Donald Trump und politische Tugend

Ideengeschichte Mit der Präsidentschaft Donald Trumps beginnt in den USA ein neues politisches Zeitalter. Ein an Nicolo Machiavellis Discorsi orientierter Essay

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Donald Trump und politische Tugend

Foto: Scott Olson/Getty Images

Für den Florentiner Politiktheoretiker Nicolo Machiavelli lag das Ende der römischen Republik in der Dekadenz der politischen Tugend. Durch einen Herrscher mit verdorbenen Sitten werden letztendlich auch die Sitten der Bürger verdorben. Dieser Prozess steht unter Donald Trump nun den USA bevor.

In den ersten 5 Wochen seiner Präsidentschaft stellte Donald Trump die gesamten politischen Werte seines Landes auf den Kopf. Er machte durch den „Muslim Ban“ aus einem Einwanderungsland ein Land der Abschottung. Die aktuelle Verdreifachung der Flüchtlingszahlen von den USA nach Kanada belegen die neue politische Kultur der Abschottung und Ausgrenzung unter dem neuen US Präsidenten.

Bei Machiavelli ist dieser Zustand kaum umzukehren, so ist es für ihn ein Gesetz, dass wenn das Gemeinwesen eines Staates verdirbt, welches letztendlich durch den verdorbenen Herrscher geschieht, der Staat nie wieder zur Freiheit zurückkehren kann.

Dass der Prozess des Verfalls der politischen Tugend schon im Gange ist, sah man im US-Wahlkampf und auch im Sieg Donald Trumps. Im Wahlkampf ging es weniger um politische Inhalte als um persönliche Anfeindungen zwischen den Kandidaten. Trump machte sich über die Affären von Bill Clinton lustig und der ganze Wahlkampf von Hillary Clinton war weniger auf politische Inhalte als auf eine Diffamierung von Donald Trump ausgelegt.

Ein Indiz für den Tugendverfall ist auch das Ergebnis von Wahlen für Machiavelli. So wird nicht mehr der kompetenteste oder tüchtigste in ein Amt gewählt, sondern der bessere Redner oder derjenige, der am meisten verspricht, man könnte fast sagen „der Populistischste“. So wurde am 8. November letzten Jahres nicht die erfahrene Politikerin zur Präsidentin gewählt, sondern der populistische Immobilienmogul mit radikalen, teilweise nicht umsetzbaren Forderungen wie die Mauer zu Mexiko, die Mexiko bezahlen soll.

Auch in der Mediennutzung des neuen US Präsidenten lässt sich ein Verfall der politischen Kultur erkennen. So werden außenpolitische Probleme nicht mehr diplomatisch gelöst, sondern per Twitter, so drohte er dem mexikanischen Präsidenten, dass wenn er die Mauer nicht zahle, das er dann besser nicht nach Washington kommen sollte.

Der Verfall der politischen Tugend in den USA ist also in vollem Gange. Machiavellis Lösung wäre eine schnelle Beseitigung Donald Trumps vor dem gesamten Sittenverfall des amerikanischen Volkes, jedoch erscheint ein Amtsenthebungsverfahren aktuell ziemlich unrealistisch.

Nach dem Sittenverfall gibt es für Machiavelli zwei Möglichkeiten einen einigermaßen freien Staat wiederherzustellen, die erste ist eine Anpassung der Institutionen an das Volk ohne politische Tugend (was letztendlich die Beendigung des Wahlrechts bedeutet). Das Zweite wäre eine Wiederholung von guten, nicht sittenverfallenen Herrschern, die die politische Tugend wiederherstellen. Vielleicht wäre Bernie Sanders so jemand. Jedoch sieht Machiavelli dafür keine Beispiele in der Geschichte, denn in einem Sittenverfallen Staat kann kein guter Herrscher durch Wahlen an die Macht kommen und jemand der durch Gewalt an die Macht kommt kann kein guter Herrscher sein

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Geschrieben von

Stefan Söhngen

Student der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte, Mitglied in der Partei Die LINKE

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