Diffizil

KLEINWAFFEN Heidemarie Wieczorek-Zeul engagiert sich gegen illegalen Handel

Kindersoldaten kämpfen nicht mit schweren High-tech-Waffen, sondern mit Gewehren und Handgranaten. Die Tatsache, dass Kleinwaffen second hand von einem Bürgerkrieg zum nächsten gebracht und auch gehortet werden, damit billig verfügbar sind, ermuntert nicht nur dazu, gesellschaftliche Konflikte gewaltsam auszutragen, kleine Bandenkriege zu beginnen, sondern auch dazu, Kindersoldaten zu rekrutieren. Erwerbslosen Jugendlichen verschafft der demonstrative Besitz von Kleinwaffen und die Beteiligung an bewaffneter Gewalt Anerkennung, eine Rolle in der Gesellschaft und letztlich auch Einkommen. Auf Drängen der deutschen Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul wurde auf EU-Ebene im Sommer 1999 die "Bekämpfung der exzessiven und unkontrollierten Anhäufung und Verbreitung" von Kleinwaffen beschlossen. Das nächste G8-Treffen und eine UN-Konferenz in der zweiten Jahreshälfte 2001 sollen den illegalen Handel weiter beschränken. Zentral sind die Kennzeichnung und Registrierung von Kleinwaffen, um den Handel von Kriegsgebiet zu Krisengebiet nachvollziehen zu können, und das engagierte Vorhaben, gebrauchte Kleinwaffen zu vernichten. Das BMZ hat außerdem die GTZ Ende vergangenen Jahres mit einem dreijährigen Projekt beauftragt, dass den Handel mit Kleinwaffen am Horn von Afrika begrenzen soll.

Nicht eingeschränkt wird jedoch die Produktion von Kleinwaffen. Das deutsche Sturmgewehr, nach der Kalaschnikow die häufigste Kleinwaffe, wird in 17 weiteren Ländern produziert, sieben Millionen dieser G-3-Gewehre sind weltweit im Einsatz. Kritiker aus der NGO-Szene sehen, wenngleich die Motive der Ministerin nicht in Zweifel gezogen werden, im Ergebnis den EU-Entschluss als eine Maßnahme an, die dem Produzenten Heckler Koch die second hand-Konkurrenz vom Hals halte und Absatz sichere. "Nicht das umfassende und für alle geltende Verbot einer besonderen Waffe ist das Ziel, sondern die Reduzierung ihrer Verfügbarkeit auf wenige Akteure." (Thomas Gebauer, medico international).

Janusköpfig ist auch die Absicht, am Ende eines Bürgerkriegs Kleinwaffen einzusammeln oder im Rahmen von Demobilisierungshilfe abzukaufen und zu zerstören. Das ist zweifellos sinnvoll, will man fragilen Nachkriegs"frieden" nicht durch leichte Verfügbarkeit von Kleinwaffen gefährden. Aber auch aus Sicht der Produzenten ist es das einzig Richtige. Es fördert die Neuproduktion und den weiteren Absatz.

Kritisch ist noch ein weiterer Aspekt: Die EU nimmt die Sicherheitsbedürfnisse eines Landes zum Ausgangspunkt, aber de facto gibt es in manchen Ländern und Regionen (Somalia, Sudan, Kurdistan) und in vielen städtischen Peripherien (Favelas, Townships) keinen sein Gewaltmonopol verteidigenden Staat als Ordnungsmacht mehr. Wenn internationale Organisationen oder bilaterale Programme hier entwaffnen, berauben sie Bauern und Slumbewohner ihrer Widerstandsmittel, liefern sie die Zivilbevölkerung Banden aus.

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