Das perfide Spiel des Alexander Dobrindt

CSU War es das alles wert? Es war ein unwürdiges Schauspiel. Doch es ging nicht um das Thema Migration, sondern um den Machthunger von Alexander Dobrindt

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Dobrindt trägt die Sprache der Rechten in den demokratischen Diskurs des Deutschen Bundestages
Dobrindt trägt die Sprache der Rechten in den demokratischen Diskurs des Deutschen Bundestages

Foto: Carsten Koall/Getty Images

Nach der Zusammenkunft des Koalitionsausschusses am 05.07.2018 muss man sich die Frage stellen: War es das alles wert? Wochenlang hielt Bundesinnenminister Horst Seehofer die Republik mit einem Masterplan in Atem, den keiner kannte und von dem am Ende, in den kritischen Punkten nicht viel übrig blieb. Es war ein unwürdiges Schauspiel, das nicht zuletzt Seehofers Ansehen in Bevölkerung und Politik schadete. Doch es ging hier nicht nur um 5 Migranten, die bereits anderweitig registriert worden sind. Es ging um Alexander Dobrindts Machthunger und um Horst Seehofers Ego.

Als Horst Seehofer noch in der Nacht von Sonntag auf Montag dem CSU-Parteivorstand seinen Rücktritt als Innenminister anbot, bezeichnete Alexander Dobrindt dies als völlig inakzeptabel. Diese Position nahm er aber nicht aus Loyalität zu Seehofer ein, denn auch Dobrindt weiß, dass Seehofer eine lamer-than-lame duck darstellt, mit der kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Aber Dobrindt erkannte ihn als geeigneten Lückenfüller, der ihm innerhalb der CSU noch Pfründe sichern könnte.

Wäre Seehofer als Innenminister zurückgetreten, hätte er folgerichtig auch den Parteivorsitz der Christsozialen Union abgeben müssen. Das hätte zur Folge gehabt, dass Ministerpräsident Markus Söder den Parteivorsitz für sich beanspruchen könnte. Er gilt zwar nicht als Verfechter der Personalunion von Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt – aber er wäre gezwungen gewesen, sie einzugehen, um seine Machtbasis gegenüber Dobrindt zu sichern.

Dobrindt, der insgeheim auf ein schlechtes Ergebnis der CSU in Bayern hofft, wittert durch den kurzfristigen Verbleib Seehofers im Amt die Chance, den Parteivorsitz nach der Bayernwahl von Seehofer zu übernehmen und sich somit zum mächtigen Gegenspieler Söders zu machen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass Dobrindt versucht nach der Wahl Söder für den möglichen Verlust der absoluten Mehrheit verantwortlich zu machen. Dobrindts Ziel ist die Nachfolge von Markus Söder anzutreten – lieber früher als später. Unterstützt wird er dabei von Seehofer, der nach einem surrealen, parteiinternen Machtkampf sein Amt als Ministerpräsident in Bayern mit Söder ohnehin noch eine Rechnung offen hat. Seehofers Mindesthaltbarkeitsdatum ist der 14.10.2018.

Will Söder seine Machtbasis in Bayern nachhaltig sichern, muss er Seehofer ein zweites Mal in diesem Jahr um zwei wichtige Ämter bringen, um Alexander Dobrindt zu verhindern. Ein schwieriges Unterfangen. Zwar hat auch Markus Söder kräftig mitgestimmt im Konzert des CSU-Rechtspopulismus, doch er ist nicht der ideologische Initiator. Söder macht sich vielmehr zum Opportunisten einer gefühlten Mehrheit. Anders versteht Alexander Dobrindt seine Rolle. Er sieht sich zunehmend als ideologischer Kopf einer neokonservativen Bewegung – quasi eine Sahra Wagenknecht von rechts. Schon zu Beginn des Jahres propagierte Dobrindt immer wieder eine "konservative Revolution", ein "Europa der Vaterländer" und die "Rückabwicklung der 1968-Bewegung" und gab sich damit der Sprache der Rechten hin, die er heute auch problemlos in den demokratischen Diskurs des Deutschen Bundestages trägt.

Man muss an der charakterlichen Eignung dieses Mannes zweifeln. Er ist bereit, für seine persönliche Macht zu vernichten, wofür europäische Generationen vor uns – egal ob links oder konservativ – so lange kämpften. Er war bereit, die Bundesregierung platzen zu lassen, und zieht nun noch das letzte politische Leben aus einem Mann, der ihn förderte.

Alexander Dobrindt darf keine politische Macht erhalten!

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Geschrieben von

Stefan Krabbes

Blogger & Speaker zu Digitalisierung & Demokratie.twitter: @stefankrabbes

Stefan Krabbes

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