Betriebsräte, unterstützt ihr uns?

Leiharbeit Manpower-Direktor Marcel Pelzer spricht im Interview auf freitag.de über Leiharbeit in der Wirtschaftskrise, das Prinzip Equal Pay und die Rolle der Gewerkschaften

Der Freitag: Es heißt, die Zeitarbeiter treffe es in einer Wirtschaftskrise als erste. Leidet auch die Branche?

Marcel Pelzer Wir spüren die Veränderungen schon seit August, angefangen hat es in der Automobilindustrie. In anderen Branchen wiederum ist die Nachfrage nach Zeitarbeitern überraschend hoch. Zum Beispiel bei den Banken. Unsere Tochter „Bankpower“ hat im vierten Quartal 2008 allein 400 Mitarbeiter eingestellt.

Wie erklären sie sich das?

Die Banken haben schon in guten Zeiten ihre Personalreserve abgebaut. Die stellen jetzt die Zeitarbeitsfirmen. Die Arbeit muss ja gemacht werden, gerade jetzt, wo das Privatkundengeschäft wieder wichtiger wird.

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Und die Menschen aus den betroffenen Branchen?

Ab einer bestimmten Größenordnung von Kundenabmeldungen kommt man um Kündigungen nicht herum. Aber wir versuchen, unsere Mitarbeiter, so lange es geht im Unternehmen zu halten, sie erst einmal weiterzuqualifzieren, auch wenn es keine Aufträge mehr gibt. Das gebietet schon die Betriebswirtschaft. Zum einen sind Entlassungen ein Kostenrisiko, zum Beispiel wenn jemand klagt. Zum anderen kostet die Suche nach neuen Arbeitskräften Geld: Sie müssen Anzeigen schalten, die Rekrutierung ausbauen, Bewerbungsgespräche führen. Außerdem stürzen sich die Wettbewerber auf die , sobald es wieder bergauf geht.

Wie lange halten Sie in der Weiterbildung?

Üblicherweise dauert das zwei bis drei Monate. Im Januar und Februar gibt es in jedem Jahr ohnehin eine Auftragsdelle, das ist immer so. Was wirklich auf uns zukommt, werden wir im April oder Mai sehen.

Sie klingen so gelassen.

Manpower arbeitet mit vielen Kunden aus verschiedenen Branchen – anders als einige unserer spezialisierten Mitbewerber, die manchmal nur einen Kunden haben. Jetzt wird sich zeigen, wer gut aufgestellt ist. Im Moment haben wir noch keine höhere Fluktuation als vor einem Jahr. Aber der Wettbewerb um die Aufträge wird härter.

Das heißt, es wird eine Marktbereinigung geben: Zeitarbeitsfirmen machen pleite.

Sicher wird es Zusammenschlüsse und Übernahmen geben. Ich denke aber, dass die Zeitarbeit insgesamt gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. In Deutschland liegt der Anteil der Zeitarbeit bei der Gesamtbeschäftigung mit 1,5 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 2,5 Prozent. Gut möglich, dass sich das nach der Krise angeglichen haben wird. Schließlich stellen Firmen zu Beginn eines Aufschwungs Arbeitnehmer nur zögerlich direkt an.

Es werden also mehr Menschen zu schlechteren Bedingungen arbeiten als heute.

Nicht unbedingt. Fachkräfte aus der Zeitarbeit werden möglicherweise sogar häufiger als heute zu gleichen Bedingungen arbeiten wie Stamm-Mitarbeiter.

Warum sollte das so sein?

Weil es einen Mangel an Fachkräften geben wird und Unternehmen im Aufschwung schnell hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter brauchen.

Im vergangenen Sommer haben sie eine Tochterfirma gegründet, die Spezialisten nur unter dieser Bedingung vermittelt: dass Zeitarbeiter bei Gehalt, Arbeitszeit und Urlaubsanspruch genau so behandelt werden wie fest Angestellte. Werden Sie das nun wieder aufgeben?

Auf keinen Fall! Was wir angefangen haben, hören wir nach einem halben Jahr nicht wieder auf. Im Gegenteil: Wir werden das Modell nach vorne treiben und auch aktiv auf die Gewerkschaften und Betriebsräte zugehen. Wir werden sie fragen: Unterstützt ihr uns in diesem Punkt?

Die Gewerkschaften sollen Druck auf die Firmen ausüben, damit diese mehr Zeitarbeiter ihrer Gleichbehandlungs-Tochter einstellt?

Nein, keinen Druck, die Entscheidung trifft immer das Unternehmen. Aber Betriebsräte können die Aufmerksamkeit für das Modell erhöhen – und es zum Beispiel bei Verhandlungen, ob es künftig Zeitarbeiter im Betrieb geben soll, als Kompromiss-Option nutzen.


Marcel Pelzer ist Director Corporate Affairs
bei Manpower, einer der größten Personaldienstleister
mit allein 240 Standorten in der Bundesrepublik

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