Rassismus raus aus den Köpfen

WM Deutsche Fans fallen beim Spiel gegen Ghana rassistisch auf. Nun muss mit einem härteren Vorgehen gegen Rassismus vorgegangen werden. Doch die Fifa hält sich dabei raus
Deutsche-Fans mit "Blackfacing"
Deutsche-Fans mit "Blackfacing"

Foto: Drawlio Joca/AFP/Getty Images

Es ist Samstagabend in einer Berliner Bar in Kreuzberg. Deutschland spielt gegen Ghana. Die erste Halbzeit war nicht sehr vielversprechend, nur ein müder 0:0 Kick. Die Besucher jedoch lassen sich ihre gute Stimmung nicht vermiesen. Aus den Boxen dröhnen elektronische Beats aus Ghana. Sie tanzen, die Stimmung ist fröhlich. Die Stimmung wird nach der furiosen zweiten Halbzeit noch besser. Deutsche und ghanaische Fans feiern zusammen und sahen das bis dato beste Spiele dieser Weltmeisterschaft. Auf der anderen Seite des Globus verhalten sich deutsche Anhänger jedoch alles andere als vorbildlich. Laut einem Bericht von Spiegel Online wirft das Anti-Diskriminierungs Netzwerk Fare u.a. deutschen Fans Rassismus vor. Auf Twitter erschien ein Foto von zwei deutschen Fans mit schwarzbemalten Gesichtern. Auf ihren weißen T-Shirts steht in schwarzer Schrift "Ghana".

Piara Powar, Chef von Fare, fordert nun die Fifa auf, ein Disziplinarverfahren gegen den DFB in Gang zu setzen. Die Fifa kann in solchen und ähnlichen Fällen Disziplinarverfahren gegen die nationalen Fußballverbände einleiten. Doch jeder Fußballverband ist für seine eigenen Anhänger und deren Verhalten im Stadion verantwortlich. Die Aktion erinnert an das „Blackfacing“. Es handelt sich hierbei um eine rassistisch geprägte Theater- und Unterhaltungsmaskerade, die im 19. Jahrhundert in den USA entstand. Weiße Künstler bemalten ihr Gesichter schwarz und spielten den „naiven, trunkenen und immer schwachsinnigen Neger“.

Neu ist ein solches Auftreten von Fußball-Fans nicht. Rechtslastige Besucher tauchen immer wieder im Fußballstadion auf. Anhänger mit solchen diskriminierendem Verhalten hätten erst gar nicht in das Stadion gelassen werden dürfen. Auch Zuschauer aus Belgien und den Niederlanden sollen ihre Gesichter schwarz bemalt haben. Die Fifa trägt somit eine Mitschuld. Ihre Kampagne „Say no to racism“ gleicht daher einem Trauerspiel. Dass nun den nationalen Verbänden ein Disziplinarverfahren droht, ist nicht falsch, aber die Fifa versucht so die gesamte Schuld den Organisationen zu überlassen und hält sich raus. Wichtiger ist, dass die Fußballverbände und die Fifa zusammenarbeiten. Fans, die rassistisch auffallen, müssen mit Stadionverboten rechnen und sollten mit einem Verbot beim Kauf von Tickets für die Europa- und Weltmeisterschaft belegt werden. Es wird diese Leute leider immer geben, ob im Stadion oder auf der Fanmeile. Es ist schwer sie rauszuhalten. Dennoch müssen solche Anhänger mit diskriminierendem Verhalten von den Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Auf der anderen Seite ist ein nicht tolerierendes Auftreten von allen anderen Fußballfans wünschenswert. Dass fremdenfeindliches und nationalistisches Verhalten unterbunden wird. Eine fast schon utopische Vorstellung.

Fußball ist ein Sport, nicht mehr und nicht weniger. Es gibt durchaus wichtigere Dinge auf der Welt. Doch eine Fußball-Weltmeisterschaft ist alle vier Jahre auch ein Riesenspektakel. Es ist schließlich keine Ausnahme, wenn Fans aus verschiedenen Ländern friedlich in Bars die Spiele verfolgen, ein Bier zusammen trinken und Spaß haben. Der Fußball kann tatsächlich die Völker miteinander verbinden. Gerade das macht diesen Sport aus. Welche Rolle spielt es, aus welchem Land ich komme, welche Konfession ich habe, ob ich hetero oder homosexuell bin? Keine. So wie in der Bar in Berlin-Kreuzberg. Das Ergebnis an diesem Abend war zweitrangig. Der Alkohol floss, die Stimmung war auf dem Höhepunkt. Ein lesbisches Paar küsste sich. Ghanaische Frauen tanzten mit deutschen Männern. Spanier und Briten waren nach wie vor fasziniert von dem Fußballspektakel, dass Deutschland und Ghana boten. So feierten sie dann schließlich bis in die frühen Morgenstunden.

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Geschrieben von

Stefan Simon

Journalist in Süd-Ost-Niedersachsen, kommt aber eigentlich aus Süd-Hessen. Schreibt jetzt wöchentlich über politische und gesellschaftliche Themen.

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