Guttenberg tritt zurück. Repräsentativen Umfragen zufolge hatte er sein Vertrauen und seine Zustimmung im Volk nach der Plagiatsaffäre jedoch nicht verloren. Ist die Entscheidung deswegen falsch?
Wer dies bejaht, irrt sich auf ähnlicher Ebene wie die Bundeskanzlerin: Die Person Guttenberg lässt sich nicht spalten; die Wahrnehmung und Beurteilung einer Person ergibt sich aus all seinen Facetten. Die Differenzierung zwischen einzelnen Facetten ist nicht verwerflich, sie ist im Prozess der subjektiven Einordnung einer Person viel mehr unerlässlich. Der ursprüngliche Bezugspunkt darf im Laufe dieses Prozesses jedoch nicht verloren gehen: Der Bezugspunkt lautet Karl-Theodor zu Guttenberg und die Aufspaltung seiner Persönlichkeit seitens der Kanzlerin ist für „KT“ selbst noch weniger schmeichelhaft als für das Volk. Wenn Angela Merkel den ehemaligen Verteidigungsminister also zweiteilt, verkauft sie das Volk nicht nur für dumm, sondern appelliert gleichzeitig an den Starrsinn derer, die sich Guttenberg nicht durch die Elite des Landes „wegnehmen“ lassen wollen.
Diese Angst ist unbegründet. Das Vergehen Guttenbergs ist kein Kavaliersdelikt. Es geht nicht um einige vergessene Fußnoten, es geht um den dreisten Raub geistigen Eigentums. Guttenberg hat sich in großem Umfang an den Arbeiten anderer Autoren bedient und sie als eigene verkauft (für 88€ pro Exemplar). Er hat das Eigentum anderer Menschen missachtet und für seine Zwecke funktionalisiert. Der Tatbestand klingt nach der langen Debatte trivial, doch er scheint in seiner Essenz noch immer nicht bei allen angekommen zu sein.
Viele Menschen sahen und sehen in diesen Tagen eine große Politikerfigur - die gemessen an ihrer Beliebtheit seinesgleichen sucht - langsam untergehen.
Die erste Reaktion auf ein belastendes Ereignis ist die Blockade: Merkels Reaktion ist ein Parade-Beispiel hierfür: Sie bietet dem Volk durch die Verdopplung Guttenbergs in „guten Verteidigungsminister“ und „schlechten Wissenschaftler“ die Grundlage. Der Blockade folgt in der Regel der Zorn, der eindrucksvoll belegt, dass der moralische Kompass noch funktionstüchtig ist; „hier läuft etwas falsch, die Situation lässt sich rational nicht begründen“. Als Ventil der Emotionen, welche die Vernunft gewissermaßen bezwingen, kommt also die Wut ins Spiel. Sie richtet sich zwangsläufig gegen jene, die am lautesten protestiert haben: die Wissenschaftler.
Zur dritten Reaktion, dem Verhandeln, gab Karl-Theodor zu Guttenberg durch seinen Rücktritt selbst den Anstoß. Der Rücktritt wird auf ein temporäres Ereignis heruntergestuft: Guttenberg ist jung; in zwei, drei, vielleicht vier Jahren wird er zurückkommen können.
Wird er das? Ob die anschließende Phase der Depression eintreten wird, ist nicht mit Gewissheit vorherzusagen. Allmählich wird der psychologische Analogieschluss überstrapaziert; doch was zuletzt folgt, bleibt immer gleich: Die Akzeptanz.
Früher oder später werden alle das Geschehene richtig einordnen. Sie werden den Rücktritt als das erkennen müssen, was es ist: Keine Reaktion auf die vermeintliche Instrumentalisierung des Vergehens durch die Elite; keine voreilig gezogene Konsequenz eines vermeintlichen Kavaliersdelikts, sondern schlichtweg die einzig richtige Entscheidung, die ein Politiker nach Verlust seiner Glaubwürdigkeit treffen konnte.
Kommentare 4
Wenn sich die Wogen geglättet haben werden und man nüchtern betrachten können wird, was denn da in der "Plagiatsaffaire" passiert ist, wird sich die Erkenntnis Bahn brechen müssen, daß ein überschätzter, zur Selbstkritik Unfähiger zurecht von der "Bild"fläche verschwunden ist.
Allerdings nur, wenn ehrlich und fair mit den bewiesenen Erkenntnissen umgegangen wird.
Wenn Erkenntnisse zu Konsequenzen führen, könnte man eventuell sogar erlaubterweise Mitleid haben mit Einem, der zur falschen Zeit am falschen Ort geboren wurde, da er an den Ansprüchen an sich scheitern mußte.
Wer kann denn schon alles? Und immer? Und immer wieder?
Wer kann dann schon ehrlich sein und zugeben, daß Manipulation zum Leben gehört?
Einzig Selbstachtung, einzig der Glaube, daß Täuschung Anderer auch Selbsttäuschung bedeutet, könnte den rechten Weg aufzeigen.
Die regelmäßigen Gänge zur Sonntagskirche, die Treffen mit Gleichgesinnten, die vielen diversen Ämter, Mitgliedschaften können nicht ernsthaft dazu beitragen, in der Realität zu bestehen.
Dann kommt der Punkt, der eventuell zur Depression führt:
die Erkenntnis,mit dem gesamten Lebensentwurf nur Augenwischerei betrieben zu haben, selbst ein Nichts zu sein, nichts außer äußerlicher Schein, aber kein echtes Sein.
Dann die Kurve kriegen, vielleicht, und dann erkennen, als Adeliger mit tadeligem Ruf keine Nische zu finden in diesem unserem Lande, die dem aufgeblasenen Ich auch nur ein bißchen Raum gibt,...
Oder aber weiterhin Lobbyist sein für proamerikanische Übernahme, natürlich wieder heimlich, verschwiegen und mit Blick auf Selbsterhöhung.
Denn mit goldenem Löffel, mit Megamillionen, wo soll denn da noch eine Herausforderung bleiben, so einer muß doch wenigstens Kanzler werden,
König, Kaiser geht nicht, nicht in Deutschland.
Wie, bitte, kann man solche Menschen verbannen? Dorthin, wohin sie gehören?
Weit weg von jedem öffentlichem Amt, auch jedem Ehrenamt, wobei ja der Widerspruch im Wort liegt.
Unehrenhaft entlassen, aber in ungezählten anderen Gremien präsent, mit ca. 16.000,- Euronen Gehalt für den März 2011, hat dieser Mensch noch die Chuzpe, mit einer Rückkehr zu kokettieren,
Deutschland, armes Vaterland,Mutterland,Heimatland.
Verlust von Realitäten sollte von den Krankenkassen kurpflichtig gemacht werden, um der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, daß es möglich sein könnte, jede Wahnvorstellung zu eliminieren, oder zumindest abzumilden und gesellschaftsfähig zu machen.
Ansonsten: von und zu= besser auf und davon
bzw. nicht gesellschaftsfähig
Gar nicht übel, auch wenn ich das Thema satt habe. - Willkommen!
>>...mit ca. 16.000,- Euronen Gehalt für den März 2011,...
Die Kohle braucht der gar nicht: Er hat ca. eine Mrd. Euroni im Sparstrumpf.
Wenn er will, kauft er sich per Beraterverträgen Abgeordnete in den interessanten Ausschüssen, die dann dort guttenbergische Interessen vertreten. Wahrscheinlich läuft das eh schon lange so, denn andere seines Kalibers machen das bekanntlich auch.
Statt "Politik" kann er sich ein anderes Hobby suchen oder er baut sich eine parteinterne Prätorianertruppe auf, die Konkurrenten abschiesst, ohne dass er in den nächsten zwei Jahren selber in Erscheinung tritt.
Dann ein paar Zeitungsartikel, ungefähr so:
"CDU/CSU stellen als Kanzlerkanditaten den früheren Wirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg auf.
Man baue auf die Erfolge des Wirtschaftsministers a. D. die sich auch in seiner Kanzlerschaft niederschlagen werden.
"Ich habe die Auszeit benützt, um mich intenensiv mit der Rolle der Bundesrepublik Knautschland in der EU und im transatlantischen Bündnis zu befassen. Wir werden als wirtschaftsstärkste Nation der EU mehr Verantwortung übernehmen" erklärte zu Guttenberg.
Guttenberg hatte Anfang 2011 wegen eines Plagiatsvorwurfes alle Ämter niedergelegt, um die Ermittlungen nicht durch seine Immunität zu behindern.
"Diese Krise hat mich stärker und ernsthafter gemacht. Mit neuer Tatkraft stelle mich der Verantwortung für mein Land und Volk" erklärte zu Guttenberg.
Mit der Nominierung zu Guttenbergs als Spitzenkandidat steigen die Umfragewerte für CDU/CSU, die sich im vergangenen Jahr in einer Talsohle befanden, wieder an.
(Eine Prophezeiung, die sich erfüllen kann, wenn sie oft genug wiederholt wird)
Korrektur:
>>Er hat ca. eine Mrd. Euroni im Sparstrumpf.
Nach vorsichtigen Schätzungen ca. eine halbe Milliarde.