Internet-Riesen und die Macht der Nutzer

Netzpolitik Im Internet haben sich neue Riesen entwickelt, die den Markt in ihren Geschäftsbereichen beherrschen. Im Bewusstsein der Nutzer ist dies noch nicht angekommen.

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Das demokratische Potential des Internets kann kaum überschätzt werden. Im „arabischen Frühling“ spielt die Möglichkeit, Informationen über das Internet auszutauschen und sich zu koordinieren, eine bedeutende Rolle, die Enthüllungsplattform Wikileaks machte geheime Dokumente der „Großen und Mächtigen“ der Öffentlichkeit zugänglich, in Deutschland erscheint durch das Internet eine direkte Demokratie erstmals denkbar.

Neben diesen herausragenden Beispielen ist aber genauso wichtig, was jeder Internetnutzer täglich erleben kann. Geht es um den Kauf eines neuen Computers, um ein bestimmtes Medikament oder um neue Fitness-Übungen. In jeder Lebenslage besteht durch das Internet die Möglichkeit, sich zu informieren, Erfahrungen anderer Nutzer zur Kenntnis zu nehmen, mit anderen Nutzern zu diskutieren. Man ist nicht mehr davon abhängig, was der Fachverkäufer einem empfiehlt, was der Hausarzt einem weiszumachen versucht oder was im Teleshopping als das Fitnessgerät des neuen Jahrtausends angepriesen wird.

Die Medienlandschaft ändert sich, die klassischen Medien bekommen Konkurrenz durch zahlreiche Blogs oder durch die allseits bekannten Internet-Videos, die von Privaten ins Internet gestellt werden und es regelmäßig in die Tagesschau schaffen.

Die Macht, die sich aus einem Informationsvorsprung gegenüber dem gemeinen Bürger ergibt, bröckelt, sei sie in staatlicher Hand oder in der Hand eines großen Unternehmens. Dies beschreibt Christian Heller eindrücklich in seinem Buch: Post-Privacy, Prima Leben ohne Privatsphäre (C.H. Beck, 2011).

Neue Giganten

Doch auch das Internet selbst hat wiederum Große und Mächtige hervorgebracht, die Bekanntesten mögen gegenwärtig Google und Facebook sein. Die Macht von Google ist in diesen Tagen durch die Prozesse, die der ehemalige Präsident des Welt-Automobilverbandes (FIA) Max Mosley und die ehemalige First Lady Bettina Wulff gegen Google anstrengen, in aller Munde. Auch Facebook hat in den letzten Tagen mal wieder Schlagzeilen gemacht, nämlich durch die Bekanntmachung, nunmehr eine Milliarde Nutzer zu haben.

In der analogen Welt sind die Gefahren von Unternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung inne haben, schon lange bekannt. Man geht davon aus, dass eine vitale Konkurrenz zwischen Unternehmen auf demselben Markt zum Vorteil des Kunden ist. Die Unternehmen sind gezwungen, ihr Angebot stetig zu verbessern, sonst wechseln die Kunden eben den Anbieter.

Die Vormachtstellung, die Google und Facebook in ihrem jeweiligen Hauptgeschäftsbereich haben, ist immens. Gegenwärtig finden ca. 80% der Suchmaschinenanfragen in Deutschland bei Google statt, die Besucherzahlen von Facebook sind in Deutschland in diesem Jahr etwa zehn mal so hoch wie die Besucherzahlen des zweitgrößten sozialen Netzwerkes Xing.

Negative Folgen für die Nutzer

Dieser Zustand muss sich zum Nachteil der Nutzer auswirken, je geringer die Konkurrenz, desto mehr kann das Unternehmen sich erlauben, desto ausschweifender kann es seine Interessen über die der Nutzer stellen.

Besonders leicht hat es in diesem Zusammenhang Facebook. Wenn eben alle Freunde nur dort zu finden sind, wenn die Verabredungen zur Pokerrunde oder zu irgendwelchen Partys eben nur dort stattfinden, was soll man dann bei StudiVZ? Damit hat Facebook eine überaus hohe „Stickiness“ (Klebrigkeit), wie es in der Fachsprache heißt.

Aber auch für Google gilt: Je größer seine Suchmaschine wird, desto unverzichtbarer wird sie auch. Mit jeder Suchanfrage ist Google in der Lage, die Bearbeitung der Suchanfragen zu verbessern, den Nutzer noch schneller an sein Ziel zu führen. Wen stört es dann schon, dass Google durchaus nicht so objektiv ist, wie es gerne behauptet.

Die Gefahren, die mit Internet-Riesen einhergehen, scheinen im Bewusstsein vieler Internetnutzer noch nicht angekommen zu sein; und das, obwohl das Internet doch die große Chance bietet, sich im Sinne einer gelebten Demokratie von den Großen und Mächtigen unabhängig zu machen. Unter den Nutzern muss das Bewusstsein wachsen, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Aus einer Skepsis gegenüber den Internet-Riesen muss ein konkret verändertes Verhalten werden. Man muss ja nicht gleich Facebook verlassen. Der Autor dieses Artikels hat jedoch die Erfahrung gemacht, dass andere Suchmaschinen auch meistens zum Ziel führen. Nutzt auch andere Suchmaschinen, hört auf, ständig nur zu googlen. Das wäre mal ein erster Schritt. Und dann haben wir vielleicht in einigen Jahren drei gleich große Suchmaschienen, die mit möglichst hoher Objektivität, mit möglichst hohem Respekt gegenüber den Kunden um diese konkurrieren.

http://www.seo-united.de/suchmaschinen.html

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/173771/umfrage/besucherzahlen-sozialer-netzwerke-in-deutschland/

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