Die Chance der Linkspartei

Ausblick Die SPD klebt in der Mitte fest, Die Grünen wissen nicht wohin - kann Die Linke von der Schwäche der beiden Parteien profitieren?

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Die Chance der Linkspartei

Foto: Sean Gallup/ AFP/ Getty Images

"Es hat keinen Sinn eine Mehrheit für die Sozialdemokraten zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein". Diese Worte predigte einst einer der größten und bedeutendsten Sozialdemokraten, Willy Brandt und sie sind treffender denn je. Die SPD heute gleicht einem Trümmerhaufen. Vorbei scheinen die großen Zeiten dieser stolzen Partei.

Nun haben wir es ja amtlich, der kleine Parteitag hatte am vergangenen Sonntag für Koalitionsverhandlungen mit der CDU gestimmt. Die wichtigste Bedingung: der Mindestlohn. Ein Mitgliedervotum steht noch an, davon möchte die SPD angeblich ihre Zustimmung zum Koalitionsvertrag abhängig machen, so hatte es jedenfalls Generalsekretärin Andrea Nahles betont. Dass ein Votum kein Mitgliederentscheid ist, sollte allen SozialdemokratInnen bewusst sein.

Ob nun das Votum für die Parteispitze positiv oder negativ ausfallen wird, eines sollten die GenossInnen wissen: Die SPD bleibt in der Mitte verankert. Die Partei wirft wichtige Forderungen aus ihrem Wahlprogramm über Bord, wie die Gleichstellung homosexueller Paare, die doppelte Staatsbürgerschaft oder die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitslose. Alles Forderungen, bei der sie zurecht mit der Union nicht verhandeln kann. Bei einem Linksbündnis mit Linkspartei und Grüne wäre das wahrscheinlich kein Problem gewesen.

Unter einer Minderheitsregierung der Union, könnte die SPD mit ihrer Mehrheit im Bundesrat Angela Merkel mit mehreren Gesetzesvorhaben unter Druck setzen, doch darum geht es den GenossInnen an der Parteispitze nicht. Sie wollen mit allen Mitteln an die Schaltzentrale der Macht. Seit 2009 sind keinerlei Veränderungen in der Partei zu sehen. Die alte Basta-Politik von Altkanzler Gerhard Schröder wurde weitergeführt.

Die Grünen wissen nicht wohin

Die Schuldenlast hängt wie ein schwerer Felsbrocken an der SPD, doch auch die Grünen tragen eine Mitschuld, dass Gespräche über Rot-Rot-Grün nicht zustande gekommen sind. Sie hatten Gespräche mit der Linkspartei vor der Bundestagswahl zwar nicht explizit abgelehnt, jedoch legten sie sich ebenso stur auf Rot-Grün fest, wie die SPD. Nun stehen sie vor einem Neuanfang. Welchen Weg die Grünen einschlagen werden wissen sie selbst nicht einmal. Den Grund für das schlechte Abschneiden sehen sie allein an Jürgen Trittin und dem Steuerprogramm. Warum eigentlich? Wie kommt die Partei eigentlich auf die Idee, sie habe das Potenzial über 15 % der WählerInnenstimmen zu erreichen? Sie sind auf ihrem Niveau der letzten Wahlen geblieben, denn ihr Klientel bewegt sich im sozial-ökologischem Bereich und nicht im gentrifizierten Frankfurter Nordend oder dem Prenzlauer Berg. Sozial-ökologisch, genau da muss die Partei wieder hin, ob sie das macht ist eine andere Geschichte. Die neue Co-Vorsitzende Simone Peter gehört zwar zum linken Flügel der Partei, doch sie hat schon Erfahrungen mit CDU und FDP in einer Jamaika-Koalition gesammelt. Eines steht jedenfalls fest, die Grünen werden ein Bündnis mit der Union in Zukunft nicht mehr ausschließen. Was die SPD kann, das können die Grünen schon lange.

Schlägt jetzt die Stunde der Linkspartei?

Der Selbsterosionsprozess der SPD geht also weiter, die Grünen müssen ihren (neuen) Weg erst noch finden und die Linke? Sie könnte jetzt von der Schwäche der beiden Parteien profitieren. Der Chefredakteur vom neuen Deutschland, Tom Strohschneider, sagte auf einer Podiumsdiskussion der Rosa-Luxemburg-Stiftung kurz nach der Wahl, dass "die Linkspartei die SPD inhaltlich schon übernommen habe".

Recht hat er, denn das Kernthema der SPD, die soziale Gerechtigkeit, hat die Linke schon seit einigen Jahren übernommen. Aber auch bei dem Thema Ökologie ist Die Linke fortschrittlicher geworden. Nun kann sie in den nächsten vier Jahren ihre Chance ergreifen und sich noch stärker links von SPD und Grünen profilieren, indem sie ihre Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen weiter ausbaut, sowie den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft stärker als zuvor betont.

Das wichtigste für die Linkspartei ist aber zunächst die Verankerung im Westen. In Hessen hat sie die Möglichkeit mit SPD und Grünen zu koalieren. Dabei sollte sie versuchen kompromissbereit zu sein, aber gleichzeitig darf sie auch ihre Inhalte nicht vergessen. Sollte das gelingen, könnte es in Deutschland zur ersten rot-rot-grünen Regierung kommen, dazu auch noch in einem westdeutschen Flächenland. Der erste Schritt für ein Linksbündnis im Bund wäre damit gegeben. Nur eines sollte sich die Linke merken. Sie darf nicht den gleichen Fehler von 2009 begehen und wieder in Flügelkämpfe zwischen Ost und West, zwischen Fundis und Realos verfallen, denn dann würde sie ihre gute Ausgangsposition verspielen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

Stefan Simon

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