Die Ohnmacht der Linken

Bündnisse Mit Schwarz-Grün in Hessen endet das rot-grün-(rote) Projekt und damit auf Dauer auch eine sozial-ökologisch progressive Politik

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Seit heute steht der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Verhandlungspartner. Nur noch die SPD-Basis kann die zukünftige Groko verhindern. Derweilen führen in Hessen CDU und Grüne Koalitionsgespräche. Die gesamtdeutsche Linke sieht diesem Treiben ohnmächtig zu. SPD und Grüne haben es erneut verpasst, eine progressive Regierung in Hessen sowie im Bund auf die Beine zu stellen, weil sie die Linkspartei für verantwortungslos und nicht regierungsfähig halten. Diese Verantwortungslosigkeit kann man stattdessen voll und ganz Rot-Grün vorwerfen. Sie ignorierten – mal wieder – den WählerInnenwillen und helfen – mal wieder – der Union an die Macht.

Schwarz-Grüne Spielchen in Hessen

Die CDU stattdessen setzt ihr taktisches Machtkalkül ein und wird zum ersten mal in einem deutschen Flächenland Schwarz-Grün auf die Beine stellen. Ausgerechnet die hessische CDU, die rechtskonservative Hochburg der Union, mit den Hardlinern Volker Bouffier, Christean Wagner, Law-and-Order Sheriff Boris Rhein und dem Rechtsaußen Hans-Jürgern Irmer. Letztgenannter schreibt ab und zu Artikel für die Junge Freiheit, welche man getrost im Grenzbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus einordnen kann. Dann hetzt er gerne in seiner eigenen Zeitung, dem Weimarer Kurier, gegen Ausländer. Im Wahlkampf 2008 führte die Hessen-CDU einen ausländerfeindlichen Wahlkampf, in dem auch der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir beleidigt wurde. Daraufhin verweigerte er dem damaligen Ministerpräsident, Roland Koch (CDU), den Handschlag. Ja und mit genau dieser CDU wollen die Grünen regieren.

Da gucken SPD und Linke ziemlich blöd in die Röhre. Und die ganze Schuld dieses Dilemmas, in dem die deutsche Linke schon seit langem steckt, gibt man natürlich wieder der Linkspartei. Sie sei nicht kompromissbereit gewesen beim Thema Schuldenabbau oder Flughafen. Dabei kann man jetzt getrost davon ausgehen, dass die Grünen eine rot-grün-rote Regierung nicht haben wollten. Auch die SPD trägt eine Mitschuld. Sie sahen die Linke nicht als verlässlichen Partner. Daraufhin hatte Volker Bouffier die Wahl zwischen SPD oder Grüne. Da man in Frankfurt am Main und Darmstadt mit den Grünen ganz gut regiert und sie verlässliche Partner wären, möchte man gerne dieses Bündnis ausprobieren. Sicher, denn somit hat die CDU eine weitere Machtoption für 2017 und die Hessen müssen weitere fünf Jahre die CDU ertragen, die seit 1999 regiert. Vom roten Hessen kann hier keine Rede mehr sein.

Rot-Rot-Grün rückt in weite Ferne

Die deutsche Linke demontiert sich selbst, sowie den Willen der WählerInnen, vor allem in Hessen. Bei beiden Wahlen gab es eine rot-rot-grüne Mehrheit, bei beiden Wahlen wurde diese Option nicht genutzt. Die Ausschließeritis auf Seiten der SPD vor der Bundestagswahl ist der größte Fehler gewesen, den die Sozialdemokraten hätten machen können. Ein Blick in die Wahlprogramme und der Koalitionsvertrag der drei Parteien wäre nach drei Tagen unter Dach und Fach, aber Peer Steinbrück wollte nicht mit der Linken regieren, weil ein kleiner Teil der Partei Kommunisten sind. Wie auch immer, Volker Bouffier agiert eben wie ein Profi im Politgeschäft. Er sieht die Macht, er will die Macht, er bekommt die Macht. Bouffier hat ganz klar Wortbruch begangen, doch wen kümmert es? Man denke da an 2008 und Andrea Ypsilanti, wie aus ihr durch CDU und Springer-Presse Lügilanti wurde. Dann ist sie zusätzlich von vier Abweichlern aus der eigenen Fraktion gestürzt worden. Und was ist mit Volker Bouffier? Als wäre nichts gewesen. Kein Meutern der Presse, keine Wortbruch-Rufe. Nichts!

Die CDU denkt nur an ihre Macht, holt sich die Grünen ins Bett, die das ganze verlogene Spiel auch noch mit machen. Ein Trauerspiel und ein immenser Schaden für unsere Demokratie. Das rot-rot-grüne Projekt ist mit dem angehenden schwarz-grünen Bündnis für die nächsten Legislaturperioden Geschichte. Zu Hoffen bleibt nur ein frühes Scheitern der schwarz-grünen Koalitionäre, ein Nein der SPD-Basis, sowie ein Aufwachen in der Bevölkerung bei solch undemokratischen Verhältnissen. Zu Hoffen bleibt ebenfalls, dass SPD, Grüne und Linkspartei sich das Institut Solidarische Moderne, wo u.a. junge PolitikerInnen von Rot-Rot-Grün auf ein linkes Bündnis hin arbeiten, als Vorbild nehmen. Der Weg dorthin ist jedoch länger als vor dem 22.September.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

Stefan Simon

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