Erweiterte Nutztierhaltung

Coronafiasko Europas Sonderweg droht das gesellschaftliche Leben langsam zu ersticken. Nur Arbeiten darf man noch fast uneingeschränkt. Eine kritische Betrachtung.

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In ganz Europa verharren die Infektionszahlen trotz starker Einschränkungen und Lockdown-Massnahmen immer noch auf Rekordniveau. Dabei hat der Winter vielerorten noch nicht einmal richtig begonnen! Währenddessen geht das Leben in China, Neuseeland und Australien wieder seinen gewohnten Weg: Man besucht Grossanlässe, umarmt sich, trifft sich, küsst sich und bewegt sich maskenlos auf den Strassen. Soziale Distanzierungsregeln gibt es nicht mehr, das Virus scheint fürs Erste besiegt zu sein. Ganz anders in Europa: hier scheinen die Einschränkungen auf alle Zeit und Ewigkeit fortgesetzt zu werden. Die Bundesregierung erwägt bereits, die Massnahmen bis zum 10. Januar fortzusetzen und die österreichische Regierung ist auf dem besten Weg, mit dem zweiten Lockdown nicht nur den Skisport zu begraben. Frankreich wiederum befindet sich wegen dem islamistischen Terror schon seit 2015 im Ausnahmezustand, da macht Corona eigentlich gar keinen grossen Unterschied mehr.

Man fragt sich allmählich, auf welchen Wegen Europa wandelt und ob es irgendwann einmal auch wieder zurück in eine wenigstens einigermassen lebenswerte Zukunft findet. Der Mensch ist schliesslich ein soziales Wesen und kann nicht auf Dauer eingesperrt oder in seiner Bewegungsfreiheit so stark eingeschränkt werden, bis jeder soziale Kontakt zu erlischen droht! Die europäische Coronapolitik ist ein einziges Desaster und stösst nur schon menschlich an ihre Grenzen! Sie wird irreparable, sozialpsychologische Schäden nach sich ziehen- von den schweren, wirtschaftlichen Konsequenzen ganz zu schweigen.

Jede auch noch so harmlos wirkende, zwischenmenschliche Interaktion wird von den Behörden kritisch auf ihre Gefährlichkeit überprüft und katalogisiert; Familienfeste werden verboten, alte Menschen in ihren Heimen eingesperrt, Versammlungen eingeschränkt, Kinder im Vorschulalter vom Spielen mit ihren Kameraden abgehalten und Besuche pro Haushalt per Verordnung auf das absolute Minimum reduziert. Das Einzige, was man noch fast uneingeschränkt darf, ist Arbeiten. Die Gesellschaft ist zu einer Art Nutztierhaltung verkommen und der Arbeitsmarkt dient sozusagen als Viehmarkt für Renditesklaven. Das ist natürlich übertrieben. Fakt ist aber, dass man die Coronakrise auch anders und vor allen Dingen konsequenter hätte angehen können, wie China, Australien und Neuseeland zeigen. Da ist Kritik also mehr als nur angebracht!

Das gesellschaftliche Leben- oder die Reproduktionssphäre, wie Marx das damals neue Phänomen der Freizeit umschrieb- droht in Europa langsam zu ersticken. Die sich fortsetzenden Massnahmen sind nicht nur eine demokratische Zumutung, wie Angela Merkel kürzlich angemerkt hat: sie sind insgesamt eine Zumutung und typisch für ein Europa, dass nur noch aus Partikularinteressen zu bestehen scheint. Im Zusammenhang mit einem neuen Sicherheitsgesetz wird in Frankreich bereits von sozialer Gewalt gesprochen. Das trifft in zunehmendem Masse auch auf die Coronamassnahmen in Europa zu. Niemand bestreitet, dass die Massnahmennotwendig sind. Aber ist, bzw. war es auch die ganze Krisenpolitik? War sie etwa alternativlos? Man darf hier die Ursache nicht mit der Wirkung verwechseln. Am Anfang dieses Desasters stand nicht das Virus alleine, sondern auch der inkonsequente, europäische Massnahmenkatalog, dessen Folgen nun alle schmerzhaft zu spüren bekommen!

Wie frei lebt es sich eigentlich gegenwärtig in Europa? China wird gerne als Antithese zum demokratisch-liberalen Wertekanon des Westens betrachtet. Zu Recht, finde ich: Menschenrechte sind schliesslich nicht verhandelbar. Und die Meinungsfreiheit auch nicht. Doch die Viruskrise offenbart schonungslos zahlreiche Defizite in unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Insofern ist man also tatsächlich schon fast versucht, die Systemfrage zu stellen. Oder einfach danach, ob Europa nicht wieder nur ein Sonderfall ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
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Reinkarnation

„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ Albert Camus

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