Wie komisch ist das denn?

TV In der ersten Folge der Polit-Talkshow "Absolute Mehrheit" hat Wolfgang Kubicki gewonnen, weil er der Coolste war.

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Wolfgang Kubicki, FDP
Wolfgang Kubicki, FDP

Foto: Video-Screenshot / Pro7

Hat sich „Absolute Mehrheit“, gestern Abend um 22:47 Uhr auf Pro7, gelohnt? Die Antwort muss „nein“ lauten, wenn man von einer Polit-Talkshow politische Inhalte von einiger Relevanz erwartet. Die Antwort könnte hingegen „ja“ lauten, wenn man die Raab-Show mit den „seriösen“ Polit-Talkshows bei den Öffentlich-Rechtlichen vergleicht. Denn inhaltliche Erkenntnisse bieten Jauch, Will, Plasberg und Co in der Regel auch nicht und unterhaltsamer war Raab allemal.

Aber wie auch immer. Aus gegebenem Anlass möchte ich darauf hinweisen, dass ich die Frage, ob sich irgendetwas gelohnt hat oder nicht, ohnehin für schwachsinnig halte. Diese Frage kann man gar nicht allgemein beantworten. Die Antwort hängt von den Alternativen ab und ich hatte, ja, so war das, gestern Abend tatsächlich nichts besseres zu tun als Raab zu gucken.

Kubicki hat gewonnen und dass muss doch verwundern. Zunächst einmal hat die FDP doch eigentlich höchsten 5 % zur Zeit, nicht über 40% wie Kubicki gestern Abend. Dazu kommt noch, dass man dem Pro7-Publikum, dafür bin ich ein gutes Beispiel, eigentlich nicht unbedingt eine Nähe zur FDP zuschreiben würde. Denn die Zahnärzte und Rechtsanwälte dieser Republik, ich meine, jedenfalls die hatten doch gestern Abend sicher etwas besseres zu tun, man konnte sich doch sicher gestern Abend irgendwo sehen lassen, in Abendgarderobe, bei irgendetwas Kulturellen, ich meine, Hoch-Kulturellem.

Ich bin mir sicher, dass Kubicki einen Großteil der Stimmen von Nicht-FDP-Wählern bekommen hat. Vielleicht waren da ja sogar auch einige oder viele Gar-Nicht-Wähler darunter, die gar nicht wissen, dass die FDP eine unmoralische Interessenpartei der Wohlhabenden ist. Aber ich will nicht das Pro7-Publikum diskreditieren, ich gehöre ja auch dazu.

Eines erscheint klar. Kubicki hat nicht gewonnen, weil er in der FDP ist, sondern obwohl er in der FDP ist. Und wenn einem so etwas gelingt, dann doch wohl Kubicki, der sich ja gerne mal gegen seine eigene Partei profiliert.

Meine Meinung ist, dass Kubicki schlichtweg der Coolste war. Deswegen stand ja auch diese dynamische Jung-Unternehmerin Frau Delius so sehr auf ihn, die nicht viel sympathischer war als Marie-Christine Ostermann vom Verband die jungen Unternehmer. Doch während Frau Ostermann keine Gelegenheit auslässt zu sagen, wie unfair die Griechenland-Hilfe sei, weil ihr selbst, als Unternehmerin, ja auch keiner helfen würde, ließ die dynamische Jung-Unternehmerin Delius lieber Kubicki reden und flog daher zu Recht als zweite beim Publikums-Voting durch.

Das Kubicki der Coolste war, konnte man daran sehen, dass er zweimal am Ende irgendeiner politischen Ausführung (welche ist egal) rhetorisch fragte: „Wie komisch ist das denn?“ Jetzt kann man sich natürlich wundern, warum das Publikum den Politiker nicht wegen dieser offensichtlichen Anbiederung abgestraft hat, aber gut, Pro7 eben.

Kubicki war und ist aber auch deswegen der Coolste, weil er immer den Eindruck macht, als würde er sagen was er denkt und nicht, was man eben so sagt als FDP-Politiker. Und das ist, gerade heutzutage, ein großer Wert. Und dann bekommt jemand eben 40 %, obwohl die eigene Partei um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss. Das zeigt, wie wichtig das Menschliche ist: Wenn jemand mich als Mensch überzeugt, dann traue ich ihm auch vernünftige Entscheidungen zu. Das ist in der Politik genauso wie im Alltag.

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