Vor einem Jahr schreibt DiLorenzo, als das Naziwort „Lügenpresse“ in Umlauf kommt, dass die Presse niemals lüge, sondern gelegentlich nur etwas weglasse.
Prompt wird „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres gekürt. Nicht, dass man das Wort nie wieder in den Mund nehmen darf, man darf es nur nicht mehr ernsthaft denken.
So eine Gelegenheit, die DiLorenzo beiläufigt erwähnt, macht ein DeutschlandFunkReporter in einem Interview, das ich als Praktikant am Telefon führe, ganz konkret: „Es gibt Pressekonferenzen, die sozusagen TopSecret sind.“ Die Presse würde informiert, damit sie gewisse Entwicklungen nachvollziehen könne.
Damit wird die Presse zur Komplizin der Macht. Eine Komplizenschaft funktioniert, weil jeder jeden kontrolliert. Alle haben sich im Stillen zur Jagd auf Singvögel verabredet.
Dann die BöhmermannAffäre, - kein echtes Singvögelchen, nur eins, das mal so aus Spaß aus dem Käfig ausgebrochen ist, - und DieZeit kommt wieder zum Einsatz. Sie titelt: >Die Medien: Feind oder Diener der Mächtigen?< Ungeachtet dessen, dass weder der Feind noch der Diener in diesem Zusammenhang vertrauensvolle Figuren sind, merkt ein Freund an: „Wie kommt eine Zeitung darauf, eine Debatte aufzumachen, die ihre eigene Integrität in Frage stellt?“
Erst Tage später fällt mir eine passende Antwort ein: Um es richtig zu stellen. Anscheinend ist DieZeit die einzige Zeitung, die das darf. Wie schon im Fall „Lügenpresse“. Weder Diener noch Feind ist sie die Institution, in der die Kämpfe stattfinden sollen. Zuständig für die großen Debatten wirkt DieZeit einer Überhitzung der Gesellschaft entgegen. Ihre wissenschaftlichen Diskurse kühlen die Schaltkreise ab und entschärfen die Situation. Der Meinungsstreit verläuft sich in Relativität. Nomen est Omen. Das macht sie durchaus zu einem glaubwürdigen Organ. Aber wessen eigentlich?
Schauen wir uns doch mal den letzten Titel an: >Keine Angst vor Stress<, im Teaser dann die Behauptung, dass Stress gesund sei und lebendig mache. - Ich habe die Artikel zu diesem Thema nicht gelesen, mir reicht der Titel als Statement: Selbst schuld, wenn Du an dem Stress leidest. Es gibt keinen Grund die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu ändern. Ändere Du doch Deine Einstellung. Pass Dich besser an. Sieh zu, dass Dir der Stress Spaß macht. Mit Stress kriegste doch viel mehr hin. Dann bleibste auf der Linie.
Mit anderen Worten: Es reicht völlig, dass DieZeit relativ ist.
Kommentare 10
Die Presse würde informiert, damit sie gewisse Entwicklungen nachvollziehen könne.
In der DDR wurde dieses Prinzip für die gesamte Bevölkerung angewendet - besonders für jugendlich Sportreisekader, aber auch für die fragenden Arbeiter in Gewerkschaftsversammlungen.
Es hieß: Argumentationshilfe
und erklärte jedem die völlig unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten ein und der selben Sache
An dessen Ende war völlig klar, WELCHE Argumentation unererwünscht war: durch einen sehr eindeutigen Blick, der mehr als Worte sagte
Das war eben nicht so. Für die gesamte Bevölkerung gabs sehr schlichte Argumentationshilfen, die aber niemand wirklich ernst genommen hat.
Für die Medien gabs höchst unterschiedliche Weisungen.
Für die "Hauptmedien" - Neues Deutschland, DFF und Rundfunk war das glaube ich die Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED. Die machten entsprechende Hintergrundinfos.
Für die Blockmedien gab es entsprechende Informationen vom Presseamt der DDR - einmal in der Woche war dort entsprechender Vortrag. Da wurde dann z. B. angewiesen, dass es - vorläufig - nicht so viele Beiträge über Bockwürste geben sollte, weil die gerade knapp sind.
Für die Außenpolitik der Zeitungen besorgte das Außenministerium die breitere Information zu verschiedenen Themen, Konflikten usw. Znd das hörte sich dann manchmal anderes an, als es offiziell verkündet wurde.
Hintergrundgespräche waren im Umgang mit der Presse schon immer ein Instrument. Sie können durchaus auch vernünftig und nützlich sein, wenn sich die Journalisten nicht komplett "eingemeinden" lassen. Sie sind auch gut, wenn man ein Thema nicht gleich an die große Glocke hängen will, sondern noch weitere Infos einholen wil. Auch wenn die Auflage gilt, dass man über die bei solchen "Kamingesprächen" gewonnenen Infos nicht schreibt oder redet, ist doch eine Menge an Hintergrund dabei, das auch bei weiteren Recherchen nützlich sein kann.
Achso: Dass die Presse Komplizin der Macht sein kann - das ist sicherlich so, aber manchmal ist sie auch Komplizin des Machtkampfes und manchmal ist sie einfach Komplizin des Kampfes um Gewinn, Klicks und Auflage.
"Ich habe die Artikel zu diesem Thema nicht gelesen..."
Wozu auch? Dass man das, was man beurteilt auch noch kennt, kostet einfach zu viel Zeit. Und die ist eben relativ, oder so.
Das war eben nicht so. Für die gesamte Bevölkerung gabs sehr schlichte Argumentationshilfen
Es war so - wenn auch schlicht - ich weiß, was ich erlebt habe als Sportler.
Wenn Sie meinen, ich hätte mir das ausgedacht - bitte schön, wenn Sie Freude daran haben andere als Lügner hier zu denuzieren.
In der DDR wurde dieses Prinzip für die gesamte Bevölkerung angewendet - besonders für jugendlich Sportreisekader, aber auch für die fragenden Arbeiter in Gewerkschaftsversammlungen.
Wenn Sie erst schreiben "für die gesamte Bevölkerung" und dann noch mal aufteilen, dann fehlt Ihrem Satz die Logik. Es gab immer Gruppen, die besonders informiert wurden, andere weniger bis gar nicht. Es war eben nicht "die gesamte Bevölkerung".
Wenn Sie meinen, ich hätte mir das ausgedacht - bitte schön, wenn Sie Freude daran haben andere als Lügner hier zu denuzieren.
Davon abgesehen, würde ich mit den Begriffen "Lügner" und "Denunziant" vorsichtig umgehen. Solche Unterstellungen weisen eher auf den Charakter dessen hin, der sie trifft.
"Denunziant"
Ihrer eigenen Logik dürfen Sie gern folgen, dieses Substantiv wurde von Ihnen selbst geschaffen.
Meine Verwendung als Adjektiv sollte nur das Wort "Lügen" etwas differenzieren.
Habe aber zu solchen Spitzfindigkeiten überhaupt keine Lust.
Wenn Sie erst schreiben "für die gesamte Bevölkerung" und dann noch mal aufteilen, dann fehlt Ihrem Satz die Logik. Es gab immer Gruppen, die besonders informiert wurden, andere weniger bis gar nicht. Es war eben nicht "die gesamte Bevölkerung".
Okay, wenn Sie meinen, dass es in der DDR Menschen gab, die sich aus diesem System ausklinken konnten - also die "ungeschriebenen Regeln" der erlaubten und gewünschten Kommunikation gar nicht kannten - dann frage ich MICH, wo Sie da wohl gelebt haben.
Das war eben nicht so.
Wenn Sie eine Erwiderung so anfangen, ist es die Bezichtigung der Falschaussage - der Lüge. Da können Sie Ihre pseudologischen Argumente drehen, wie Sie wollen.
Dazu hatte ich Ihnen ja schon Freude gewünscht.
Meine Verwendung als Adjektiv sollte nur das Wort "Lügen" etwas differenzieren.
denunzieren ist kein Adjektiv, sondern ein Verb.
Okay, wenn Sie meinen, dass es in der DDR Menschen gab, die sich aus diesem System ausklinken konnten - also die "ungeschriebenen Regeln" der erlaubten und gewünschten Kommunikation gar nicht kannten - dann frage ich MICH, wo Sie da wohl gelebt haben.
Der Blogtext handelte zuallerst von Top-Secret-Pressekonferenzen, deren Inhalte den meisten "Normalbürgern" nicht zugänglich sind und er fragt sich, ob damit die Presse, die solche Infos gesteckt bekommt, nicht zum Komplizen der Macht wird. Und in dem Zusammenhang zitiert er auch die Begründung für diese Art von Hintergrundgesprächen: Die Presse würde informiert, damit sie gewisse Entwicklungen nachvollziehen könne.
Das haben Sie - völlig missverstanden und aus dem Zusammenhang verwendet. Was Sie nämlich als DDR-Beispiele anführten, das ist etwas ganz anderes. Nämlich die Mechanismen von Agitation und Propaganda, die es in unterschiedlicher Form in der DDR gab.
Da waren die Leute unterschiedlich von betroffen.Und damit konnte man nur hin und wieder "gewisse Entwicklungen nachvollziehen", sehr oft aber wurden Entwicklungen auch verschleiert.
In den von mir oben angeführten DDR-Hintergrundinformationen ging es auch nicht ums "ausklinken", sondern um privilegiertes Einbezogen sein in manches "Herrschaftswissen". Das wäre ungefähr die Ebene, auf der sich heute auch manche Hintergrund- und Kamingespräche bewegen.
Ich merke also, Sie haben den ganzen Blogbeitrag - der auch noch sehr oberflächlich ist, wie Moorleiche zurecht ironisch anmerkt - ihrerseits gar nicht verstanden.
ja, Titti, Mir ging es aber um die Tiittititel. - Und jetzt sag mir doch endlich, dass ich Unrecht habe. Deiner Ansicht nach, müsstest Du die Artikel doch kennen...Oder???
Ich weiß nicht, ob Du Unrecht hast, da ich vom Artikel auch nur die Überschrift gelesen habe. Aber ich dachte ungefähr dasselbe wie Du. ;-)