Miteinander sprechen

Flüchtlingskrise Das Land diskutiert über den Polizeieinsatz von Köln. Die Betroffenen diskutieren nicht mit.

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Wenn Menschen von der Polizei kontrolliert werden, nur weil sie nordafrikanisch aussehen, dann ist das rassistisch. Wenn es in der Silvesternacht in Köln wie im Vorjahr zu massiven sexuellen Übergriffen auf Frauen vorrangig durch Nordafrikaner gekommen wäre, dann wäre nicht nur die Kölner Polizei jetzt massiver Kritik ausgesetzt, es wären auch Diskussionen aufgeflammt, die in einem deutlich schärferen Maß rassistisch gewesen wären.

Die Kölner Polizei befand sich in der Silvesternacht in einem Dilemma, auf das sie – wie gesehen – reagiert hat.

Politik und Medien nehmen diesen Vorgang ernst und beleuchten ihn kritisch. Das ist wichtig. Denn es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, es sei normal und in jedem Einzelfall berechtigt, Menschen, deren Äußeres auf eine bestimmte Herkunft hindeutet, nur deswegen kriminelle Absichten zu unterstellen.

Die Debatte leidet jedoch darunter, dass die andere Seite, die Zuwanderer und Flüchtlinge, kaum beteiligt sind. Wenn man etwa von 300 Menschen mit (vermeintlich) nordafrikanischer Herkunft liest, die sich am Deutzer Bahnhof versammelt und gemeinsam den Weg zum Flussufer angetreten hätten, dann erscheinen diese Menschen wie eine stumme, unverständliche Bedrohung. Demgegenüber würde es die Debatte erheblich beeinflussen, wenn sich diese Menschen in die Debatte einmischen würden. Ich würde diese Menschen zum Beispiel gerne mal fragen, ob sie nicht Verständnis haben für das Verhalten der Kölner Polizei, ob sie es nicht nahvollziehbar finden, dass der Umstand, dass sie nordafrikanisch aussehen, nach den Ereignissen vor einem Jahr eine gewisse Rolle gespielt hat. Würden die 300 Menschen diese Frage überwiegend bejahen, wären die Emotionen, die die Debatte begleiten, wahrscheinlich schnell verflogen.
Würden diese Menschen demgegenüber lediglich auf ein ihnen widerfahrenes Unrecht verweisen, wäre das aus meiner Sicht bedenklich. Denn man sollte von Zuwanderern und Flüchtlingen erwarten, dass sie sich mit den Nöten des Landes, welches sie aufgenommen hat, auseinandersetzen. Dazu gehört es auch anzuerkennen, dass Ereignisse wie vor einem Jahr in Köln die Polizei vor Aufgaben stellt, die nicht leicht zu lösen sind.

Dieser Beitrag will nicht von Zuwanderern und Flüchtlingen verlangen, ihnen widerfahrenes Unrecht einfach abzunicken. Dieser Beitrag möchte darauf hinweisen, dass das Zusammenleben mit Zuwanderern und Flüchtlingen nur funktionieren kann, wenn man miteinander spricht und beide Seiten versuchen, sich in die Situation des jeweils anderen hineinzuversetzen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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