Öko-Gewissheiten am Ende - und jetzt?

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Nach einem Durchgang durch die Reaktionen zum aktuellen Wochenthema "Wir Bio-Heiligen" muss ich sagen: Ich bin überrascht. Nicht nur von der Fülle der Reaktionen, sondern auch davon, wie nah vielen das Thema Ernährung doch geht.

Viele lehnen schon die Idee ab, Kritik, zum Beispiel am Ökolandbau, auf ihren Gehalt zu überprüfen, sie sind sich gewiss, dass Skepsis hier unangebracht ist, dass sie gar einer vermeintlich guten Sache schaden könnte.

Nun, diese Meinung mag man vertreten. Ich selbst will mich damit nicht abfinden - und das schon, weil ich aus Bequemlichkeit gerne weiter im Bio-Laden einkaufen gehen möchte (der ist bei uns direkt um die Ecke) und dafür gerne gute Gründe hätte. Ich möchte wissen, wo die Agrarlobbyisten recht und wo sie Unrecht haben. Ich will vorbereitet sein auf das absehbare Ende des Bio-Hypes - vor allem aber möchte ich nicht deshalb Bio kaufen, weil es ein moralisch gutes Gefühl vermittelt, das womöglich trügt.

Und daher frage ich mich: Welche Konsequenzen hat es, wenn ich nicht mehr sicher sein kann, dass der Kauf von Bio-Lebensmitteln die Vorteile hat, die mir Handel und Produzenten weismachen? Dass wir schlicht die Tatsache leugnen, dass dem so ist? Dass wir einfach zurück in den normalen Supermarkt gehen und gedankenlos einkaufen?

Ich denke nicht. Aber mir scheint, dass die Idee des ethischen Konsums überbewertet wird, im Vergleich etwa zur Wichtigkeit von politischem Engagement.

Das Konzept des strategischen Konsums ist ja unheimlich praktisch: Es löst scheinbar das alte Problem der Öko-Bewegung, die früher Verzichtspredigten hielt und bemerkte, dass sich damit einfach keine Massen mobilisieren lassen. Und es macht es so einfach, sich als Aktivist zu fühlen.

Das hat sicher Vorteile, wenn es bei Einzelnen die Schwelle senkt, sich auch jenseits des Warenregals zu engagieren, sich also vom Verbraucher zum politischen Bürger zu wandeln. Ich frage mich nur: Hilft Öko-Konsum da wirklich oder wirkt es nicht viel mehr als Ersatz?

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