Tauss vor Gericht: Kinderpornos nur zum Dienstgebrauch

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Der Kinderporno-Prozess gegen den Ex-Abgeordneten Jörg Tauss hat begonnen. Für die Verteidiger einer freien Gesellschaft mag er unabhängig von seinem Ausgang eine Niederlage bedeuten (abgesehen von einem Freispruch wegen erwiesener Unschuld vielleicht). Für Tauss selbst ist das Urteil etwas bedeutsamer. Jetzt haben seine Verteider erste Hinweise auf Ihre Prozessstrategie gegeben.

Demnach gibt Tauss den Besitz von Kinderpornos zu, beruft sich jedoch darauf, dass er dazu als Abgeordneter mit Tätigkeitsschwerpunkt "Neue Medien" berechtigt war.

In der Tat heißt es im fünften Absatz von §184b im Strafgesetzbuch: Sich Kinderpornos zu beschaffen bleibe dann straffrei, wenn diese Versuche "ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen". Der Absatz dient zum Beispiel dazu, dass Polizisten, die im Netz nach Kinderpornos fahnden, nicht von Kollegen hochgenommen werden. Auch verdeckt im Pädophilen-Milieu recherchierende Journalisten können sich auf den Paragraphen berufen (wie etwa hier).

Sollte das Landgericht Karlsruhe verneinen, dass Abgeordnete in bestimmten Fällen Pornos für ihre Arbeit benötigen, wollen die Verteidiger sich offenbar auf einen "Verbotsirrtum" berufen. Mit anderen Worten: Weil Tauss irrtümlich davon ausging, er dürfe sich als Abgeordneter ausnahmsweise Kinderpornos beschaffen, soll er straffrei bleiben.

Das Gesetz zieht für Verbotsirrtümer allerdings enge Grenzen. So muss der Irrtum für den Täter zum Beispiel "unvermeidbar" gewesen sein. Das aber ist er nicht, wenn der Verdächtige sich über die Auslegung des §184b vorher mit einem Rechtsanwalt oder den Behörden hätte beraten können. Dass Tauss dies getan hätte, ist bisher nicht bekannt.

Insofern wird es Tauss und seinen Verteidigern in den fünf angesetzten Prozesstagen hauptsächlich darum gehen müssen, die Richter davon zu überzeugen, dass er die Kinderpornos "nur zum Dienstgebrauch" heruntergeladen hat.

Das Urteil wird am 28. Mai 2010 erwartet.

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