So sahen die Deutschen Helmut Kohl

Hintergrund Bilder eines Politiker: Wie man den Dauerkanzler wahrnahm, hing davon ab, wie man zu ihm stand

Hassfigur

Mit Ausnahme von Franz Josef Strauß gab es in der Nachkriegszeit wohl kaum einen westdeutschen Politiker, der die Gemüter so erhitzte wie Helmut Kohl. 1982 verkündete er nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition und seinem Wechsel ins Kanzleramt eine „geistig-moralische Wende“: wirtschaftliche Liberalisierung bei gleichzeitiger Betonung gesellschaftlich konservativer Werte. Für Kritiker innerhalb und außerhalb der Union erwies sich Kohl als harter Gegner, an dem Angriffe regelmäßig abprallten. In den Achtzigern überstand er die Affäre um illegale Zahlungen des Flick-Konzerns ebenso wie zahlreiche innerparteilichen Versuche, ihn zu entmachten. Erst sein hartnäckiges Schweigen über die Herkunft von veröffent­lichungspflichtigen Parteispenden kostete ihn im Jahr 2000 den Posten des Ehrenvorsitzenden der CDU.

Held

Helmut Kohls Einsatz für die Aussöhnung mit Frankreich und die Einigung Europas wird auch von Kritikern anerkannt. Wie um ein Gegen- oder Folgebild zu dem von Willy Brandts Kniefall in Warschau zu erzeugen, nahm Kohl 1984 bei einem Besuch des Schlachtfelds von Verdun die Hand des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand. Kohls gutes Verhältnis zu Mitterrand und später zum sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow gilt als fördernder Faktor in den Verhandlungen um die Einheit Deutschlands. Wegen seines entschiedenen Eintretens für die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, gilt Kohl heute vielen als „Kanzler der Einheit“. In der Tat festigten die Ereignisse seine Macht noch über Jahre. Erst bei der Wahl 1998 verlor die Koalition aus Union und FDP die Mehrheit. Als Kohl die Macht nach 16 Jahren an den Sozial-demokraten Gerhard Schröder abgab, hatte er länger regiert als Konrad Adenauer.

Vater

Während seiner politischen Laufbahn präsentierte sich Helmut Kohl immer wieder verschiedenen Fotografen zusammen mit seiner Frau sowie seinen Söhnen Walter (geboren 1963) und Peter (geboren 1965): im Garten von Kohls Bungalow in Ludwigshafen-Oggersheim, im Sommerurlaub am Wolfgangsee oder beim Bummel durch Leipzig, der Stadt, in der Hannelore Kohl aufgewachsen ist.

Gemeinsam ist den Bildern, dass sie stets eine glückliche Familie zeigen, außerdem viele Tiere: Hunde etwa, Rehe oder Kühe. In seinem autobiografischen Buch Leben oder gelebt werden (Integral Verlag 2011) stellt Walter Kohl jedoch klar, dass die gestellten Bilder mit der Wirklichkeit wenig zu tun hatten. Auch Heribert Schwan, der nach zahlreichen Gesprächen Hannelore Kohls Biografie veröffentlichte, bestätigt, dass Vater Helmut zu Hause ein Machtmensch gewesen sei, der im Zweifel die Politik über die Familie stellte. Seit dem Suizid von Hannelore Kohl 2001 wurde die Zerrüttung des Verhältnisses auch öffentlich sichtbar: Als Kohl 2008 seine neue Lebensgefährtin Maike Richter heiratete, waren die Söhne nicht eingeladen. Bei einer Trauerfeier zum 10-jährigen Todestag von Hannelore Kohl blieb der Platz des Vaters neben Walter und Peter leer. skraSo sahen die Deutschen Helmut Kohl

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