Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste

Kino 2012 war in Cannes kein einziger Film einer Frau im Wettbewerb vertreten. Isabell Šuba hat nun einen Film über das männlich dominierte Filmgeschäft gemacht

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Irgendwo zwischen Dokumentation und Spielfilm: Ein Blick in die Filmbranche
Irgendwo zwischen Dokumentation und Spielfilm: Ein Blick in die Filmbranche

Foto: Screenshot Youtube

http://blog.theater-nachtgedanken.de/wp-content/uploads/2014/04/MZFDIB_Plakat_4WEB-697x1024.jpgKurz nachdem die 1981 in Berlin geborenen Isabell Šuba 2012 ihr Regiestudium an der Potsdamer Filmhochschule HFF beendet hatte, wird sie mit ihrem Kurzfilm Chica XX Mujer zu den 65. Filmfestspielen nach Cannes eingeladen. Ihren fünftägigen Aufenthalt an der Croisette, Traumort für so viele junge Filmschaffende, hielt sie in einer Art Mokumentary fest. Dazu übernahm die Schauspielerin Anne Haug Šubas Identität, während sich die Regisseurin als Filmstudentin akkreditierte. Ihr Produzent Matthias Weidenhöfer spielte sich in der Rolle des überforderten Produzenten David Wendlandt und machohaften Geschäfts-Partners der Regisseurin sozusagen selbst. In Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste entsteht so ein ziemlich genaues Bild des Filmgeschäfts, in dem Frauen immer noch nicht die Rolle spielen, die ihnen qualitativ wie quantitativ zukäme.

Kein Bett an der Croisette

Ausgehend von der Tatsache, dass 2012 in Cannes kein einziger Film einer Frau im Wettbewerb vertreten war, versucht Isabell Šuba die These aus dem Titel ihres Films (einem ähnlich lautenden Protestbrief von Regisseurinnen gegen die Einladungspraxis in Cannes entlehnt) mit dem entsprechenden Hintergrund vor Ort zu untermauern. Schon die Ankunft in Cannes lässt die Katastrophe erahnen. Der vorgereiste Produzent hat den Ankunftstermin verpennt und noch zwei weitere Freunde im gemeinsamen Appartement einquartiert. Termine und Einladungen zu wichtigen Interviews und Filmpartys werden verpasst und das Promoten eines geplanten Filmprojekts der Regisseurin droht an der Unfähigkeit und Ignoranz des Produzenten zu scheitern. Er nimmt seine Partnerin nicht ernst und hat nicht mal die Log Line für den Film gelesen - eine etwas komplizierte Frauengeschichte im ländlichen Milieu, aus der er kurzerhand einen Body-Western machen will.

So kabbeln sich die beiden selbst vor Interviewpartnern, rennen gestresst durch die Straßen der Filmmetropole an der Côte d’Azur, versuchen auf Filmpartys zu kommen und ihr neues Projekt an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Immer wieder stehen sich die beiden dabei selbst im Weg und im wahrsten Sinne des Wortes im Regen von Cannes. Die Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen scheint hier ein Ding der Unmöglichkeit, zu weit auseinander steht man in den Ansichten zu Beruf und Genderfragen. Dass dann auch noch die Ex der Regisseurin (Eva Bay) mit ins Appartement zieht, sorgt für zusätzliche Spannungen.

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Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste - Foto: Screenshot

„Du bist einfach durch und durch ein Penis.“

Die knallharte Feststellung der falschen Isabell Šuba, als Reaktion auf die zum Teil ziemlich gedankenlosen Äußerungen des Produzenten, ist nicht etwa nur Ausdruck einer übersteigerten Lust an der Verletzung des männlichen Gegenübers, sondern bringt das Wesen des als ungerecht und chauvinistisch empfundene Filmgeschäfts mit seiner männlich dominierter Filmförderung und Festivalauswahl auf einen ganz konkret zugespitzten Punkt. Die feministische Stoßrichtung des Films überdeckt dabei aber nicht vollkommen die Sicht auf die eigentliche Lust und den Frust am Filmemachen, den großen Spaß und Idealismus sowie all die Probleme geschäftlicher wie zwischenmenschlicher Natur.

Und um das darzustellen, ist die Schein- und Glamourwelt Cannes' natürlich eine der schönsten Kulissen, die man sich nur vorstellen kann. Die Kamera fängt dazu Bilder von Celebrities, Groupies, Hedonisten und dem ganzen unvermeidlichen Anhang des Kino-Jet-Sets ein. Der an lediglich fünf Tagen gedrehte Film, ist zu großen Teilen selbstfinanziert. Erst für die Postproduktion hat man eine erfolgreiche Crowdfundingkampagne gestartet. In all den echten wie gefakten Szenen mit ihren komplett improvisierten Dialogen ist Isabell Šuba hier eine treffsichere Studie mit viel Sarkasmus aber auch einem selbstironischen Blick gelungen, was nicht nur Filmleuten gefallen dürfte.

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siehe dazu auch Berichte vom 10. Achtung-Berlin-Filmfestival auf Kultura-Extra.de

und: http://blog.theater-nachtgedanken.de

Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste

(D, 2013)

Regie: Isabell Šuba

Kamera: Johannes Louis

Schnitt: Clemens Walter

Musik: Hector Marroquin

Mit: Anne Haug, Matthias Weidenhöfer, Eva Bay u.a.

Länge: 83 Min.

Kinostart:14.08.2014

Verleih: missingFILMs

Weitere Infos: http://maenner-zeigen-filme-und-frauen-ihre-brueste.de/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Bock

freier Blogger im Bereich Kultur mit Interessengebiet Theater und Film; seit 2013 Veröffentlichung von Kritiken auf kultura-extra.de und livekritik.de

Stefan Bock

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