Der Traum eines Jungreporters

Ausblick Der Beruf des Journalisten hat nichts an seiner Faszination verloren. Die Träume eines jungen Journalisten, der seine Hoffnungen in die Krautreporter steckt
Ausgabe 25/2014

Viele haben mich gefragt, ob ich mir das wirklich antun möchte: Journalist werden. Natürlich mache auch ich mir so meine Gedanken, da die Zeitungen nach wie vor in einer Krise stecken. Festanstellungen gibt es kaum noch. Immer mehr Journalisten arbeiten als freie Mitarbeiter, ohne ein zweites Standbein geht es oft nicht. Der Verdienst ist auch nicht sehr motivierend, dennoch habe ich mich von der Faszination des Journalismus anstecken lassen, der bei jungen Leuten nach wie vor als Traumberuf gilt. Ich selbst habe mich erst vor knapp zwei Jahren dafür entschieden, obwohl ich bereits eine Ausbildung als Bürokaufmann absolviert habe und kurz vor dem Ende meines Soziologiestudiums stehe, das auch in die Forschung hätte führen können. Doch das Schreiben ist eine Leidenschaft. Mein Ziel ist es, wie für viele sicherlich auch, das Denken der Menschen anzuregen. Soziale Missstände aufzudecken und den politischen Diskurs voranzutreiben. Ich würde sicher nicht glücklich werden in einem Beruf, bei dem ich nichts verändern kann. Ich möchte als Wachhund agieren, als „vierte Gewalt“ und der Regierung auf die Finger schauen.

Die Zukunft für mich als junger Journalist liegt mit großer Sicherheit im Online-Journalismus. Der ist an sich natürlich nicht schlecht, aber die Möglichkeit intensiver Recherche scheint mir bei den großen Portalen nicht gegeben. Beim Lesen der Texte fällt oft auf, dass Pressemeldungen abgeschrieben wurden oder sich durch mangelnde Recherche Fehler eingeschlichen haben. Darauf wollen die Krautreporter mit ihrem Online-Magazin eine Antwort haben. Ihr Versprechen: gut recherchierte Artikel, unabhängig von Klickzahlen und Werbung. 15.000 Unterstützer, die 60 Euro Beitrag zahlen, hatten sich die 28 Journalisten als Ziel gesetzt. Noch wenige Tage vor Ablauf der Frist schien das utopisch. Am Ende gelang es mit Hilfe größerer Spenden, auch von der Rudolf-Augstein-Stiftung, dann doch. Im September sollen die ersten Artikel online gehen.

Das Konzept der Krautreporter ist nicht neu. Man kann darüber streiten, ob ihre Kritik am Online-Journalismus nicht zu pauschal ist, denn gute Texte können auch unter Zeitdruck entstehen. Dennoch glaube ich, dass es ein Konzept für die Zukunft ist. Sie wollen täglich vier Beiträge veröffentlichen, dadurch können sie intensiver recherchieren, sich Zeit lassen und so für Qualität garantieren. Ein erfolgreiches Beispiel kommt aus Frankreich mit Mediapart, das sich 2008 durch Crowdfunding gegründet hat. Mediapart hat die Spendenaffäre der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt im Präsidentschaftswahlkampf von Nicolas Sarkozy öffentlich gemacht. Im Frühjahr 2013 deckten sie die Steuergeldaffäre des damaligen französischen Haushaltsministers Jérôme Cahuzac auf.

Ist das nicht die Art von Journalismus, die sich junge Journalisten wünschen? Ein kritischer, unabhängiger Journalismus und kein Arbeiten, das abhängig ist von einer bestimmten Anzahl an Google-Klicks. Magazine wie Mediapart oder Krautreporter lassen mich deshalb zuversichtlicher auf die Zukunft des Online-Journalismus schauen. Für ein Jahr ist das Magazin finanziell gesichert, es bleibt zu hoffen, dass die Krautreporter ihre Chance nutzen. Dann wäre eine Basis für weitere Online-Magazine geschaffen.

Stefan Simon, 27, ist Redaktionspraktikant beim Freitag

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Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

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