http://sandoragaly.files.wordpress.com/2012/08/5192347520_cf88a1c5e5_z.jpg?w=600&h=450
Ein Blick voll Leides – und Sorge?
Ist Europas Zusammengehören nur noch Banalität?
Figur zu Ehren hunderttausender Gefallener bei Verdun
Die Europäische “Union”? – Wie ähnlich ist die Situation Europas der vom Sommer 1914?
Nicht militärisch natürlich, es geht mir nicht um physischen Krieg, nicht um die Dimension des damaligen millionenfachen maschinengestützten Menschenvernichtens.
ABER sehr wohl wieder um ein - später evtl. als vermeidbar erkennbares -, nervöses, kurzsichtiges und egoistisches Handeln (aller Seiten!), das den “Zusammenbruch der Welt” für viele Menschen verschulden könnte, und solchen Rückschlag für ein humanes Projekt sondergleichen in der Weltgeschichte, dass es sich davon u.U. lange nicht wird erholen können. Mit der Folge von viel Leid, dunkler Ungewissheit.
Es geht auch um Verrat, an den Menschen, für die die abgebildete Figur steht.
Zuerst veröff. auf meinem Blog "Auffälle", http://sandoragaly.wordpress.com/
Bildquelle: Gordon Thomas Lawson, Verdun monument aux morts 2 (2010). Flickr. Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/deed.de
Kommentare 4
Ihre Frage ist emotional durchaus verständlich, aber eigentlich passt der Vergleich mit 1912/1914 bei genauerem Hinsehen nicht wirklich.
Was damals "in der Luft" lag, war eine Entladung von Friktionen einander belauernder Großmächte in Europa.
Was heute "in der Luft" liegt, kreist eher um die Frage, wann kein Geld mehr aus dem Bankautomaten kommt, um Aufstände, evtl. Bürgerkriege (Griechenland wäre so ein Kandidat), um den Zerfall nicht Europas, aber der EU. Die einzelnen Staaten würden auch ohne EU nicht übereinander herfallen, zumal sie fast alle in Natostrukturen eingebettet sind. Insofern dürfte sich der "Druck", den die Herrschaft des bis zur völligen Wertlosigkeit vermehrten Geldes erzeugt, eher nach innen entladen. Siehe den sich verschärfenden Umgang mit Minderheiten in vielen europäischen Ländern etc.
Sehe ich so ähnlich wie Sie.
Der Ärger zwischen den Nation steigt immer dann, wenn die Leistungsschwachen auf Kosten der Leistungsstarken leben möchten.
Dann wird geneidet, gepöbelt und es werden Alliancen gebildet.
Wie z. Zt. die Pöbeleien in den Club-Med Staaten gegen Deutschland, allen voran von den Griechen.
...zwischen den Nationen...
Ja, es ist klar, dass der Ausgangspunkt gegenüber damals in Vielem sehr verschieden ist, wie auch das, was daraus entstand und entstehen kann. Genauer sind die meisten Strukturen anders (etwa Bündnisse, Imperialismus); was mich erinnert ist jedoch das Situative - d.h. wie in einer, wie ich einleite, Gemengelage, einer sich hochputschenden Dynamik von Angst, wachsendem Misstrauen und Populismus etwas "verspielt" wird, was vermeidbar (gewesen) wäre - damals der europäische Friede, auch wenn zahlreiche Faktoren gegen ihn arbeiteten, doch niemand (außer einzelnen Gruppierungen *innerhalb* von Nationen) wollte den industrialisierten Allgemeinen Krieg unbedingt oder schätzte ihn gar richtig ein -, heute, um ein Vielfaches weniger bedrohlich, aber gleichwohl bedrohlich und unmenschlich, ist es der soziale Friede und auch die wertmäßigen Zusammenhaltekräfte der Union, und die Bedrohung großen Leides innerhalb des EU-Projekts. Es geht mir also darum, dass nicht mit schlimmen Folgen etwas leichtfertig und nervös verspielt wird, eine Parallele zu damals, wenngleich die (jahrzehntelange) Konfrontation damals viel stärker darauf ausgelegt war. Aber auch diese war nicht nur fix, so verspielte Wilhelm II. mit seiner Flottenrüstung einen durchaus möglichen Ausgleich mit England.
Es gibt aber noch einen weiteren wichtigen, prinzipiellen Bezug, neben der politisch-diplomatischen und medial-rhertorischen Zuspitzung der Situation, bei der Vieles kaputtgehen kann - und zwar die Brisanz der Frage, die sich jetzt herausschält, wie nah einander, wenn es darauf sozusagen "ankommt", kulturell immerhin recht verschiedene und selbst-regierte Nationen kommen könnnen (Zusammengehörigkeits-/Solidaritäts- vs. Egoismus-/auseinanderstrebende Kräfte). Dies dürfte ein einmaliges "Experiment" sein. Hier ist eben etwas Einmaliges entstanden, was jetzt aufs Spiel gesetzt wird. Und auch wenn dies wieder in Vielem versch. Beispiele sind, v.a. weil es sich meist um autoritäre Formen handelte, kann man sich geschichtlich schon fragen, wo eine enge politische Union zwischen kulturell so eigenen Nationen auf Dauer funktioniert hat? Österreich-Ungarn, der Vielvölkerstaat - andererseits als "Völkerkerker" angesehen - wurde rückständig und autoritär regiert, aber abgesehen davon und v. anderen Punkten spielten auch schlicht massive nationale Wünsche und Souveränitätsbestrebungen eine Rolle beim Zusammenbruch - und um die Souveränität der europ. Staaten genau reden wir auch heute, im Zusammenhang mit Euro und Wirtschaftsunion. Vgl. (behusam) auch das Scheitern Jugoslawiens, das neben den, am Ende furchbar eskalierenden Streitigkeiten durchaus auch von dem Wunsch nach und auch einer Realität des Miteinanders geprägt war - etwa bei Gründung als Königreich der Südslawen (Jugoslawen) auf den Trümmern Habsburgs - und mit serbokroatischer Sprache -, später als blockfreier, sich sogar gegen Stalin behauptender und demgegenüber liberalerer Staat unter Tito (der übrigens keineswegs Serbe, sondern Kroate war).
Anders gelagert wiederum: der für die Einwanderer hoffnungsvolle Neubeginn und die von Beginn an massive Integration in den entstehenden USA (die dennoch erst seit den Sechzigern ernsthaft mit dem Einbezug der Afroamerikaner begann!).
Es stellt sich also die brisante Frage für die EU, wie weit kann Integration gehen, und ist sie soweit möglich, wie es wünschbar erscheint. Geht es irgendwann nicht weiter, oder spielen Ungeschick und andere Faktoren eine zentrale Rolle (so meine These oben), die zumindest dem Prinzip nach überwindbar sind.