Die Antwort liegt links

Landtagswahlen Nach den Landtagswahlen am 13. März 2016 wird sich das deutsche Parteienspektrum weiter polarisieren.

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Nach den Landtagswahlen am 13. März 2016 wird sich das deutsche Parteienspektrum weiter polarisieren. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ist davon auszugehen, dass die AfD mit starken Ergebnissen in die Landtage einziehen wird. Doch damit nicht genug. Diese Wahlen sind auch die entscheidenden Wahlen für Angela Merkel in ihrer Rolle als Kanzlerin der Bundesrepublik.

Wenn am 13. März 2016 die Menschen ihre Stimmen in die Wahlurnen gesteckt haben, werden im TV die Balken um 18:00 Uhr die ersten Prognosen anzeigen. Die genauen Ergebnisse kennen wir freilich erst am Wahlabend, aber gewiss ist bereits jetzt: Diese Wahl wird Deutschland weiter verändern.

Der Blick richtet sich zunächst einmal auf die AfD. Mit ihren rechtspopulistischen Forderungen und Rassentheorien polarisiert und dominiert sie seit längerer Zeit die öffentliche Debatte. Es geht ihr dabei jedoch nicht um das Hervorbringen von Lösungen, sondern einzig um das Skandalisieren von Problemen und der Emotionalisierung von Debatten. Echte Alternativen liefern sie nicht.

Nachdem sie zuerst gegen Griechenland hetzte und bereits dort ihre nationalistische Maske fallen ließ, ist es nun seit geraumer Zeit das Thema Asyl, das sie erstarken lässt und ihr menschenfeindliches Weltbild zum Vorschein bringt. Wenn es um Flüchtlinge geht, dann spielt die AfD gerne mit dem rhetorischen Feuer, das letztlich auch zum Brand des Flüchtlingsheims führen könnte. Die Bereitschaft, Menschen die Hilfe suchen an der Grenze zu erschießen, zeugt aber auch von deren menschen-verachtender Zielstellung und lässt erahnen wie die AfD mit Menschen umgehen will, die (nach ihrer Ansicht) nicht in dieses Land oder die Gesellschaft passen. Beispiele, dass politische Gegner an die Wand gestellt gehören und Homosexuelle sich beim Staat registrieren lassen sollen, lieferte in der Vergangenheit die AfD in Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Gewaltsam, diskriminierend und mit einem Selbstverständnis der Selbstherrlichkeit will die AfD gegen Andersdenkende vorgehen. Das ist alarmierend. Dabei will die AfD bei den Wählerinnen und Wählern den Eindruck erwecken politische Mauern einzureißen, doch macht sich dabei an den Grundfesten unserer demokratischen Gesellschaft zu schaffen. Eine Warnung, die alle Demokraten verstehen müssen.

Doch solange keine klare Kante gegen die AfD und das Entkräften ihrer Argumente durch die demokratischen Parteien stattfindet, macht man es der AfD mit ihren rechten Plattitüden denkbar einfach. Zwar gibt es in allen Parteien engagierte Kämpferinnen und Kämpfer gegen die AfD, aber leider gibt es auch deren exaktes Gegenteil. Bezogen auf den Gesamteindruck der thematischen Anpassung an die AfD lässt sich bei der Linken, der SPD und der CDU eine seltsame Mimikry-Show beobachten. Doch ein nach-rechts-Rücken von SPD und Linken oder der Grünen löst das Problem nicht - verschlimmert es sogar.

Gerade die SPD ist in den letzten Wochen durch ihren Zick-Zack-Kurs in der Asylgesetzgebung aufgefallen. Überhaupt machte Sigmar Gabriel bis zuletzt keine glückliche Figur und konnte keine klare SPD-Linie in der Asylgesetzgebung vermitteln. Aber auch Sarah Wagenknecht als Fraktionschefin der Linken schlug in selbiger Sache erneut national-chauvinistische Töne an. Dann und wann hört man auch von vereinzelten grünen kommunalen Mandatsträgern kritische Stimmen. Fakt aber ist, dass nicht die drei linken Parteien dem Marsch nach rechts hinterher rennen dürfen, denn wenn die politische Linke, die gesellschaftliche Linke nicht mehr vertritt, dann hat die Rechte gewonnen. Das darf nicht sein. Wenn sich das Deutsche Parteienspektrum auf lange Sicht ohne AfD stabilisieren will, dann muss es sich zunächst wieder polarisieren. SPD, Grüne und Linke müssen zu linken Positionen zurückfinden (selbstverständlich auch neue erarbeiten) und sich von der Mittelmäßigkeit der Mitte verabschieden. Das könnte konkret bedeuten: Refugees Welcome – ohne wenn & aber. Bedingungsloses Grundeinkommen. Europäische Sozialversicherungen. Es gibt viele Ideen, über und für die es sich zu streiten lohnt.

Fest steht: Es ist nicht die Aufgabe der linken Parteien, um die Wählerinnen und Wähler der AfD zu buhlen; es ist die Aufgabe der Unionsparteien, denn sie sind die einzige demokratisch akzeptable Rechte, die es in Deutschland geben darf. Durch den Dauerzustand der Großen Koalition aber sind ihre Inhalte ebenso verwässert wie die der SPD, was gerade den Konservativen in CDU & CSU übel aufstoßen dürfte.

Wie geduldig die Konservativen in der Union noch sind wird sich spätestens nach den Wahlen zeigen. Sollten es Guido Wolf in Baden-Württemberg, Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz oder Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt nicht schaffen Ministerpräsident(in) zu werden oder zu bleiben, dann stellt sich die K-Frage innerhalb der Union noch viel früher, denn die Konservativen scharren schon länger mit den Füßen. Merkels einziger Bonus, der ihr über all die Jahre hinweg verhalf Kanzlerin zu bleiben, schwindet: Ihre Beliebtheit und ihr Erfolg.

Merkel und die CDU - das war nie Liebe, aber im Eherecht wird dies auch nicht als zwingende Voraussetzung aufgeführt. Die lieblose Ehe der CDU und ihrer Kanzlerin drohen nach erfolglosen Wahlen zu scheitern und könnte Angela Merkel diese oder eine weitere Kanzlerschaft kosten. Dann aber wäre der Weg frei, um das konservative Profil der Union wieder zu schärfen und das linke der SPD zurückzugewinnen.

Bis 2017 braucht es eine linke Alternative zur GroKo und zu Schwarz-Grün. In Sachsen-Anhalt könnte demnächst der Anfang gemacht werden, um die Große Koalition durch Rot-Rot-Grün abzulösen.

Deutschland wird sich sich verändern - das steht fest. Die Frage wie die Parteien sich hierauf vorbereiten steht im Raum. Es wird aber im linken Parteienspektrum die Partei am stärksten aus der Polarisierung hervorgehen, die es am klarsten und glaubhaftesten schafft sich als Gegenentwurf zur AfD zu profilieren – auch wenn es kurzfristig weh tun könnte.

Die Antwort liegt links.

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Geschrieben von

Stefan Krabbes

Blogger & Speaker zu Digitalisierung & Demokratie.twitter: @stefankrabbes

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