Ein enger Blick, Der Freitag 6/2011

Filme Wer sieht Spielfilme, die die Realität abbilden?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Betrifft: Ein enger Blick.

Frank Schirrmeister stellt die Frage, warum in Deutschland so wenige Filme gedreht werden, die die Realität abbilden. Eine wichtige und interessante Frage, die aber an der Realität vorbei geht. Die Frage müsste lauten: Wer soll sich diese Filme ansehen?

Auf der einen Seite, die Protagonisten selber. Aber warum soll man über 90 Minuten oder länger in den Spiegel schauen und Schauspielern dabei zusehen, wie sie Menschen darstellen, die in einer prekären Situation leben, wie man selber?

Auf der anderen Seite, gutbürgerliche, intellektuelle und gesichert lebende Menschen. Sollen sie sich den Film ansehen, um anschließend in großer Betroffenheit ein „Das hätte ich ja nicht gedacht – so schlimm“ oder ein „Das sieht man mal, wohin der Schröder uns mit Hartz IV geführt hat“ auszurufen?

Diese Filme sind letztendlich genauso Scripted Reality wie all die Serien auf den Privatsendern – nur noch humorferner.

Aufklärung? Kann auch nicht sein. Aufklärung ist nicht das Abfilmen einer Realität. Dafür gibt es Dokumentarfilme mit einer mehr oder weniger gelungen Einordnung in einen größeren Kontext.

Aufklärung im Film und der Musik bedeutet Überspitzung, Interpretation, Lust und vor allem Perspektive und Wille zur Veränderung. Und in diesem Sinne hat der Film Männer bestimmt mehr erreicht als jeder quasi dokumentarische Autorenfilm aus Deutschland.

Graue Perspektivlosigkeit erzeugt nur Widerwillen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden