Wie sich zu kämpfen lohnt

Datenschutz Auch Angela Merkel will nun die Kosten der Arbeitnehmer-Datei ELENA noch einmal überprüfen. Für deren Kritiker kann das zur Gefahr werden - außer sie agieren jetzt schlau

Es wäre ein Irrtum zu glauben, der jüngste Erfolg deutscher Datenrechtler sei, dass nun auch Angela Merkel zusammen mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle öffentlich überlegt, den gigantischen Arbeitnehmerdaten-Speicher ELENA wegen ausufernder Kosten abzuschalten. Das Wirtschaftsministerium bestätigt zwar, dass es überprüfe, wie teuer das Verfahren für mittelständige Unternehmen und für die betroffenen Bürger werden könnte. Konkrete Pläne für ein Moratorium gibt es trotz allen Applaus' für die Idee jedoch bisher nicht.

Dieser Umstand sollte ELENA-Gegner weder entmutigen noch abwarten lassen. Denn das von Brüderle nun als Messlatte definierte Kosten-Kriterium ist nur scheinbar objektiv. Ob es zu Gunsten des Ab- oder gar eines Ausbaus des Zentralspeichers wirken wird, hängt davon ab, in welche Richtung sich die Diskussion in den nächsten Wochen entwickelt. Für die Kritiker ist das eine Chance, wenn sie ihre Argumente jetzt, vor allem aber in schlauer Weise zu Gehör bringen.

Lästern verboten

Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die Stimme der Kritiker an Gewicht gewinnt, wenn sie rechtzeitig ertönt. Einer davon findet sich auf Seite 7 eines kürzlich veröffentlichten Papiers der beteiligten Verbände, das bisher außerhalb von Spezialistenkreisen keine Beachtung gefunden hat, obwohl es einen der problematischsten Aspekte des Verfahrens aus der Welt schafft: Arbeitgeber können in ELENA nun nicht mehr über Arbeitnehmer lästern. Bisher konnten Chefs in die Datei in freien Worten eingeben, warum sie einen Angestellten gekündigt haben, ohne dass jemand die Eingabe kontrollierte. Künftig darf dieses so genannte "Freitextfeld" nicht mehr ausgefüllt werden. Schon erfolgte Einträge werden gelöscht. - Offensichtlich hat sich die von Datenschützern früh begonnene Kampagne gegen die Freitextfelder im ELENA-System ausgezahlt.

Nun sollen also die Kosten zum nächsten Hebel in der Diskussion werden. Er kann in zwei Richtungen wirken. Entweder sinkt angesicht der explodierenden Kosten die Akzeptanz des Verfahrens. Dafür spricht beispielsweise die Erfahrung bei der Einführung des mit einem Speicherchip ausgestatteten Reisepasses im Jahr 2005. Damals erhob sich der größte Protest erst, als klar wurde, wieviel die Bürger dafür zahlen mussten, ohne einen großen Nutzen daraus zu ziehen. Dabei hatte schon Monate zuvor ein Hacker den mit persönlichen Daten vollgestopften Chip ausschließlich mit Hilfe von billigen Bauteilen aus dem Elektronikmarkt geknackt. Offenbar ist die Angst vor dem Verlust von Geld also noch größer als die davor ausspioniert zu werden - eine Erkenntnis, die auch Bürgerrechtler nutzen können, selbst wenn ihre eigene Motivation von grundsätzlicheren Überlegungen getragen wird.

Andererseits hat der Nationale Normenkontrollrat schon 2007 in seiner Stellungnahme zu Elena festgestellt, dass die jährlichen Bürokratiekosten von ELENA in der heutigen Form für die Wirtschaft ebenso hoch sein werden wie für das alte Verfahren. Lohnen werde sich ELENA erst, wenn viel mehr Meldepflichten über die Zentralstelle abgewickelt würden. Demnach könnte sich der Datenhunger von ELENA durch die Kostendiskussion sogar noch vergrößern. In der gegenwärtigen Situation liegt es nun an den Datenrechtlern, vor allem jene Kostenargumente zu unterstützen, die ihrer Sache dienen. Dann wird sich ihr Kampf auch lohnen.

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