

Wibke Bruhns (74, Journalistin und Autorin)

Wibke Bruhns fühlte sich in der Runde dafür verantwortlich festzustellen, dass sich ohnehin nichts ändern würde, Männer und Frauen seien eben unterschiedliche Spezies. Zur Untermalung brachte sie ein Beispiel aus dem Tierreich: „Kühe sind Kühe und Stiere sind Stiere, wenn man das nicht will, dann muss man aus dem Stier einen Ochsen machen.“

Dieses an Loriot erinnernde Gleichnis führte zu folgendem Dialog mit Alice Schwarzer:

Schwarzer: Was ist das denn für ein Menschenbild?

Bruns: Ich habe von Tieren geredet.

Bruns findet, dass Frauen sich nicht zu Opfern machen sollten. Sie könnten sich ohne Schwierigkeiten wehren.

Fazit: Hatte in ihrer Karriere keine Probleme mit Sexismus

Anne Wizorek (Jüngste in der Runde, Netzaktivistin)

Anne Wizorek hat das Hashtag #Aufschrei erfunden, unter dem sich Frauen über ihre Erfahrungen mit Sexismus austauschen. Für sie sind die zahlreichen Tweets zu diesem Thema ein Zeichen dafür, dass wir es mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun haben.

Mit der Aussage: „Auch Frauen können Sexistinnen sein, aber wir leben in einer von Männern dominierten Gesellschaft“ wirft sie eine interessante Frage auf: Ist das Problem vielleicht gar nicht der männliche Sexismus (der sich nach Wibke Bruns ohnehin nicht ändern wird), sondern die gesellschaftliche Dominanz der Männer, die ihnen die Chance gibt, ihren Sexismus auszuleben?

Fazit: Wirft Fragen auf anstatt Antworten zu geben. Super!

Silvana Koch-Mehrin (42, FDP-Politikerin)

Frau Koch-Mehrin sagte mal im Stern: „Ich sehe gut aus, warum soll ich das nicht auch einsetzen?“ Damit stellt sich die Frage: was bedeutet das für die Sexismus-Debatte, wenn Frauen versuchen, ihre weiblichen Reize zu ihrem Vorteil einzusetzen? Ist das die Frage nach der Henne und dem Ei? Gewiss bedeutet das aber nicht, dass Frauen an Belästigungen eine Mitschuld tragen, weil sie zu kurze Röcke anhaben.

Als Günther Jauch Thomas Osterkorn vorhielt, bei jeder Titelgeschichte, bei der es um Gesundheitsfragen gehe, würde auf dem Stern-Titel eine halbnackte Frau abgebildet, fragte Koch-Mehrin, ob genauso viele halbnackte Männer abgebildet würden. Dass sie selbst für eine Fotostrecke im Stern recht viel nackte Haut zeigte, wurde erwähnt.

Fazit: Hatte es am schwersten. Wegen ihrer Aussage im Stern, wegen der Fotos, wegen ihrer FDP-Mitgliedschaft.

Alice Schwarzer (70, Journalistin und Publizistin)

Alice Schwarzer wies neben Anne Wizorek darauf hin, dass es hier um Macht gehen würde und nicht um flirten auf Augenhöhe. Der Vormarsch der Frauen in den qualifizierten Berufen forderte die Männer zu einem Machtkampf heraus, dessen Waffe der Sexismus wäre.

Man war in der Runde einig, dass es ein großer Unterschied ist, ob Frauen und Männer sich in einem Über-Unterordnungsverhältnis begegnen oder etwa in einer Kneipe. In einer Kneipe darf Helmut Karasek vielleicht auch weiterhin Frauen auf den Busen schauen, jedenfalls, wenn sie ein Dirndl tragen.

Fazit: Darf in einer solchen Runde nicht fehlen. Es wäre aber schön, wenn sie mal weniger von Kampf und mehr von gegenseitiger Verständigung reden würde.

Günther Jauch (56, Moderator)

Eine recht große Rolle spielte für ihn die Frage, was denn wäre, wenn man die Rollen umdrehen würde. Jauch berichtete, dass Alice Schwarzer ihm mal vorgehalten hätte, seine Krawatte wäre ein Penis-Ersatz. Hätte er etwas Vergleichbares zu einer Frau gesagt, dann würde er jetzt hier nicht sitzen, so Jauch.

Alice Schwarzer warf ihm eine Verharmlosung des Themas vor. Dies konnte für Günther Jauch schon deswegen nicht stimmen, weil er ja eine Sendung zu diesem Thema machen würde.

Fazit: Gestört hat er nicht.


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Die Sendung in der ARD-Mediathek

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