"Filmmusik ist auf dem schlechtesten Stand seit ihrer Erfindung”, meint der wackere E-Komponist Moritz Eggert im Bad Blog of Musick. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran habe sein 8 Jahre älterer Kollege Hans Zimmer, der nicht müde werde, einen Blockbuster nach dem anderen mit seinem “schwurbelnden Einheitssound zuzuscheißen”. Hans Zimmer, so Eggert, stehe damit “stellvertretend für ein System, dass es geschafft hat, das Genre Filmmusik … komplett … abzuroden und ihm jeglichen Hauch von Qualität … auszutreiben.” Bin ja sonst kein Freund fäkaler Ausdrucksweise, aber hier hier scheint mir durchaus der richtige, äh, Ton getroffen worden zu sein.
Allein die Tatsache von Zimmers erdrückender Dominanz als Filmmusik-Komponist seit Ende der 1980er Jahre hat etwas Deprimierendes, Lähmendes. Wenn es wenigstens die Dominanz eines brillanten, vor Einfällen sprühenden Kopfes wäre! Aber nein: Es ist die eines Langweilers von scheinbar unendlichem Fleiß und unstillbarem Ehrgeiz. Und das macht die Sache dann tatsächlich unerträglich.
Ich gehe ja eher selten ins Mainstream-Kino, aber selbst mir sind - zumindest dem Titel nach – die Zimmer-Werke “Rain Man Black Rain Green Card Thelma & Louise The Lion King Mission: Impossible II Black Hawk Down Pearl Harbor Hannibal Pirates of the Caribbean: Dead Man’s Chest The DaVinci Code Pirates of the Caribbean: At World’s End Frost/Nixon Sherlock Holmes Inception The Dark Knight Rises” geläufig. Von all diesen Filmen blieb mir etwas in Erinnerung, aber - und das ist dann fast schon wieder bemerkenswert - niemals, nein, wirklich niemals, die Musik Hans Zimmers – im Gegensatz etwa zu Arbeiten Bernard Herrmanns (“Psycho”), Ennio Morricones (“Once Upon a Time in the West”), Burt Bacharachs (“Butch Cassidy and the Sundance Kid“), Michel Legrands (“The Thomas Crown Affair”) oder selbst der eigenwilligen Angebermusik, die Eric Serra für die frühen Filme von Luc Besson geschaffen hat (“Le Dernier Combat”, “Subway”, “The Big Blue”).
Oder nein, das ist jetzt nicht ganz richtig, Zimmers Musik blieb mir eigentlich sehr wohl in Erinnerung, aber eher so, wie das Moritz Eggert beschreibt:
[...] immer dieser repetierte Mollakkord, keinerlei nennenswerte melodische Einfälle, einfach nur Sound, Sound, Sound, bis es einem zu den Ohren und zum Mund und zum Arsch rauskommt, immer nur dieser faschistoide Einheitssound, zugekleistert mit der typischen Audiospur eines heutigen Films, wo alles bis zum Limit komprimiert und geboostet ist [...].
Damit ist mein spezifischer Zimmer- bzw. “School-of-Zimmer”-Ekel ganz gut zusammengefasst. Danke, Moritz Eggert, das musste einfach mal ausgekotzt gesagt werden!
Kommentare 2
Den Text Eggerts kann man zwar kaum lesen - aber Recht hat er ja! Und nicht nur Zimmer - kaum eine Filmmusik taugt noch was! Zumeist haben wir nicht mehr als etwas, was man vielleicht 'Sounddesign' nennen könnte. Keine Musik, die in einen Dialog mit der Handlung, ja sogar Figuren, tritt. Im Grunde nur vorhersehbare Klangteppiche aus der Schublade: Für die Actionszene, die Spannung, die Liebesszene, den heroischen oder emotional überwältigenden Moment. Prätentiöser, einfallsloser Kitsch, bei dem von Komponieren nicht die Rede sein kann!
Auch wenn Filmmusik vielleicht auch gar nicht die Sternstunden kompositorischer Entfaltung bieten kann - was hat es doch schon für welche gegeben! Wenn ich etwa an Nino Rota denke ...
Muss gestehen, dass ich den Beitrag von Moritz Eggert nicht ganz zuende gelesen habe (was die Lesbarkeit angeht, verweise ich auf den Kommentar von Miauxx), aber auch ich schließe mich dem Votum hier an und kann die Wut Eggerts auch gut nachvollziehen: wo er Recht hat, hat er Recht.
Zum Thema Filmmusik noch zwei Punkte, die mir spontan einfallen: Piet Klocke hat mal sinngemäß zur Produkionsweise das Bild eines Filmkomponisten geprägt, der über seiner Tastatur einschläft, sein Kopf fällt auf die Tasten, und der Rest erledigt sich von selbst – oder es klingt so, als sei dies geschehen.
Und bei dem gängigen TV-Film-Klaviergesäusel hat sich bei mir der Gedanke eingeschliffen und fährt mir dann durch den Kopp: Ah, jetzt kommt die Dallmayr Prodomo-Werbung.