Misslungener Wahlkampfauftakt der Kanzlerin

Wahlkampf Angela Merkel beginnt ihren Wahlkampf in Hessen. Perfekt inszeniert, aber mit lautstarkem Protest. Das fanden weder Merkel noch ihre Anhängerschaft nicht so toll.

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Der Marktplatz im südhessischen Seligenstadt war perfekt vorbereitet für den Wahlkampfauftakt von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Alle Plätze natürlich ausgerüstet mit „Angie“-Plakaten und „Gemeinsam erfolgreich“. Neben Frau Merkel trat auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auf und sparte nicht mit Lob gegenüber dem Städtchen Seligenstadt und der Leistungskraft von Hessen. „In diesem Land darf man auch anderer Meinung sein. Auch dafür kämpfen wir“, so Bouffier in Richtung der 50 Demonstranten von Jusos und Grüne Jugend, die mit Transparenten über den Abhörskandal des NSA aufmerksam machten. Angela Merkel holte ebenfalls ihre Lobkeule heraus und sprach vom „wunderschönen Ambiente des wunderschönen Marktplatzes“. In ihrer Rede lobte sie die Regierung. Sie sprach sich für solide Haushalte der Kommunen, Länder und des Bundes aus. „Daran müssen wir arbeiten.“

Merkel vs. Jusos

Konkrete Ziele einer neuen Legislaturperiode formulierte die Kanzlerin nicht, setzte aber einige Eckpunkte. So trete sie für eine bessere Anrechnung der Rentenzeit bei Müttern ein und wolle das Gesundheitssystem weiter reformieren. Unterdessen verlor sie kein Wort über ihren Widersacher Peer Steinbrück. Nur die Grünen kamen mit ihrer Idee des Veggie Day nicht gut weg. Allerdings kam Frau Merkel während ihrer schwungvollen Rede ab und an ins stottern. Sie sprach nicht so flüssig und souverän, wie man es sonst von der Kanzlerin gewohnt war. Das lag am lautstarken Protest der Jusos am Rande der Veranstaltung, wo sie vom Ordnungsamt hinplatziert worden sind. Ununterbrochen kamen Pfiffe und ab und an trötete es aus einer Tuba. „Merkel raus“, „Heuchlerin“, „Lügnerin“ riefen die Jungsozialisten. Das war ihr doch dann etwas zu viel. Immer wieder verzog sie ihre Miene und drehte den Kopf nach links zu den Demonstranten. Dann lieferte sie sich ein Scharmützel mit den Jusos.

Zunächst machte sie sich über sie lustig, weil einige Berliner Jusos das Deutschlandfest der SPD zum 150-jährigem Jubiläum boykottieren, weil sie mit dem Namen der Veranstaltung nicht zufrieden sind. „Das ist die Zukunft der SPD“, außerdem sagte sie, „dass diejenigen, die sich nicht einbringen wollen in unsere Gesellschaft, diejenigen, die Glauben, wenn man schreit hat man einen Anspruch auf staatliche Unterstützung, die können wir nicht unterstützen“ so Merkel unter lautstarkem Jubel der parteitreuen Anhängerschaft. Auch viele Umherstehende waren erbost über den Protest. „Ich hoffe, dass man uns hört und sieht", hatte Juso-Vorsitzender Christian Heimpel vorab verkündet. Dies ging nur zum Teil auf, da das Ordnungsamt die Jusos am Rande der Veranstaltung platzierte, jedoch waren sie umso lauter. Das fanden einige Zuhörer nicht so toll und wurden gegenüber den Demonstranten handgreiflich. So packte einer das Tuch des Fahne schwenkenden SPD-Parlamentariers Michael Gerheim und drohte ihm: „Du bist Stadtverordneter!“. Später kam es dann zu einer Rangelei, erst dann griff die Polizei ein, die zuvor tatenlos zugesehen hatte. Einige Jusos berichteten dann später noch, dass sie am Ende der Veranstaltung als "Drogenabhängige" und "Nutzlose" beschimpft worden sind.

Der Wahlkampf kann beginnen

Von Demokratie und Meinungsfreiheit kann hier nicht die Rede sein, weder von Frau Merkel noch von ihrer Anhängerschaft. "Demokratie" und "Meinungsfreiheit" schreiben sich die Unionsparteien gerne auf die Fahnen, doch bei dieser Veranstaltung kam die hässliche Fratze der (Hessen)-CDU zum Vorschein. Erzkonservative Sprüche gegen junge Menschen, die sich für eine andere Gesellschaft einsetzen. Ein Hauch von Roland Koch schwebte über die Massen. Wer Demonstranten so hart angeht kann kein Verständnis von Demokratie haben. Wieder einmal wurde mit diesem Verhalten beweisen, dass eine andere Meinung in Deutschland nicht erwünscht ist, auch wenn es sich hierbei nur um einige CDU-Sympathisanten handelte. Das jedoch die Kanzlerin die Jusos so diffamiert geht unter die Gürtellinie. Dies könnte der Auftakt eines schmutzigen Wahlkampfs gewesen sein. Doch genau so einen könnte Deutschland mal sehr zu Gesicht stehen. Denn die Angst vor einem Wahlk(r)ampf anno 2009 liegt in der Luft, sowie die Befürchtungen der Demobilisierung, vor allem unter der Anhängerschaft der Sozialdemokraten. Die Jusos haben hiermit den Anstoß zum Wahlkampfauftakt der SPD gegeben, jetz liegt es an Peer Steinbrück mitzuziehen, anstatt die Parteijugend zurückzupfeiffen. Einen "Schlafwagenwahlkampf" kann sich die Partei nicht noch einmal erlauben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

Stefan Simon

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